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Christof Zwieners fragile Fadenskulpturen besetzten Raum als Invasionen irritierender (Un)eindeutigkeit. Seine Arbeit „textum“ beschließt das diesjährige Jahresprogramm „Kann denn das wahr sein?“

Präzise vermisst Christof Zwiener Räume mit Garn, fügt die einzelnen Linien zu einem feinen Netz, das er in wiederum geschwärzte Strecken unterteilt. Aus den Gespinsten entwickeln sich beim Durchschreiten der Räume perspektivische Szenarien. Zeichnungen tauchen auf, verlieren sich wieder, verändern sich beständig. Ludwig Seyfahrt hat sie „als visuelle Bilder an der Grenze des Verschwindens“ beschrieben, als „Versuche, mentalen Imaginationen oder Prägungen, die man als Erinnerungsbilder bezeichnet, eine angemessene ephemere Anschaulichkeit zu verleihen.“

Tatsächlich arbeitet Christof Zwiener häufig mit Referenzen aus Kunst- und Zeitgeschichte. Die Arbeit „Starting at Zero“ im Bonner Kunstverein (2007) verwies beispielsweise auf „WTC Tapestry“, einem von Joan Miró 1974 als Auftragsarbeit gestalteten Wandteppich in der Eingangshalle des World Trade Centers. Zwieners Interesse galt in diesem Fall der Rekonstruktion von Verschwundenem, der aufflackernden Erinnerung an ein nicht mehr Fassbares, das gespenstisch zurückkehrte. Seine prekären Konstruktionen erscheinen als Erinnerungsfragmente, als eindringliches „Zwischenstadium“ auf der Kippe, als leises Verhallen eines erahnten Klangs. Die im Titel angestoßene Assoziationskette legt eine (falsche) Fährte, indem sie einen Anfangspunkt setzt. Denn er erscheint als Vexierbild eines konkreten topografischen Ortes, eines im Bewusstsein eingetragenen geschichtsträchtigen Terrains und dem Nullpunkt, als Ort der Auslöschung und des Neubeginns, an dem das Vergangene durchscheint.

Die für den Kunstverein entwickelte Arbeit „textum“ zielt auf ebendiese Verquickung von Bedeutungsebenen und reflektiert erneut die eigene künstlerische Praxis. Der Titel spielt mit der gemeinsamen Herkunft der Worte Textil und Text aus dem lat – textum, lat. Gewebe. Es sind die stofflichen wie sprachlichem Gewebe, die Zwieners Arbeit verstrickt. Stoffbahnen bilden den Hintergrund, die zweidimensionale Textur des Raumes. Ausgelöste Fäden verspannen sich davor zu dreidimensionalen Geweben, bilden neue räumliche Texturen aus, die sich mit den kulturellen Referenzen zu einem Textraum verweben, der sich beim Durchschreiten öffnen kann.

Christof Zwiener (*1972) hat von 1998 – 2004 an der HBK Braunschweig bei Prof. Raimund Kummer studiert. Einzelausstellungen im Bonner Kunstverein (2006/07) und in den Kunstvereinen Ulm (2005) und Ravensburg (2004), sowie zahlreiche Gruppenausstelllungen in Europa und Nordamerika. Zurzeit sind Arbeiten von Christof Zwiener auch in der Galerie Elly Brose-Eiermann und Sammlung Schürmann in Berlin zu sehen.

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Christof Zwiener
textum
Kurator: Ursula Schöndeling