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Costa Vece (*1969, lebt und arbeitet in Berlin und Zürich) zeigt im Kunstmuseum Solothurn nach längerem Aufenthalt und zahlreichen Ausstellungen im Ausland eine neue Gross-Installation in einem Schweizer Museum. Seine Arbeiten stossen seit der 48. Biennale in Venedig 1999 auf zunehmendes nationales und internationales Interesse. Die erste Einzelausstellung fand 2001/02 im Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich statt.

Costa Vece verwendet seit dem Beginn seiner künstlerischen Laufbahn wertlose Materialien wie z.B. Warenkartons, Europaletten oder Ölfässer, die er in seinen Werken rezykliert. In die meist begehbaren Installationen projiziert er atmosphärische Sequenzen aus Filmen, die ihn seit der Jugend faszinieren. Seit einiger Zeit wendet er sich neben individuellen auch gesellschaftlichen Konflikten zu. In seinen Installationen kombiniert er Bilder und Assoziationen, die die Widersprüche der globalisierten Welt visualisieren. Seine Installationen handeln von Ein- und Ausgrenzung und den daraus entstehenden Identitäten. Die Inszenierungen illustrieren Formeln der zeitgenössischen Befindlichkeit. Costa Vece baut Gegenräume von grosser Emotionalität und visueller Appellationskraft. Er schafft Parallelwelten voller Traurigkeit, Melancholie, Sehnsucht sowie auch Trotz und paraphrasiert so das Unbehagen in der Welt.

Seine neueste Installation im Kunstmuseum Solothurn handelt wiederum von Identität, der Erfahrung von Ein- bzw. Ausgrenzung sowie der Beschäftigung mit den Werten von Gerechtigkeit und Freiheit. Er erweitert sie – anschliessend an seine Revolucion–Patriotismo-Projekte, die Fassaden des revolutionären Widerstands inszenierten – mit seinem Interesse für Tradition und Heimatkonzepte. Die Proklamation des Eigenen, das «Flagge zeigen» gegenüber dem Fremden geht oftmals mit einer Konzentration auf eigene Wertvorstellungen einher. Solche Moral- und Gesetzesdiktate von Gesellschaft und Religion können Gefühle der Klaustrophobie und Ausweglosigkeit evozieren. Diesen Gedanken setzt Costa Vece in einer Gross-Installation um. Eine gedeckte Holz-Brücke, wie sie der Künstler aus seiner Kindheit im Appenzell kennt, führt durch drei Museumsräume zu einer unheilvollen Szenerie in einer Alphütte. Das Material Holz wird dabei zur Metapher der Enge und Isolation. Der schmale Gang zur Hütte wird gesäumt von Kapellen, in denen Moralsprüche und Objekte aus Brot zu sehen sind. Sie umreissen eine Sozialisation, die durch gesellschaftliche Regeln, Tradition und Brauchtum sowie naive Kinderspiele geprägt ist. In der Hütte ist ein Ausschnitt aus einem Film in Endlosschleife auf die rohe Holzwand projiziert. Eine aus gebrauchten Kleidern zusammengesteckte Fahne im letzten Raum steht als Sinnbild für den Antagonismus zwischen individueller Geschichte und überindividuellem Identifikationssymbol. Im Titel Heaven can wait schwingt jedoch gleichzeitig die Hoffnung auf Befreiung und Emanzipation des Individuums von gesellschaftlichen Diktaten mit.

Die Installation zeigt eine neuere, in der Schweiz bisher wenig gezeigte gesellschaftlich-politische Facette von Costa Veces Schaffen und weist gleichzeitig vielfältige formale und inhaltliche Bezüge zum bisherigen Werk auf. Der Katalog mit dem Titel Dark Days versammelt Ausschnitte aus dem privaten Bildarchiv, das seine Arbeiten speist. Die gesammelten Fotos aus Zeitungen und dem Internet sowie Reproduktionen eigener und fremder Kunstwerke erlauben einen Einblick in den Bilderkosmos, der sein Werk prägt. Die Sammlung der Einzelbilder erfolgt in «visuellen Clustern» und macht thematische und strukturelle Überlagerungen seines Denkens und Schaffens erkennbar. Die Sammlung illustriert den subjektiven Blick des Künstlers auf zeitgenössische und historische Bilder sowie universelle Themen. Sie ist Zeugnis seines kritischen Weltbildes und macht gleichzeitig sichtbar, dass seine Recherchen ein grosses Interesse für Typologien und Metaphern aufweisen, das auch in seine Werke einfliesst.

Sabine Rusterholz

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog bei der edition fink Verlag für zeitgenössische Kunst, Zürich Kunstmuseum Solothurn (Hrsg.): Costa Vece. Dark Days, edition fink Verlag für zeitgenössische Kunst, Zürich 2006, mit Texten von Kathleen Bühler, Rayelle Niemann und Sabine Rusterholz, Broschur, s/w-Abb., 144 Seiten.

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