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»Die Form, die das Leben zur Voraussetzung hat – die Form, die das Leben enthält – ist ›formlos‹ und doch Form.« (Emil Schumacher, 1972)

Für die Dauer von 14 Wochen zeigt die Staatsgalerie Schätze aus ihrer Graphi-schen Sammlung aus dem Deutschen Informel: Zeichnungen, Druckgraphiken sowie Mappenwerke und illustrierte Bücher. Die im Graphik-Kabinett ausge-stellten Werke von Peter Brüning, Emil Cimiotti, Karl Fred Dahmen, K.O. Götz, Gerhard Hoehme, Bernard Schultze, Emil Schumacher, K.R.H. Sonderborg, Fred Thieler, Hann Trier und Wilhelm Wessel geben einen vertieften Einblick in das "Deutsche Informel" und ergänzen damit die im Erdgeschoss der Alten Staatsgalerie präsentierten Gemälde. Die beiden deutschen, in Paris arbeiten-den Wegbereiter des Informel, Wols und Hans Hartung, sind in der Ausstel-lung ebenfalls vertreten. Auch eine Lithographie Sonderborgs von 1975, die den Freunden der Staatsgalerie von einem ihrer Mitglieder zu Beginn dieses Jahres geschenkt wurde, wird in dieser Präsentation zum ersten Mal gezeigt.

Das Informel (formlose Kunst; französisch Art Informel) entstand nach den traumatischen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs auf der Suche nach neuen bildnerischen Ausdrucksmöglichkeiten zunächst in Paris als Gegenbewegung zur geometrischen Abstraktion. Der Name wird als Sammelbegriff für verschiedene abstrakte Kunstströmungen verwendet (Tachismus, Lyrische Abstraktion, Art Brut etc.) und kennzeichnet das europäische Pendant zum amerikanischen Action Painting und Abstrakten Expressionismus.

Die Bezeichnung geht zurück auf den französischen Kunstkritiker Michel Tapié, der erstmals 1951 im Zusammenhang mit der Ausstellung »Significance de l’ Informel« im Pariser Studio Facchetti von der »Bedeutsamkeit des Formlosen« sprach. Mit »formlos« ist jedoch nicht die Un-Form gemeint, sondern das Formlose, das sich an »das in Schach gehaltene Chaos« herantastet.

Mit einer lyrisch-abstrahierenden oft graphisch (etwa von der Kalligraphie) inspirierten Gebärdensprache wird der Bildfindungsprozess zu einem Zusammenwirken der schöpferischen unbewussten Geste des Künstlers und einer absichtsvollen Handlung des Malens oder Zeichnens. Dabei geht es nicht um das chaotische Ausleben auf der Leinwand, wie etwa beim Action Painting, sondern um das von Emotion und Spontaneität geführte »Entstehenlassen« des Werkes. Die Suche wird zum Leitmotiv. Stetiger Wandel und Werden prägen den Entstehungsprozess auf der Suche nach dem Unbekannten: Fühlen - Schweben - aber auch Unruhe wie im Titel einer Graphik von Gerhard Hoehme. Emil Schumacher beschäftigte sich mit den sieben zentralen Themen Form, Linie, Farbe, Materie, Zerstörung, Raum und Natur, die er in den Aquatintablättern der Mappe »Ein Buch mit 7 Siegeln« aus dem Jahr 1972 eindrücklich vor Augen geführt werden. Zum Begriff »Form« bemerkte er in einem Aphorismus: »Die Form, die das Leben zur Voraussetzung hat - die Form, die das Leben enthält - ist ›formlos‹ und doch Form.« So weitläufig der Begriff Informel ist, so ist doch jeder der unter ihm subsumier-ten Künstler Individualist und, aufgrund seines persönlichen Umgangs mit der abstrakten Kunst, informeller Grenzgänger. Erfundene Zeichen, Farb-Rhythmen, unterschiedliche Materialien, die in die Farbe gemischt wurden – all das diente zum Ausdruck einer besonderen, einzelnen Künstlerindividualität, eines persönlichen Gefühls, das den Betrachter anziehen, ja sogar erschüttern sollte. Nicht um das bloße Bild geht es, sondern um das »Ereignis« des Schauens.

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Deutsches Informel

Künstler: Peter Brüning, Emil Cimiotti, Karl Fred Dahmen, Karl Otto Götz, Hans Hartung, Gerhard Hoehme, Bernard Schultze, Emil Schumacher, K.R.H. Sonderborg, Fred Thieler, Hann Trier, Wilhelm Wessel, Wols  ...