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Die Marmory Show IV. Erratic Resistance
30.05.2019 – 03.08.2019

Eröffnung: 29. Mai 2019, 18 – 21 Uhr

Özlem Altin, Alexandra Bircken, Hanna-Maria Hammari, Lewis Hammond, Vera Palme, Marta Riniker-Radich, Diamond Stingily, Frieda Toranzo Jaeger

Kuratiert mit Simone Neuenschwander

... desire isn't lack, it's surplus energy –
a claustrophobia inside your skin –
”Chris Kraus, I Love Dick, 1997

Menschliche Körper sind unkalkulierbare Größen, rätselhafte Biotope. Dominiert von einer langen Tradition der Disziplinierung sind sie genauso der Handlungsort von Widerstandskraft und der Befreiung des Begehrens. Mit einer Vielzahl von Manifestationen haben sie sich und ihre Darstellungen in der Kunst ausgehend der Moderne den Vereinahmungen und Definitionen dessen widersetzt, was hinsichtlich Physiognomie, Geschlechtlichkeit und Gesundheit festgelegt wurde. In der Geschichte des Körpers stellt sich die Frage, wer seine Gegner sind – die politischen Institutionen, die Kulturgeschichte, die Religion, das Rationalitätsprinzip – oder das Subjekt selbst, das die äußeren Logiken verinnerlicht hat und als Teil seiner Identität und seines eigenen Begehrens mit sich trägt? Für jedes Bild der menschlichen Physis und ihrer geäußerten Resistenz müssen wir uns daher fragen, von welchem bestimmten Kontext aus gesprochen wird.

Erratic Resistance konzentriert sich auf Bilder gegenwärtiger Körperlichkeiten, die sich mit unberechenbaren Strategien gegen die Konditionierungen ihres jeweiligen Umfelds wenden. Der Körper zeigt sich als eine Entität, die sich sprunghaft verändert und sich im wechselhaften Verbergen und Offenlegen einer einordnenden Sichtbarkeit entzieht. Auf der Suche nach Schutz, Wohlbefinden und Komfort fordern die auftretenden Figurationen gleichzeitig Emanzipation und Selbstbestimmung. Im klaren Bewusstsein um die Vor- und Nachteile der technologischen Beschleunigung und ihrem Optimierungsanspruch sträuben sie sich gegen ökonomische Objektivierungen, statistische Normen und geschlechtliche Klassifizierungen.

In subversiv geführten Gefechten setzen sie Platzhalter und Substitute des Körpers ein, um eine direkte Handlungsmacht gegenüber vorausgesetzten Einprägungen zu erlangen. Fetischisierte Umhüllungen, sportliche Betätigungsgeräte und anthropomorphe Umgestaltungen werden zu autonomen Codes, die in unsteten Figuren und Materialien eine selbstermächtigende Politik von Körperlichkeit lesbar machen. Erstarrte Identifizierung, wie Leiblichkeiten zu agieren und zu begehren haben, erodieren mittels affektiver, widerspenstiger und irrationaler Gesten.

In Erratic Resistance wenden sich die Arbeiten in asymmetrischen Bewegungen beständig gegen hierarchische Verifikationen von menschlichen Körperlichkeiten und gegen das Netz von Abhängigkeiten, in das sie bis heute verwickelt sind.