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Die österreichische Künstlerin Dorit Margreiter beschäftigt sich in ihren Film- und Videoinstallationen mit Fragen des Alltäglichen in einer globalisierten und von der Medienindustrie geprägten Welt. Sie nimmt in ihren Arbeiten Bezug auf die durch Massenmedien und Massenkonsum bestimmte Kultur und hinterfragt das Zusammenspiel von realen Orten und Kinolandschaften und die sich daraus ergebenden Einblicke in architektonische Bezüge, soziale Räume und kulturelle Identitäten.

Margreiters Filminstallation 10104 Angelo View Drive (2004) erhebt eben jene Aspekte zum Thema. 10104 Angelo View Drive lautet die Adresse eines von John Lautner 1963 gebauten Anwesens in den Hügeln von Beverly Hills. Die Besonderheit dieses Einfamilienhauses, das Margreiter fast in sämtlichen Einstellungen dokumentiert, liegt nicht nur in seiner funktionalen Architektur, sondern ebenso in seiner Eigenschaft als Handlungsort für Hollywoodfilme: in zahlreichen Verfilmungen galt das Domizil als Stätte des Bösen, in der das Verbrechen und das Unheimliche beheimatet waren. Die Arbeit, die wie eine Mischung aus Dokumentarfilm und Architekturfotografie wirkt, zeigt nicht nur die unterschiedliche Nutzung des Gebäudes, sie hinterfragt zugleich die Konventionen der filmischen Repräsentation.

In Grandeur et Décadence d'un Petit Commerce de Cinema (2004) wird die Stadt Liverpool als Standort der britischen Filmindustrie untersucht. Die Videoinstallation ist eine Referenz an die Ursprünge des Kinos, an frühe Techniken und Mechanismen der Zurschaustellung der bewegten Bilder. Die Lumière-Brüder, Pioniere des Kinos, stellten ihre Filme mit Hilfe des von ihnen entwickelten *Cinematographen" einem Jahrmarktpublikum vor. Ihr Kameramann Promio ist Protagonist in Margreiters Erzählung. Er erscheint als fiktive Ich-Erzählerin vor der Kulisse Liverpools, einer bedeutenden Stadt für die britische Filmindustrie. Liverpool diente insbesondere als Ersatz-Hintergrundskulisse für Produktionen, deren Handlungsorte eigentlich Städte wie Rom oder Dublin waren. Während Promio von ihren Reisen um die Welt berichtet, zeigt die Videoinstallation eben jene Schauplätze der Stadt, die bereits schon einmal bei Verfilmungen von anderen Städten als Settings genutzt wurden.

Das Thema öffentlicher Raum spielt auch in Margreiters Video The World May Not Be Deep But It Is Definitely Shallow And Wide (2004) eine tragende Rolle, in der die Bedeutung einer Shopping Mall als neuem urbanen Zentrum in der amerikanischen Metropole Los Angeles untersucht wird. Die Arbeit setzt sich mit moderner Stadtgestaltung auseinander und beschäftigt sich mit der Frage der Nutzung von städtischen öffentlichen Räumen. Die Wahrnehmung von urbanen Kontexten wird auf ihre Funktion als Träger von Vorstellungen und Sehnsüchten hin untersucht.

Neben den Arbeiten von Dorit Margreiter werden auch Werke der amerikanischen Filmemacherin Amie Siegel zu sehen sein, die 2005 Stipendiatin am Edith-Ruß-Haus für Medienkunst war. Amie Siegels Videoinstallationen und Filme thematisieren den Einfluss, den die Bilder der Filmindustrie auf die Wahrnehmung des Realen und die Konstruktion von Geschichte haben. Das Medium Film dient der amerikanischen Künstlerin sowohl als Ausdrucksmittel, als auch als Ausgangspunkt filmhistorischer und wahrnehmungstheoretischer Überlegungen. Zu ihren Methoden gehören die Repräsentationsstrategien des Films, dessen Mechanismen sie anwendet, um die mediale Inszenierung zu dekonstruieren. Als Filmemacherin verwendet sie auch vorgefundenes filmisches Material, das sie in ihren Installationen rekonfiguriert und damit in neue Zusammenhänge bringt. In ihrer Zeit in Oldenburg hat sich Siegel intensiv mit der deutschen Geschichte beschäftigt und sich damit auseinander gesetzt, wie sich historische Veränderungen im Stadtbild niederschlagen. In der Ausstellung wird sie die in diesem Kontext entstandene Arbeit Berlin Remake (2005) präsentieren. In einer Doppelprojektion stellt Siegel alte Filmszenen aus dem DEFA-Archiv in einer eins-zu-eins Übersetzung eigenen aktuellen Aufnahmen gegenüber. Es entsteht eine unerwartete Parallelität von Vergangenheit und Gegenwart, von vertrauten Orten und neu konstruierten historischen Kontexten. Ihre Arbeit Death Star (2006) setzt sich mit der Verknüpfung von Architektur und Ideologie auseinander. Fünf historische deutsche Gebäude im Stil der modernistischen Architektur der 1930er bis 1950er Jahre, deren Provenienz nicht näher benannt wird, werden in einer synchronen Einstellung nebeneinander gezeigt. Simultan bewegt sich die Kamera durch die Gebäudefluchten in einer langsamen Kamerafahrt durch nie enden wollende Korridore. In Siegels Installation wird die belastete Geschichte deutscher Architektur und ihre Aneignung durch ideologische Systeme reflektiert. Stillstand und Veränderung werden durch die Techniken der bewegten Kamera und des Loops inszeniert und gegeneinander ausgespielt.

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Dorit Margreiter / Amie Siegel