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Die dritte Ausstellung zum Dekalog setzt die assoziative Betrachtung der Zehn Gebote mit dem dritten „Du sollst den Feiertag heiligen“ fort. Auch in dieser als freier Denkraum konzipierten Ausstellung wird das Gebot nicht theologischen Überlegungen unterzogen, sondern in Bildern, Artefakten und Texten in einer offenen Weise gespiegelt. Im Zentrum steht der wie auch immer hergestellte Ausnahmezustand des Innehaltens, der vom gewohnten Tätigsein absehenden Besinnung. Dies kann in kontemplativer Beschaulichkeit wie in seinem Gegenteil, der aggressiven Euphorie eines ungewohnten Ereignisses geschehen. Die psychische Bereitschaft zum Krieg beispielsweise hat nach Manès Sperber ihre Ursache im allgemeinen Moratorium des Alltages als „eine völlige Umwälzung der Lebensweise und der alles regelnden täglichen Ordnung.“ Der Krieg als totales Fest, als Suspension vom Gewohnten ist die unheilige Kehrseite des Friedens.

Der assoziative Gedanke ist in seinen erhellenden Momenten eine Feier des Geistes auch da, wo er sich an den säkularen und trivialen Dingen entzündet. Das in Antonionis Zabriskie Point in Zeitlupe gefilmte grandiose Zerbersten einer Villa gleicht einem psychedelischen Sonntag, an dem die „ekligen Geister“ (Luther) das verführerische Kaleidoskop ihres Zerfalls bieten. Der gottesfürchtige Rubeljow beobachtet in Tarkowskijs gleichnamigen Film die freizügige Feier der Heiden als sündhaftes Freiheitsfanal. Bilder wie die von Loredana Nemes wirken nur im Innehalten des Betrachters, der sich im Moment der fotografisch eingefrorenen Zeit versenkt. Das Sehen künstlerischer Bilder ist die schiere Feier, das Gewahrwerden des Ungewohnten. Sie „heiligen“ das Stillestehen, das Glück der Versenkung. Im bewegten Bild des Films dehnt die Zeit diesen Zustand aus.

Der Künstler Joseph Beuys stellt gegen die Besinnungslosigkeit der Ökonomisierung aller Lebensverhältnisse sein: „Ich kenne kein Weekend.“ Ein Manifest gegen den intuitionslosen Materialismus, der sich mit der Trägheit verbündet: „ … so man bisher unter die Todessünden gezählt hat und heißet Akidia, das ist Trägheit oder Überdruss, eine feindselige, schädliche Plage, damit der Teufel vieler Herzen bezaubert und betrügt … „ (Luther, 3. Gebot, Großer Katechismus). Die Ausstellung handelt auch von der Umkehr, von der kritischen Rückschau auf das wie immer Geschaffene, von der Feier seiner idealen Grundlagen und seiner misslungenen Praxis als Vorschein des Abgrundes.

Gemeinsamer Beitrag der Guardini Stiftung und der Stiftung St. Matthäus zum Reformationsjubiläum 2017 Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

DEKALOG – Ein Assoziationsraum III (7. Mai – 19. Juli 2014)
Eröffnung: Dienstag, 6. Mai 2014, 19 Uhr
Einführung: Eugen Blume
Öffnungszeiten: Di–Fr 12–18 Uhr │ Sa 14–18 Uhr

Ein Ausstellungsprojekt von Eugen Blume, Matthias Flügge, Frizzi Krella und Mark Lammert