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Cathy Wilkes, 1966 in Belfast geboren, studierte an der Glasgow School of Art und an der Ulster University in Belfast. 1989 war sie Mitbegründerin der Women’s Library in Glasgow; sie organisierte Ausstellungen und arbeitete im Künstlerkollektiv „Elisabeth Go“.

In raumgreifenden Installationen voller unterschwelliger Anspielungen arrangiert Cathy Wilkes gefundene Objekte mit kleinformatigen Gemälden und feinen geometrischen Gebilden aus Holz. Eine abgewetzte Gartenliege, wackelige Klapptische, ein ausgedienter Heizkörper sind die Protagonisten dieser Szenenbilder. Eine Patina aus Staub, Rost und Kratzern überzieht das Mobiliar und impliziert die Geschichte seines Gebrauchs.

Einzelne Buchstaben oder mit feinen Bleistiftlinien gezeichnete Worte tauchen wie fragmentierte Fundstücke als Teil eines Stillebens auf. Stilisierte Augen, Haare, Ohren und ein Mund haften auf der rosa-weissen Oberfläche eines Klapptisches. Darunter ist in zarten, ausgeblichenen Lettern der Schriftzug „Mister So and So“ zu lesen. Eine sentimentale Aura des Verflossenen und Vergessenen umgibt das Objekt, das die inneren Konflikte der Seele spiegelt.

Wilkes jüngste Werkgruppe besteht aus geometrischen Holzkonstruktionen, die an Silhouetten ruhender Figuren erinnern – an einen Mann mit einem schweren Penis oder einen Mann, der auf dem Fussboden ausgestreckt liegt. In dieser abstrakten Darstellungsweise thematisiert Cathy Wilkes gesellschaftliche Vorgänge. Sie verweist darauf, wie die einzelne Person innerhalb sozialer und politischer Prozesse zum Objekt gemacht wird und übersetzt diese Prozesse in eine Sprache von Materialien, Formen und Bildern. Die Installationen erscheinen spröde und unzugänglich, aber bei näherer Betrachtung zeigen sich mögliche Referenzen in den präzis gesetzten Arrangements: Gemälde wie “Value” oder “Devision of Labour” eröffnen einen zusätzlichen Aspekt. Sie beziehen sich auf das Ökonomieverständnis von Marx, nach dem sich soziale Identität durch ökonomischen Wert definiert. So lässt sich der Wert einer Person durch den Wert des Tausches und die Teilung der Arbeit beziffern. Wilkes interessiert, wie „Wert“ innerhalb zwischengeschlechtlicher und sozialer Beziehungen verhandelt wird und zu einem Teil der Objektivierung wird.

Ein zentraler Aspekt ihrer Arbeit ist das Portrait und die Infragestellung von Abbildungen der Realität. Welche Realität kann eine Installation abbilden, die aus einem Tablett und einer alten Matratze mit einem Holzkonstrukt, welches an eine darauf ruhende Person erinnert, besteht? Das Ensemble Photographed by Dorothea L ist eine Hommage an die amerikanische Fotografin Dorothea Lang. Zur Zeit der grossen Depression wurde sie vom Federal Arts Program beauftragt, die „USA“ fotografisch zu portraitieren. Zunächst als realistische, authentische Portraits gefeiert, wurden ihre Arbeiten später kritisiert eine Ikonografie zu schaffen, die ihren eigenen Gegenstand idealisiert.

Cathy Wilkes sucht den Prozess der Objektivierung und der Kommunikation, indem sie ein Formenrepertoire verwendet, das die Kunst der 20er und 30er Jahre anklingen lässt. Das Stilleben, das Portrait und Bilder aus der Dokumentarfotografie scheinen in Skulpturen übersetzt, ohne dabei die politischen, sozialen und ästhetischen Widersprüche zu vernachlässigen. Pressetext