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Vernissage: Freitag, 28. August, 18 – 20 Uhr

Galerie Eva Presenhuber freut sich, die Herbstsaison mit einer Einzelausstellung des schottischen Künstlers Douglas Gordon zu eröffnen. Auf zwei grossen Projektionsflächen präsentiert der Künstler die Videoinstallation „24 hour psycho back and forth and to and fro” sowie den auf drei Monitoren gezeigten Film „Loking down with his black, black, ee”.

In seinem Oeuvre erkundet Douglas Gordon Antagonismen wie Versuchung und Furcht, Tod und Leben, Schuld und Unschuld. Sei es, dass eine Kamera in „Play Dead: Real Time“ einen dressierten Elefanten umkreist, der sich wie zum Sterben niederlegt, oder dass in „B-Movie“ eine Fliege gezeigt wird, die erst lange mit den Beinen zappelt und dann tatsächlich stirbt. Der Künstler arbeitet dabei in verschiedenen Medien wie Film, Installation, Text, Sound, aber auch skulptural wie beispielsweise mit Schädeln. Dabei spielen im Repertoire und Verständnis des Künstlers und seiner Werke die in unserer Kultur kollektiv eingeprägten Bilder der christlichen Ikonographie sowie von Filmklassikern eine wesentliche Rolle.

Oft benutzt er in seinen Videoarbeiten Originalfilme, die er durch Zeitlupe, Wiederholungen, RückwaÅNrtsspulen oder Überblendung verfremdet und dadurch neu interpretiert. Dies ist zugleich das Konzept, die Mythen, Bilder und Projektionen des Kinos in die Kunst zu transferieren. Douglas Gordons wohl berühmteste Arbeit stellt die Beschäftigung mit dem Film „Psycho“ von Alfred Hitchcock dar. Seine Vorliebe für die Filme des britisch-amerikanischen Filmemachers ist auf ein besonderes Erinnerungsmoment daran zurückzuführen: „Als ich sieben oder acht war, habe ich Filme wie „North by Northwest“ und „Strangers on a Train“ gesehen. „Psycho“ habe ich gesehen, als ich älter war, aber ich wusste schon einiges über den Film. Ich erinnere mich, dass meine Mutter immer gesagt hat: >Das solltest du nicht sehen, Du bist zu jung dafür<. Das Erlaubte und Nicht-Erlaubte, das Gute und das Böse sowie die Erinnerung an sich sind auch die wiederkehrenden Themen des Künstlers. So war der 1993 in einer Projektion gezeigte Film „24 hours Psycho“ seine erste installative Arbeit und laut Lewis Biggs, dem ehemaligen Direktor der Tate Gallery Liverpool, „one of the defining icons of contemporary art in the last decade“. Die in unserer Galerie gezeigte Version „24 hour psycho back and forth and to and fro” wurde letztes Jahr erarbeitet und im Guggenheim Museum gezeigt. Sie zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass der gleiche Film zweimal auf zwei nebeneinander positionierten Projektionsflächen gezeigt wird. Dabei wird der ursprünglich auf 110 Minuten gedrehte Film verlangsamt und auf 24 Stunden gedehnt – was etwa 2 Frames pro Sekunde (im Original ca. 24 Frames pro Sekunde) entspricht. Auf der einen Projektionsfläche läuft der Film rückwaÅNrts vom Ende bis zum Anfang, auf der anderen vom Anfang bis zum Ende. In der zeitlichen Mitte überschneiden sich die Filme in der berühmten Mordszene. Dadurch erhält die tragische Hauptszene durch die visuelle Verdoppelung etwas sehr Monumentales und Eindrückliches. Durch das Fehlen der Akustik wird zudem ein Stück des suggerierten Raumgefühls weggenommen. Der Film wirkt so wie ein (Alb-)Traum, in dem Zeit und Raum nicht mit unserer allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Der Betrachter kann sich im Vergleich zum traditionellen Kinoerlebnis frei bewegen und um die Projektionsflächen herum den Film aus unterschiedlichen Perspektiven oder auch jeweils einen der zwei Filme spiegelverkehrt verfolgen. Die Zeitdehnung wirkt sich ebenfalls auf unsere Wahrnehmung aus, denn jede Bewegung der Schauspieler, jedes Ausstattungsdetail erregt Aufmerksamkeit. „Was mich an „24 Hour Psycho“ interessiert” sagt Douglas Gordon, “ist, dass die Handlung so langsam abläuft, dass man nie vorwegnehmen kann, was als nächstes passiert. Die Vergangenheit ist eine Verwirrung des Gedächtnisses. Die Bilder folgen einander zu langsam, als dass man sich ihrer erinnern könnte. Die Vergangenheit geht weiter und die Zukunft passiert nie, also bleibt alles in der Gegenwart. Und die Gegenwart ist ein ständiges Zusammenfliessen von Zukunft und Vergangenheit. Sie existiert – wie Heidegger sagt – nicht wirklich.“ Der Künstler schafft durch seine Eingriffe eine Demontage von Ort, Zeit und Handlung. Gleichzeitig bekommt das Bild mehr Bedeutung. Douglas Gordon erfindet einen neuen Umgang mit dem Medium Film.

In seinem anderen, auf drei Monitoren präsentierten Film „Looking down with his black, black, ee “, sieht man Raben von Dächern einer gotischen Kirche herunterblicken. Hier referiert Douglas Gordon auf die mittelalterliche Vorstellung der Raben als Unglückszeichen. Der Rabe wurde in der mittelalterlichen Kunst eingesetzt, um Schlechtes oder Böses zu kennzeichnen, aber auch als Symbol für den Tod. Die Darstellung des Raben auf dem Dach galt beispielsweise als obligatorisches Attribut bei einer Hexendarstellung. Doch auch Erinnerungen an Hitchcocks „The Birds“ von 1963 reihen sich in diese Tradition der kollektiv negativen Konnotationen von Raben. In der Literatur fand der Künstler ein schottisches Gedicht, in welchem ein Rabe in einer Baumspitze sitzt und auf Kinder hinunterblickt – was ihn für den Titel inspiriert hat. Das Bedrohliche (Looking down with his black eye) und zugleich Faszinierende steht so auch im Mittelpunkt von Douglas Gordons Video, wobei die Kriterien von Gut und Böse hinterfragt werden. Im Video gibt es nämlich keine Handlung, die auf eine eindeutige Interpretation hinauslaufen würde.

Unmittelbarkeit und emotionale Präsenz kennzeichnen die Arbeiten von Douglas Gordon. Er kreiert zudem mit seinen vorgefundenen und selbst gedrehten Filmen neue Kontexte und hinterfragt unsere Wahrnehmungsmuster. 1996 erhielt der Künstler für sein Schaffen den Turner Prize. Mit Ausstellungen und Werken ist er seither in den bedeutendsten öffentlichen Museen in Europa, den USA, Kanada und Südamerika vertreten. 2007 wurde ihm in Zürich der Roswitha-Haftmann-Preis verliehen.

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Douglas Gordon