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Crossing the line bezeichnet in der Terminologie des Films das Überschreiten einer gedachten Linie und sollte beim Positionswechsel der Kamera vermieden werden. Da der Achsensprung den kohärenten Rezeptionsablauf unterbricht und beim Betrachter zu Irritationen führt.

Zeichnungen, die die Grenzen des Mediums überschreiten, führen zu Irritationen, die als neue Qualität zur Beschäftigung mit dieser Darstellungsform auffordern.

Dass die Zeichnung in den letzten Jahren erheblich an Aufmerksamkeit gewonnen hat, spiegelt die aktuell intensivierte Auseinandersetzung vieler Künstler mit den Möglichkeiten des Mediums wieder.

Die Wesensmerkmale der Zeichnung wie Spontaneität des Ausdrucks, Authentizität, das unmittelbare Erfassung einer Idee und einfache unverstellte Verfügbarkeit werden neu bewertet auch vor dem Hintergrund der entpersonifizierten digitalen Bilderflut in den Medien und der künstlerischen Photographie. Das Spektrum der Zeichnung reicht vom klassischen Din-Format des Skizzenblocks bis zur wandfüllenden Lineatur. Sie hat sich in vielen Fällen von Papier und Bleistift verabschiedet und zeigt wie kein anderes Medium Wandlungsfähigkeit und gattungsübergreifendes Arbeiten.

Zu dieser Ausstellung haben wir KünstlerInnen eingeladen, die in unterschiedlicher Weise grenzüberschreitend mit Zeichnung umgehen.

Stephen Brandes‘ detailreiche Zeichnungen speisen sich aus vielfältigen Quellen wie mittelalterlicher Kartographie, Märchenillustrationen des 19. Jahrhundert und amerikanischen Comic Strips. Wir zeigen von ihm das großformatige Werk „Angstlustbaum“. Es war erstmals auf der letzen Biennale von Venedig aus- gestellt. Eine feine, endlose, rote Lineatur wächst sich zu einem gigantischen Baum aus Geschichten, Orten und Figuren aus. Gezeichnet auf PVC-Auslegeware, deren Oberfläche – ein Steinimitat – zu dem Marmor überladenen Ausstellungsbereich des venezianischen Palazzos in einen ironischen Dialog trat.

Jan Brokhof, der in einer heute nicht mehr existierenden Plattenbausiedlung nahe der polnischen Grenze seine Kindheit verbracht hat, bildet im Maßstabe 1:1 sein altes Jugendzimmer nach. Mittels Holzschnitt hat er in schwarzweiß die gesamte Einrichtung mit ihren charakteristischen Oberflächen, sowie Dekorationen und Fensterausblick nachgebildet und in einem Holzkubus aufgebracht, in den man hineintreten kann. Ein Stück Erinnerungsarbeit, bei die verwendete traditionelle Drucktechnik zu einem wirkungsvollen Verfremdungseffekt führt.

Die Bilder des irischen Künstlers Blaise Drummond beschäftigen sich mit der Verbindung von Natur und modernistischer Architektur. Seine sparsam eingesetzten Bildmittel wie Farbe, Collage und Zeichnung auf weißem Grund verstärken den thematischen Gegensatz und formulieren dennoch eine romantische Idee des Unisono. In der Galerie wird er eine Wandinstallation mit der Kombination von Bild, Zeichnung und Wandmalerei ausführen.

Katja Eckerts Bilder erscheinen beim ersten Betrachten wie unscharfe Fotografien, die in nuancierten Farbabstufungen changieren. Es handelt sich jedoch um Zeichnungen, die mit Hilfe eines Grafiktabletts und einem Bildbearbeitungsprogramm am Computer entstehen. Der Schritt, keine vorgefundenen Bilder zu überarbeiten, sondern die digitalen Gestaltungsmöglichkeiten unmittelbar im zeichnerischen Sinne zur Realisierung eigener Bildvorstellungen zu nutzen, zeigt den innovativen Umgang mit einem bereits bekannt geglaubten Medium. Katja Eckert führt uns in eine Welt die den bedrohlichen mit geheimnisvoller Bedeutung aufgeladenen Filmbildern eines David Lynch ähneln.

