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Mit der Ausstellung zu den 1960er Jahren setzt das MUSA seinen chronologischen Gang durch die Sammlung zeitgenössischer Kunst der Stadt Wien fort. Ab 1951 wurden die bildenden Künste neben der Unterstützung von Ausstellungen besonders durch Ankäufe von Werken aus den Ateliers von Wiener Künstlerinnen und Künstlern gefördert. Aus dieser Praxis entstand eine der größten Sammlungen zeitgenössischer Kunst in Österreich. Sie enthält gegenwärtig 23.000 Arbeiten von 4.000 KünstlerInnen.

Das zweite Jahrzehnt der Sammlungsgeschichte umfasst die Zeit von 1960 bis 1969. In diesen Jahren erwarb die Kulturabteilung ca. 3.800 Kunstwerke von 700 KünstlerInnen. Zusätzlich wurden 460 Mosaike, Skulpturen, Spielplastiken und vereinzelt auch Gemälde mit beträchtlichem finanziellem Aufwand im Rahmen von „Kunst am Bau“ realisiert. Besonders in der jüngsten Vergangenheit kamen großzügige Schenkungen hinzu, sodass sich der Gesamtbestand an Werken aus den 60er Jahren in der Sammlung heute auf etwa 4.300 Kunstwerke aller Gattungen und Medien beläuft.

Der wirtschaftliche Aufschwung und die daraus resultierenden sozialen, aber auch ideologischen Veränderungen schufen in Wien ein für die Kunst durchaus positives Klima. Die Palette der künstlerischen Ausdrucksformen, individuellen Möglichkeiten und – teils polemischen – Sichtweisen erweiterte sich wie nie zuvor.

Da gab es jene KünstlerInnen, die einer gemäßigten Moderne verbunden blieben, während die Gruppe um die Galerie St. Stephan sich an der internationalen Avantgarde orientierte, wie sie von Paris ausstrahlte. Informel und Ecole de Paris waren die maßgeblichen Kunstrichtungen der Zeit. Im öffentlichen Bewusstsein der Stadt rangierte die „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“ unangefochten an der Spitze und wurde als Botschafterin des Landes zu internationalen Ausstellungen entsendet.

Frische Akzente setzte 1968 die Gruppe „Wirklichkeiten“ mit einer Ausstellung in der Secession. Es waren junge IndividualistInnen, die kein Manifest verband und die die Welt mit Witz und Ironie interpretierten. Heute erkennt man in den „Wirklichkeiten“ einen moderaten, speziell österreichischen Beitrag zur 68er-Bewegung.

Als wichtigster Beitrag zur internationalen Avantgarde gilt neben der literarischen „Wiener Gruppe“ (Friedrich Achleitner, Konrad Bayer, Gerhard Rühm, Oswald Wiener) der Wiener Aktionismus (Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch, Rudolf Schwarzkogler), der sich im Verlauf des Jahrzehnts entwickelte und seinen Höhepunkt 1968 in der Aktion „Kunst und Revolution“ erreichte.

Die Kuratoren Berthold Ecker und Wolfgang Hilger machen sich bei der Sichtung der Werke auf die Suche nach der Charakteristik der Ankaufspolitik der Stadt und ihres Kunstreferenten Robert Waissenberger, der damals zu den besten Kennern der Wiener Szene zählte. Sie stellen sich die Frage, wieweit die herausragenden künstlerischen Leistungen der Zeit Eingang in die Sammlung gefunden haben und inwiefern deren Gewichtungen mit jenen einer kunsthistorischen Bewertung übereinstimmen.

Der Befund ergibt in zweifacher Hinsicht beträchtliche Divergenzen. Zum einen wirkten die Entwicklungen der internationalen zeitgenössischen Kunst in spezifischer Weise auf die österreichische Szene ein und zum anderen floss aus den vorhandenen Strömungen durchaus nicht alles in gleichem Maße in die Sammlung ein.

Mag sein, dass in diesem Zeitabschnitt so manches Werk erworben wurde, dem heute lediglich dokumentarischer Wert zukommt. Daneben finden sich aber künstlerische Spitzenwerke, die bereits zum Kanon der österreichischen Kunstgeschichte zählen. In ihrer Gesamtheit liest sich die Namenliste der KünstlerInnen wie ein Kunstlexikon der Zeit und verblüfft durch Vollständigkeit.

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Die 60er Jahre: Eine phantastische Moderne
Kuratoren: Berthold Ecker, Wolfgang Hilger
Projektleitung: Heimo Watzlik

Künstler: Wiener Gruppe  (Friedrich Achleitner, Konrad Bayer, Gerhard Rühm, Oswald Wiener), Wiener Aktionismus  (Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch, Rudolf Schwarzkogler), Franz Ringel, Paul Rotterdam, Maria Lassnig, Franz Luby ...