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CYNTHIA GIRARDs Malerei verweigert sich bewusst Begriffen wie Professionalität und akademisch geschulter Virtuosität. Ihre Bilder und Installationen sind Erzählungen über das Malen selbst, in denen es um Fragen der Repräsentation und um die Überwindung des Konfli k t s zwischen Abstraktion und Figuration, zwischen rein formaler und narrativer Darstellung geht. Indem Girard sich in ihren Arbeiten Elemente von Minimal, Hard-Edge, Op-Art oder Neo- Expressionismus aneignet und mit Einflüssen von Volkskunst, angewandter Kunst, Kinderbuchillustrationenn und Outsider-Art verschmilzt, hinterfragt sie die gängigen Hierarchien der Gegenwartskunst. Ihre Bilder und Skulpturen funktionieren häufig wie Bestandteile einer Bühne, die den Betrachter mit einbezieht und die malerische Komposition zu einer räumlichen Erfahrung erweitert.

So gleicht auch Tous les Oiseaux sont ici einem imaginären Theaterstück. Das gigantische Gemälde einer stilisierten Gefängnismauer teilt den Raum in zwei Zonen. Im vorderen, schwarzweißen Bereich nehmen eine überdimensionale, archaisch anmutende Maske aus schwarzem Karton und Portraits von Girards literarischen Vorbildern Elfriede Jelinek und Emily Dickinson die Funktion von ‘Wärtern’ oder Helfern ein, die den Betrachter ins Bild holen und ihm den Zugang erleichtern. Die metaphorische Tür zur Deutung des Werks nimmt in Girards Arbeit ganz reale Form an. So kann man den zweiten Teil der Ausstellung nur durch einen ins Gefängnisbild eingelassenen Durchgang betreten -– eine Zelle, in der die Farbe dominiert. Neben bunten, eiförmigen Skulpturen aus Pappmaché und einem abgelegten Schlangenkostüm aus Papier finden sich kleinformatige Gouachen, auf denen Vögel abstrakte, architektonische Strukturen bevölkern, wobei offen bleibt, ob sie Bewohner oder Gefangene sind.

In Tous les Oiseaux sont ici überführt Girard das Motiv des Gefängnisses in unterschiedliche, dialektische Bedeutungen: Metapher für die limitierenden Begrenzungen des Bildraumes, freiwillig gewählter Rückzugsplatz für innere Visionen und gesellschaftliche Außenseiterpositionen, oder Sinnbild konventioneller Wahrnehmung, aus der es auszubrechen gilt.

CYNTHIA GIRARD, geboren 1969 in Montréal, Kanada, lebt und arbeitet in Montréal und Berlin. Sie studierte Kunst an der Université du Québec, Montréal (BA) und am Goldsmiths College, University of London (MA).

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Cynthia Girard
Tous les oiseaux sont ici