Catharina van Eetveldes Arbeiten bewegen sich in einem Spektrum von Zeichnung, Malerei, Trickfilm und Installation. Ihre farbigen Zeichnungen auf Papier sind mit der Präzision einer Konstruktionszeichnung mit feinstem Pinselstrich gezogen. Abstrakte Formen, die neben der bildimmaneten Bedeutung eine dem verborgene Funktion zu haben scheinen, verbinden sich mit gegenständlichen Fragmenten und bilden ein Konglomerat geheimnisvoller Bezüge. Freundliche menschenähnliche Wesen, die in nur ihnen bekannten Versorgungssystemen gefangen sind, bevölkern diese sparsam ausgestatteten Orte. Diese im weißen Raum des Bildes schwebenden Formen und Figuren besitzen eine einen solchen Grad der Schwerelosigkeit, dass sie fast gänzlich entmaterialisiert dem Blatt zu entschwinden scheinen. In Ihren Videoarbeiten greift van Eetfelde Elemente ihrer Zeichnungen auf und animiert sie zu Trickfilmen.

Jana Gunstheimer, die ihre Beratungsfirma NOVA PORTA bereits in verschiedenen Ausstellungen vorgestellt hat, treibt ein vielfältiges Spiel mit Wirklichkeit und Fiktion. Ihr bevorzugtes Medium ist das monochromatische Aquarell in einem Ton der zu DDR-Zeiten Normaltinte hieß. Die Aquarelle kombiniert sie in raumgreifenden Inszenierungen mit Scherenschnitten und Objekten wie bei der aktuellen Fallstudie „Über F.“

Dieter Mammel zeigt Bilder aus der Werkgruppe „Family Works“ mit Motiven aus der eigenen Biografie. Wie beim Blättern in einem Familienalbum treffen wir auf vertraute Motive von Kindergeburtstagen, Spaziergängen, Familienfeiern. Er verwendet eine Technik, bei der Malerei und Zeichnung verschmelzen. Aus fließenden amorphen Farbflächen und Drippings kristallisieren sich Motive von fast fotografischer Schärfe, vergleichbar mit Erinnerungsbildern, die ungerufen ins Bewusstsein kommen und sogleich wieder verschwinden.

Anja Schrey wählt als Motiv immer die Selbstinszenierung. Sie zeichnet die eigene Gestalt in immer neuen Haltungen monumentalisiert und fotografisch genau mit Farbstiften auf riesigen Papierbögen. Die äußerst detailliert gezeichnete Oberflächenbeschaffenheit vermittelt eine intensive stoffliche Präsenz des Dargestellten und schafft einen hohen Grad an Intimität. Zugleich löst das feine Geflecht des Stifts jede physische Illusion wieder auf.

Das Werk von Jelena Tomasevic haben wir im Pavillon von Montenegro auf der Biennale von Venedig entdeckt und kürzlich in New York wieder gesehen. Unter dem Titel „Joy of Life“ installiert sie kleine Leinwände mit narrativen Szenen direkt auf die Ausstellungswände. Die Bilder, obwohl mit Farbe und Pinsel gemalt, behalten alle Elemente der Zeichnung: Betonung der Linie und des graphischen Schwarzweiß, schnelle Erfassbarkeit des Dargestellten und gesteigertem Ausdruck.

Ihre Themen sind Gewalt, Isolation und Verletzlichkeit der menschlichen Existenz. Die Inszenierung der nicht aufgespannten Leinwände im Ausstellungsraum erinnert an eine wild plakatierte Bauabsperrung. Wie zufällig angeordnet verteilen sich die Bilder auf der gesamten Wandfläche. Für ihre eindringlichen Motive findet die Künstlerin damit eine überzeugende Präsentation.

Dank an: Galerie Patrick Baer, Dresden, Dina4 Projekte, München, Rubicon Gallery, Dublin, Galerie Tanit, München

Stephen Brandes *1966 in Wolverhampton, U.K. 2006 RHA Gallagher Gallery, Dublin (Solo with catalogue) West Cork Arts Centre (Solo), Ireland 2005 Irish Pavillion, 51st Venice Biennale, Italy Travelogue, Rubicon Gallery, Dublin (Solo) C2, Crawford Municipal Gallery, Cork, Ireland 2004 Tir na nOg, Irish Museum of Modern Art, Dublin The Retreat, City Limits, Melbourne ArtFutures, Contemporary Art Society, City of London School, London Drawn, Schick Gallery, Skidmore College, Saratoga Springs, New York

Jan Brockhoff 1977 in Schwedt/O. 2006 heile Welt, Kupferstichkabinett Dresden 2005 Marion-Ermer-Preisträger, HfBK Dresden neues leben – neues wohnen, Kunsthaus Erfurt Hegenbarth-Stipendiaten, Senatssaal, Dresden 2004 Wohnkomplexe, Galerie für Junge Kunst, Dresden Blaise Drummond 1967 / solo exhibitions 2006 Musee de l’Abbaye Sainte-Croix, Les Sables d´Olonne, France Butler Gallery, Kilkenny Castle, Kilkenny, Ireland PERUGI artecontemporanea, Padua 2005 Adventures in Contentment Aliceday, Brussels Western Parkway, Blancpainstepczynski, Geneva Its So Hard to be a Saint in the City, Rubicon Gallery, Dublin 2002 Stedelijk Museum, Aalst, Belgium / group exhibitions 2005 Contemporary Art from Ireland, European Central Bank, Frankfurt 2004 John Moores 23, Walker Art Gallery, Liverpool 2002 No Object, No Subject, No Matter..., Irish Museum of Modern Art, Dublin

