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Eröffnung: Mittwoch, 14. September 2016, 19 Uhr

Wie werden Künstlerlegenden gemacht? Die Besucher der Ausstellung können dies selbst erfahren, denn inmitten großformatiger Kulissengemälde werden sie Teil der Inszenierung. Vor diesen Kulissen, die von Jankowski 2013 für das von Angela Richter am Schauspiel Köln inszenierte Stück „Kippenberger! – Ein Exzess des Moments” entworfen wurden, hat Christian Jankowski ein neues Filmprojekt produziert, das acht Stationen im Leben von Martin Kippenberger nachspielt. Jankowski hat den Stoff gemeinsam mit einem Team aus Drehbuchautoren und TV-Formatentwicklern aus Singapur gestaltet. Ihn faszinieren die Unschärfen geschichtlicher Rekonstruktion im Reenactment-Format zeitgenössischer History-Sendungen, hier noch reflektiert durch die Perspektive eines anderen Kulturkreises.

Einen medialen Zirkelschluss anderer Art vollzieht Jankowski in der Arbeit „Chinese Whispers – Neue Malerei (Van Gogh I-X)“ von 2015, bei der der Künstler im Internet gefundene Tableau-Vivant-Selfies von Van Gogh-Selbstporträts von chinesischen Kopisten im Original-Van Gogh-Format auf Leinwand übertragen ließ. Die Auseinandersetzung des Künstlergenies mit sich selbst erlebt eine mediale „Flüsterpost“. Losgelöst vom Original zeigen die zehn Arbeiten deutlich, wie sich in der medialen Welt Rollen und Verantwortungen verkehren: Ruhm und Genie sind global verhandelbare Leihware.

Hier knüpft Jankowski mit einem Video-„Werbe“-Clip in eigener Sache an: In der Aneignung einer Videoarbeit von Chris Burden (1976) fügt Jankowski der Aufzählung einer Reihe der bedeutendsten Künstlergenies von da Vinci bis Picasso in selbstironischer Brechung nicht nur seinen eigenen Namen hinzu, sondern auch noch den lakonischen Kommentar: „Und später mal ein anderer Schlucker“. Der Werbeclip wird während der Laufzeit der Ausstellung in Berliner Programmkinos geschaltet.

Der Bezug zur im Titel genannten „Baustelle“ erfüllt sich konzeptionell in der „Großen Geste“ an der Außenfassade des HaL. Die farbigen Schriftzüge aus Aluminium wurden von Jankowski im Kontext des Kunst-am-Bau-Wettbewerbs des – immer noch im Bau befindlichen – BER-Flughafens entwickelt. Sie beziehen sich auf Slogans aus einem umfangreichen Dossier einer vom Bauherrn beauftragten Agentur, in dem die Funktion der erwünschten Kunst unmissverständlich beschrieben war: „Ein wichtiger visueller und emotionaler Bezugspunkt“ wurde gesucht, „Die Kunst soll an dieser Stelle ein Zeichen setzen“. Jankowski zeigt die Beliebigkeit der Anforderungen für das Ortsspezifische der Installation und das Spielen mit Emotionen des „Transits“. Es wird zum Meta-Kunst-am-Bauprojekt, wenn er diese Arbeit für variable Orte und nicht nur für den neuen Flughafen verfügbar macht. Im HaL wird der Kunststandort Berlin zur Artweek thematisiert.

Diese Arbeiten verweisen auf die Zusammenhänge von geschichtlicher Konstruktion und der gesellschaftspolitischen Aneignung von Kunst: Die Legende des Künstlers und der öffentliche Raum erweisen sich als gesellschaftlicher Schauplatz von Projektionen, als „Baustelle“.

Kuratiert von Alexandra von Stosch und Marc Wellmann