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Corinne Wasmuht (*1964) gehört zu den einflussreichsten Künstlerinnen der jüngeren Generation in Deutschland. Nach ihrer Kindheit in Argentinien hat die Malerin seit den 1980er Jahren in Düsseldorf und Berlin ein außerordentlich spezifisches Œuvre entwickelt, das kaum Berührungspunkte mit den übrigen Tendenzen zeitgenössischer Malerei in Deutschland und Europa aufweist. Wasmuhts großformatige Bilder erscheinen wie geduldige Übungen in radikaler Verlangsamung. In vielen ihrer frühen Arbeiten harren Schildkröten, Frösche und Schlangen vollkommen bewegungslos aus. Die Zeichnungen der Tierkörper entwickeln ein ornamentales Eigenleben auf der Bildfläche. Die Malerei von Corinne Wasmuht zeugt von großer Liebe zum Detail und einer minutiösen, aufwändigen Arbeitsweise. In den aktuelleren Arbeiten der letzten Jahre ist das Thema der Überlagerung räumlicher Ebenen in den Vordergrund gerückt, wobei dreidimensionale Tiefenräume vereinzelt bereits in den Werken der 1990er Jahre eine Rolle spielten. In der Generierung ihrer komplexen Bildwelten geht Wasmuht schrittweise vor. Zunächst verdichtet sie ein noch vages Thema zu einer möglichen Bildidee, indem sie Unmengen verschiedener Abbildungen zu einem bestimmten Thema sammelt, beispielsweise von Steinen, Insekten, histologischen Schnitten oder Frisuren und – vor allem in den letzten Jahren – von architektonischen und landschaftlichen Räumen. Diese Materialsammlungen bilden seit 1986/87 ein eigenes Archiv, das beständig wächst, wobei Wasmuht das Sammeln eher als ihr „Hobby“ bezeichnet denn als „Instrument zur Bildfindung“. In monatelanger Collagearbeit entsteht aus den thematischen Sammlungen jeweils ein komplexer, vielschichtiger Kosmos. Wie Teile eines Puzzles fügt die Künstlerin die verschiedenen Versatzstücke zu einem neuartigen Ganzen zusammen. Der so entstandene Entwurf wird schließlich auf riesige (einige Quadratmeter große) Holztafeln übertragen und in mehreren Lasuren, Schicht um Schicht, vom Hintergrund ausgehend in den Vordergrund hinein ausgearbeitet. Obgleich dabei einzelne Bestandteile der Motive identifizierbar bleiben und klar konturiert hervortreten, verweigert sich das Bildganze stets dem zusammen-fassend verstehenden Blick. Die einzelnen Elemente und Bildebenen werden derart miteinander verwoben und verschränkt, dass sie sich gegenseitig überlagern und in schillernde Texturen übergehen, die zwischen Abstraktion und Realismus changieren. Corinne Wasmuht selbst sieht ihre Bilder als Fenster, in denen man fremde Welten entdecken kann. Innerhalb der hybridartigen Strukturen öffnen sich dreidimensionale Räumlichkeiten, werden Zentren und Peripherien generiert, die mitunter eine regelrecht sogartige Wirkung entfalten. Der Betrachter sieht sich mit räumlichen Konzepten konfrontiert, die bei aller Tiefendimension letztlich doch unbetretbar bleiben, weil sie keinerlei Halt bieten. Die uns damit zurückwerfen auf die Mechanismen und Unzulänglichkeiten der eigenen Wahrnehmung. Die Ausstellung im Kunstverein Hannover zeigt 10 großformatige Arbeiten, die zum Großteil in den letzten drei Jahren entstandenen sind. Es erscheinen ein Katalog und eine Edition.

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