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Die Ausstellung ›Die Idee der freien Flusszone‹ stellt fortlaufende Kunst- und Forschungsvorhaben der GFLK Galerie für Landschaftskunst an den Flüssen Elbe, Emscher und Yamuna sowie erste Näherungen an den Neckar vor.

›Die GFLK Galerie für Landschaftskunst ist ein freier Künstler-Projektraum für künstlerische und interdisziplinäre Arbeit an Vorstellungen von Natur, Landschaft und Stadt.‹ *

Die Galerie für Landschaftskunst, kurz GFLK, beschreibt den Zusammenschluss von Künstlerinnen, die mit Expertinnen aus anderen Wissensgebieten und interessierten Anwohner*innen an ausgewählten Projekten im Außenraum arbeiten. Dabei geht es weniger um die Errichtung von künstlerischen Werken, vielmehr steht die Erforschung von Natur- und Landschaftsräumen im Vordergrund. Ziel ist es zunächst, tradierte, fast selbstverständlich gewordene Nutzungen in Frage zu stellen, um neue Perspektiven für jeweils konkrete Areale zu entwickeln.

›Landschaft ist Zwecken untergeordneter Raum – so könnte man vielleicht sagen. Es sind weniger die individuellen Formungs- und Planungsabsichten, sondern kollektive, weitgehend der Ökonomie verpflichtete und nahezu allgegenwärtig durchgesetzte Zwecksetzungen, die Landschaft ihre Gestalt verleihen. An solche gestaltgebende Zwecksetzungen versuchen wir mit der Tätigkeit unseres Künstlerprojektraums Galerie für Landschaftskunst heranzukommen. Insofern geht es in vielen unserer Vorhaben weniger um die Entwicklung physischer Formen – denn wie vermögen sie auch solch allgewaltigen Landschaftselementen wie einer Autobahn oder einer Schifffahrtsstraße zu antworten?! –, sondern um Versuche, die Vorstellungen von dem, was Landschaft ist und sein könnte, zum Gegenstand der Modellierung zu machen.‹ **

Die Ausstellung ›Die Idee der freien Flusszone‹ stellt eine ebensolche Modellierung von Vorstellungen durch die Infragestellung des Umgangs mit Flüssen in städtischen Ballungsräumen dar. Die in den letzen fünf Jahren entstandenen Projekte der GFLK an Elbe und Emscher stehen dabei im Mittelpunkt.
Das Projekt ›Freie Flusszone Süderelbe‹ wurde 2011 initiiert, war 2013 Teil der Internationalen Gartenschau und widmet sich als ›Kunst- und Forschungsvorhaben zur Neubestimmung eines Landschaftsraumes‹ einem der beiden kanalartig ausgebauten Elbarme bei Wilhelmsburg.

›Wäre es angesichts dieser Doppelung möglich, einen Teil des einen Arms aus der ökonomischen Nutzung zu lösen? Was würde dann hier geschehen und welch ein neuartiger Stadt- und Landschaftsraum könnte sich entwickeln? Der etwa sieben Kilometer lange Abschnitt der Süderelbe zwischen Elbbrücken und Bunthäuser Spitze wird zur Freien Flusszone erklärt.‹ **

Wenngleich politisch nicht durchsetzbar, erzeugt die ›hypothetische Schließung der Süderelbe für die Binnenschifffahrt‹ einen gedanklichen Freiraum, der von den Beteiligten genutzt wird, um je eigene Szenarien zu entwickeln. Jörg Andromeda v. Prondzinskis künstlerische Datenerhebungen zum Eindringen ›fremder‹ Fahrzeuge, Währungen und invasiver Pflanzen stellt Bewertungen von Fremdheit in Frage. Bob Braine entwirft Schilder zur Regelung der Verkehrswege der Aale. Katja Lell löst die Grenzen des Projektgebietes durch malerische Eingriffe auf. Clegg & Guttmann erweitern einen ehemaligen Uferpfad zum Tide-Erlebnisweg. Nana Petzet versetzt ein Krokodil an den Elbestrand, wohin Hille v. Seggern und Timm Ohrt Chefplaner*innen zu intimen Spaziergängen entführen. Mark Dions Darstellungen der Flora und Fauna auf traditionellen blauen Küchenkacheln sollen einmal sein ›Hexagon der Flussbarrieren‹ schmücken. Tue Greenfort dagegen sucht in alten Science Fiction Filmen Vorlagen neuer Tierarten. Alle diese Aktionen finden ihre Form in Plakaten und Billboards, die sich in Hamburgs Straßenbild schmuggeln und so

›[…] der Öffentlichkeit einen Floh ins Ohr setzen […],
die Idee der Freien Flusszone Süderelbe dort publik machen, wo über Landschaft entschieden wird.‹ *

Das ›Land für 5 finale Handlungen‹ entstand auf Einladung der ›Emscherkunst 2013‹. Die übergeordnete Emschergenossenschaft betreibt eine schrittweise Renaturierung des künstlich angelegten Kloakenflusses. Künstlerische Beiträge sollen die Umgestaltung des Ruhrgebiets unterstützen und öffentliche Wahrnehmung steigern. Die GFLK reklamierte ein Gebiet von ca. 50 m Durchmesser am Ufer ›für immer und alle Zeiten‹ und versucht es so von den anstehenden Planungen auszunehmen. Hier spielten jedoch weder ökologische noch ökonomische Zweckbestimmungen die entscheidende Rolle, sondern die Inanspruchnahme von

›[…] Kunst zur Ausstattung einer Freizeitlandschaft […]
Wenn in den nächsten Jahren die umfangreichen Umbauprozesse starten, werden wir sehen, ob unser Land überhaupt weiterexistieren darf. […] Ich möchte diesen ungeheuren Vorgängen im Ruhrgebiet etwas Nachdenkliches und Beobachtendes hinzufügen.‹ **

Magdalena Graf verzeichnete im 12 m langen ›Portrait des Landes für 5 finale Handlungen‹ von der ehemaligen Bahnbrücke alle Veränderungen und Aktionen. Darunter Stephan Dillemuths ›Große Emscher-Teufelsaustreibung‹, die sich der übermächtigen Altlast von Bodengiften mit den Mitteln der Beschwörung zu entledigen versucht. Neben den sog. finalen Handlungen wurden auch Beobachtungen alltäglicher Nutzungen aufgenommen. Umgekehrt wurde das ›Großporträt‹ zur Zielscheibe von Kommentaren und Graffitis.
Für die Ausstellung ›Die Idee der freien Flusszone‹ wandern Arbeiten aus dem öffentlichen Raum in die Ausstellungshalle. Andere Arbeiten entstehen neu. Sie alle tragen mit den Aktionen der Akteur*innen in Heidelberg zur Weiterentwicklung der ›Idee der freien Flusszone‹ bei und treten in einen Dialog mit lokalen Aktivitäten rund um den Neckar.

* Selbstbeschreibung der Galerie für Landschaftskunst
** Till Krause, 2013

Künstler:
Ravi Agarwal, Navjot Altaf, Bob Braine, David Brooks, Clegg & Guttmann, Stephan Dillemuth, Mark Dion, Magdalena Graf, Tue Greenfort, Klara Hobza, Florian Hüttner, Till Krause, Katja Lell, Jochen Lempert, Christina Möller & Friederike Richter, Matthias Moser, Nils Norman, Nana Petzet, Jörg Andromeda v. Prondzinski, Hille von Seggern & Timm Ohrt / Alltag – Forschung – Kunst und Luca Vitone.