Katja Eckert *1976 solo exhibitions 2003 Soziales, Galerie Dina4 Projekte, München 2005 leaves left, Institut für Moderne Kunst / Zumikon, Nürnberg group exhibitons 2004 Kleine Formate, Galerie „Neue Kunst“, Mannheim 2005 Punkt und Linie, Fläche und Raum, Overbeck-Gesellschaft, Lübeck 2006 Bea Emsbach – Katja Eckert, Galerie May Moré, Madrid

Catharina van Eetvelde 1967 in Gent/Belgium 2006 animated stories, Sala Rekalde, Bilbao animated stories, Caixaforum, Barcelona new media, Saint Louis Art Museum 1m show, Galerie Tanit, München 2005 over de mensen en de dingen, Z33, Hasselt dessins animés, Le Crédac, Ivry sur Seine Jana Gunstheimer 1974 in Zwickau 2006 Stammsitz, Städtische Museen Jena FALLOUT Cold War Culture, Mitchell-Innes & Nash, New York 2005 Marion-Ermer-Preis, Oktogon, HdK Dresden 2004 Stammsitz, Galerie im Künstlerhaus 188, Halle Personen ohne Aufgabe, Kunsthaus Essen World Watchers. Demokratie. Information. Subjekte. Kunst Haus Dresden, Galerie für Gegenwartskunst

Dieter Mammel *1965 in Reutlingen 2006 Thanassis Frissiras Gallery, Athen Auf eigene Art, Thomas-Mann-Haus, München [g] 2004 Direct Painting, Kunsthalle Mannheim 2003 Kunstmuseum Bonn Museum am Ostwall, Dortmund Interfaces Fukumitsu Art Museum, Kyoto [g] Musée Pierre Noel, Saint-Diè-des-Vosges, Arthouse Tel Aviv [g] Sonic Self, Chelsea Art Museum, New York [g] 2001 Christopher Cutts Gallery, Toronto Monique Goldstrom Gallery, New York 1999 Reconzeptualisation of a vision, Goldstrom Gallery New York [g] 1997 Hans-Thoma-Gesellschaft, Kunstverein Reutlingen Kunsthalle Göteborg 1996 Goethe Institut, Rotterdam

Jelena Tomasevic * in 1974 in Podgorica/Montenegro 2006 Jelena Tomasevic: Joy of Life II, Thrust Projects, NYC 2005 The Eros of Slight Offence, Pavilion of Serbia and Montenegro at the 51st Venice Biennial 2004 Violenta imaginii, imaginae violenti, I Tinteret Biennial, Bucharest In the Cities of the Balkans presented at the 4th International Biennial of Contemporary Art, Cetinje, Montenegro 2003 5th International Biennial of New Art, Vrsac, Serbia 2002 4th International Biennial of Contemporary Art, Cetinje, Montenegro

Anja Schrey *1967 in Viersen / solo exhibitions 2006 Milton Keynes Gallery, Milton Keynes, GB Face to Face, Hallen für Neue Kunst, Münster Museum Goslar 2004 Anja Schrey, Junge Kunst, Wolfsburg Mach mir ein Bild von mir, Kunstverein Bochum 2002 Private Öffentlichkeit, Projekt der Städtischen Galerie im Museum Folkwang, Essen 2001 Big Jim and friends, Förderverein Aktuelle Kunst, Münster / group exhibitions 2005 Neue Malerei aus Düsseldorfer Ateliers, Museum für zeitgenössische Kunst, Eupen, Belgium Et le Canard était toujours vivant, Centre d‘Art contemporain, Meymac, France 2004 Madame Réalité, E-Werk Hallen für Kunst, Freiburg Re: Figurative; Gahlberg Gallery, McAninch Arts Center, Glen Ellyn, USA 2000 Trendwände, Kunstraum Düsseldorf

Pressetext

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Crossing the line

mit Stephen Brandes, Jan Brokof, Blaise Drummond, Katja Eckert, Catharina van Eetvelde, Jana Gunstheimer, Dieter Mammel, Anja Schrey, Jelena Tomasevic