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Literarische Bezüge sind häufig im Werk von Cordula Güdemann und das seit fast dreißig Jahren. Der Bildtitel „Kafkas Wolke“, der mehrfach auftaucht in den Arbeiten der letzten knapp zwei Jahre ist nicht der einzige Hinweis auf Autoren, die Güdemann zu Bildern angeregt haben. Präsent sind der Ire Colum McCann, der US-Amerikaner Richard Brautigan, der deutsche Autor Ror Wolf, der französische Pataphysiker Raymond Queneau. Daraus zu folgern, Güdemann arbeite illustrativ, wäre falsch – so falsch wie es wäre, zu behaupten, ihre Bilder ließen sich als visuelle Metaphern verbaler Informationen lesen, die sie den Nachrichten aus Politik und Wirtschaft, Philosophie und Sozialkritik entnimmt. Richtig ist, Güdemanns Bilder sind Metamorphosen von Wortbegriffen und Bildzeichen aus Welten, die grundsätzlich kunstfeindlich und tendenziell lebensfeindlich sind, aber ihre Intention ist weder missionarisch noch auf die Konstruktion von Weltverbesserungstheoremen gerichtet. Die enge Beziehung zu den Äußerungen „der bewohnten Welt“ dient vielmehr der Anreicherung der autonomen Mittel der Malerei. Die wiedererkannten Zeichen sind der Angelhaken, der die Betrachterin und den Betrachter am Bild festhält. Sie sind das Medium, das uns erst loslässt, wenn wir uns auf den Diskurs der Malerin einlassen oder wenn wir ihn, aus Trägheit zumeist, verdrängen. So ist die Tatsächlichkeit in den Bildern nicht größer, aber auch nicht kleiner, als wir sie aus den Texten von Kafka kennen – um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen. Man erinnere sich, pars pro toto, an den Roman „Der Prozeß“. Undurchschaubar für den Angeschuldigten ist das Geschehen, das sich dort in einem rätselhaften Gebäude, bevölkert von marionettenartigen Wesen, abspielt. Das ist die Wolke, die, einem Inkubus gleich, bunt, heiter und zugleich, ihres Umfanges wegen, bedrohlich, über einer vagen, blassen menschlichen Siedlung schwebt. Etliche solcher Phantasma stehen der Malerin zur Verfügung um die wesentliche condition humaine nach dem Ende der sozialutopischen Träumereien und Kämpfe, ein Dutzend Jahre vorm prognostizierten Weltwettergau, im Klima einer ungebrochenen ökonomischen Raffsucht, in reine, von keiner Alltäglichkeit kontaminierte autonome Malerei zu verwandeln, die schmerzlich an l’art pour l’art grenzt. Die mehrfach wiederkehrende, teils nur im Ansatz sichtbare, teils das Bild brutal durchteilende „Schneise“ gehört dazu. Am stärksten zeigt sich die gnadenlose Heiterkeit Güdemanns auf den Sofa-Bildern. Hier nehmen die Bilder den Platz der Bildbetrachter ein, die jedes Bild von Wirklichkeit nur mehr in der Erscheinungsform seiner medialen Vermittlung wahrnehmen können. Wo Bilder Bilder betrachten ist die Welt ein sinnlos gewordener Ort geworden. Mag sein, daß Kafka unter eben dieser Vermutung litt. Seine Schwestern wurden ermordet.

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Cordula Güdemann
Inside out - "Kafkas Wolke"
Bilder und Zeichnungen
Eröffnung: 29.4.07