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Die Ausstellung zeigt zweihundertsiebenundsiebzig Scherben. Die Scherben von Tassen, Tellern und kleinen Schüsseln – einmal als materielle Fundstücke in Vitrinen versammelt, dann als einzelne Fotografien ihrer Böden, sodass die aufgedruckte Marke sichtbar bleibt, bildhaft archiviert – stehen sinnbildlich im Zentrum der Arbeit als Verquickung von Geschichte, Zerstörung und Ausgeschlossensein. Die Porzellanscherben wurden auf dem Gelände der Société Céramique in Maastricht kurz nach dem Abriss der Fabrikgebäude 1993 gefunden. Maastricht hatte seit 1836 eine immer umfangreicher werdende Keramikproduktion, bis 1969 die Haushaltswarenproduktion eingestellt wurde. Durch das Scherbengericht im Athen der Jahre 487- 417 v. Chr. konnte ein Bürger aufgrund seiner Popularität – aus Furcht vor einer, von dieser Person ausgehenden Tyrannei – für zehn Jahre aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Der Ausschluss erfolgte durch eine Abstimmung mit Scherben. In Maastricht unterzeichneten dann 1992 Vertreter der Regierungen von Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal und Spanien den nach der Stadt benannten Vertrag über die Europäische Union, welcher in Titel VII, Schlußbestimmungen, Art. O [Aufnahme weiterer Mitglieder] eine EU-Erweiterung regelt. Oder wie bei Isaak Lurias Kabbala-Interpretation kommt es zu einem Unfall im Schöpfungsgeschehen: zweihundertachtundachtzig Funken stürzen sich nach dem Bruch der Gefäße mit deren Partikeln nach unten; die Schöpfung gerät dadurch in Unordnung; alle Geschöpfe befinden sich ab jetzt im Exil …

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Doris Frohnapfel
ATHEN 487, DIE AUSGESCHLOSSENEN
Fotografien und Vitrinen