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Das Kartell – Wiederholt Kielgeholt

Eine Künstlergruppe ist traditionellerweise die Vereinigung mehrerer ähnlich denkender Künstler unter einem Namen. Seit es Künstlergruppen gibt, haben solche Zusammenschlüsse immer wieder zu einer Art Multiplizierung künstlerischer Energien geführt, sogar ganze Bewegungen ausgelöst und Epochen geprägt. Die Namen dieser Gruppen übertönen dabei oft diejenigen der beteiligten Künstler, und haben eigene Schubladen gebildet, auf denen in großen Lettern 'Nazarener', 'De Stijl' oder 'Mülheimer Freiheit' steht, Synonyme für ehemals hochbrisante ästhetische Neuansätze und andererseits wohlfeile Jonglierbälle für das Gespräch über Kunst. In einer Zeit, in der sich Kunstbetrachtung eher aus dem Vergleich von Einzelpositionen als aus einem Wettstreit moderner Bewegungen ergibt, ist der Begriff Künstlergruppe kunsthistorisch abgenutzt und fragwürdig geworden. Gleichwohl lässt sich die Idee eines Bündnisses verschiedener aber wahlverwandter künstlerischer Denkweisen dadurch noch nicht von der Hand weisen.

Dass Ahlgrimm Pfrommer & Subke für ihre Formation eigentlich keinen Namen wählten, sondern den Begriff ‚Kartell’ der kapitalistischen Wirtschaftswelt entlehnen, ist in mehrerlei Hinsicht bezeichnend: zum einen wird damit satirisch auf die Situation des Kunstwerkes als nach Marktgesetzen zu taxierendes Produkt sowie die des Künstlers als sein nach denselben Gesetzen zu bewertender Produzent angespielt. Zum anderen bietet die großspurige Einmaligkeit des – nicht ohne Ironie – mit bestimmtem Artikel verwendeten (und zudem ästhetisch unverbindlichen) Kartellbegriffs einen gedanklichen Raum von ausreichenden Ausmaßen, um drei voneinander unabhängige Künstler in Bezug treten zu lassen. Schließlich geht es in einem Kartell immer auch um den offenen Austausch unter den Kartellpartnern und so haben wir es auch hier mit einem wechselseitigen System, einer Korrespondenz unterschiedlicher Kunstwerke zu tun.

Mit ‚Wiederholt Kielgeholt’ tritt Das Kartell zum siebenten Mal zu einem bestimmten Thema in Erscheinung. Erging es sich in seinen ersten beiden Ausstellungen noch in launiger Tiefstapelei (,Hobby de Luxe’, 2004 ‚Das Kartell lässt den Dom im Dorf und das ist auch gut so, 2005’), war es bereits bei seiner dritten Zusammenarbeit bei erhabenen Fragen nach Kunst und Sein angelangt (‚Das Kartell lässt Gnade walten’, 2006), sann tiefschürfend über das greise Alter nach (‚Ruhm oder Rente’, 2006), erkor sich feierlich den seligen Harald Juhnke zum Idol (‚Das Kartell braucht ein Idol’, 2006) und kam 2007 mit der aufschlussreichen Arbeit von Philipp Hartmann auch zu Dokumentarfilmehren (‚Das Kartell – Künstler zum Anfassen’, 2007). In der aktuellen Ausstellung bearbeitet es mit gewohntem Schönheitssinn und ungebrochener Tatkraft den großen Mythos der Seefahrt.

Noch immer lebt dieser Mythos von einer Fülle an Sehnsüchten und Verheißungen, von zahllosen Legenden – heldenhaften und schreckensreichen – raunt von Reichtümern und Ungeheuern ferner Gegenden, von Klabautern und Kannibalen, von starrsinnigen Kapitänen und einsamen Matrosen, kündet noch immer von Glanz und Gloria ehrwürdiger Seemächte oder lockt mit endlosen Vergnügungen für Schwerreiche. Das Kartell ist durchaus in der Lage, sich derlei Vorstellungen auf der Zunge zergehen zu lassen und ist sich doch ihrer zweifelhaften Bedeutung für Zweck und Alltag des Schiffereiwesens wohl bewusst. Mit wiederholtem Vergnügen konterkariert es die Essenz maritimer Klischees mit ihrer schmerzhaften realen Entsprechung. Wohlige Hafenromantik wird sorgfältig mit sanfter Krisenstimmung verquickt, Mantel und Degen gekonnt mit Meuterei und Folterstrafe überblendet, ollstes Seemannsgarn zu exquisit gemalter Spelunkentristesse gesponnen. Aus der xten Frachttonne bricht die Faust mit den Losen hervor, die entscheiden, welcher von uns Schiffbrüchigen jetzt den anderen zum Fraß herhält. Wenn mal auf der nächsten Lidlkreuzfahrt nur die Minibar im Preis inbegriffen ist!

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Das Kartell
Wiederholt Kielgeholt

Das Kartell : Frank Ahlgrimm, Hans Pfrommer, Armin Subke