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Der polnische Künstler Cezary Bodzianowski, der erst kürzlich mit dem renommierten polnischen Kunstpreis (Polityka) ausgezeichnet wurde, ist ein ungewöhnlicher Künstler, der ausserhalb Osteuropas noch wenig bekannt ist. Ein Grund dafür liegt in der Widerständigkeit, mit der sich seine künstlerische Arbeit den Erwartungen wie auch Vereinnahmungs- und Kategorisierungstendenzen einer international zunehmend an den Gesetzmäßigkeiten des Kunstmarktes orientierten Ausstellungspraxis verweigert.

Diese Verweigerung findet ihren Ausdruck nicht nur in seiner Wahl der performativen Intervention als bevorzugtes künstlerisches Medium. Der Flüchtigkeit des gewählten Mediums entspricht auch die Flüchtigkeit der Aktionen bzw. der Situationen, die er damit schafft. Manche seiner Interventionen bleiben völlig unbemerkt, andere haben zufällige Beobachter, selten richten sie sich an ein Publikum, das sie – vorab informiert – erwartet und in einen Kunstkontext bringen kann. Die Grundregeln der Performance gelten für Bodzianowskis Arbeit nicht. Er hat keine Bedenken wegen der Dauer, keine Angst vor langen Passagen, kümmert sich nicht um das Publikum oder um ein möglichst aufsehenerregendes Finale. Die zahllosen Aktionen laufen fast ausschließlich vom Kunstbetrieb unbeobachtet ab und eben auch unabhängig von ihm, gleichsam als Ausdruck einer täglichen künstlerischen Notwendigkeit. Ihnen gemeinsam ist die absichtliche Beschränkung auf einfachste Mittel, die auch das spontane Reagieren auf Vorgefundenes ermöglicht. In „Good Morning“ (Lodz, 1997) etwa, hat der Künstler den Fahrer eines Kranwagens, auf den er um 7 Uhr morgens bei einem Spaziergang gestoßen war, überredet, ihn im Krankorb zu den Fenstern im 5. Stock eines Sozialbaus emporzuheben. Er klopfte an die Fenster, weckte so die Bewohner, grüßte sie und empfahl seine morgendlichen Grüße an die anderen Mitbewohner.

Besondere Beispiele für die poetisch-subversiven Interventionen wie auch für seine Skepsis gegenüber gängigen Ausstellungspraktiken finden sich in Beiträgen zu Ausstellungen, zu denen er eingeladen wurde. So hat sein Ausstellungs-beitrag in einer Galerie in Lublin 1997 darin bestanden, die Angestellten zu überreden, sich während der Öffnungszeiten in der Galerie einschliessen zu lassen, die Computer und die Telefone auszustecken und ihre Arbeit einzustellen. Während-dessen unternahm der Künstler einen ausgedehnten Spaziergang durch die sonnigen Straßen von Lublin. Ein anderes Mal (‚Nattahnam’, Galeria Manhattan, 1996) bestand der Ausstellungsbeitrag des Künstlers darin, einen Tag in der Wohnung über der Galerie gemeinsam mit der dort lebenden Familie zu verbringen und sich bestmöglich in ihren Alltag einzufügen.

Gemeinsam ist den Interventionen Cezary Bodzianowskis die Überwindung von ‚natürlichen’ Sinnzusammenhängen, wie sie Gewohnheit und Routine zwingend vorgeben. Die Behauptung alternativer Lesarten von scheinbar Gesichertem birgt dabei in einer Gesellschaft, deren Selbstverständnis maßgeblich von der Eindeutigkeit und Zweifellosigkeit dessen getragen wird, worauf man sich allgemein als wahr geeinigt hat, subversives Potential in sich. Dieses subversive Potential wird zwar durch die große Poesie der Interventionen überlagert, schreibt sich aber dem kritischen Bewusstsein eben erst durch diese immanente poetische Bildhaftigkeit nachdrücklich und unauslöschlich ein.

Die meisten Interventionen und Aktionen Cezary Bodzianowskis hat seine Frau, die Fotografin Monika Chojnicka, mit einfachen Erinnerungsfotos dokumentiert. Als Teil der Ausstellung im Kunstverein wird erstmals eine Auswahl dieser Dokumentationen, die von großer poetischer und bildhafter Ausstrahlungskraft sind, zu sehen sein. Cezary Bodzianowski wird die Dokumentationen am Freitag, den 18.2. um 19.30 Uhr und am Samstag, den 19.2. um 18 Uhr in einer Performance kommentieren.

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Cezary Bodzianowski
Ein und Aus