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Die Ausstellung der kolumbianischen Künstlerin Catalina Pabón mit dem Titel „En el limbo“, was in etwa mit „in der Luft hängen“ oder auch „in der Schwebe“ übersetzt werden kann, zeigt in Pastell gefertigte Arbeiten auf Leinwand. Das Sujet Catalina Pabóns ist die Landschaft. Allerdings nicht die pittoresk schöne Ansicht eines Idylls mit lieblichen Details, sondern die zumeist schroffe, steinerne und nicht leicht zugängliche Landschaft. Und so steht man vor einem gewaltigen Felsmassiv, einem Gletscher und dem Eismeer, oder aber der Blick verliert sich in der Weite einer Steppe, dramatisch in Szene gesetzt durch einen extrem niedrigen Betrachterstandpunkt. Die Dramatik der Bilder wird gesteigert durch die überwiegend dunklen Farbtöne. Ausgehend von der zumeist in schwarz grundierten Leinwand sind es hoch pigmentierte Weiß und Grauwerte, die Akzente setzen und der Landschaft und ihren Eigentümlichkeiten Gestalt geben. Formen gewinnen auf einigen Bildern jedoch nur zögerlich Kontur, bleiben umrisshaft und vage und die Szenerie für den Betrachter dort kaum zu erkennen. Demnach sind es bei diesen Bildern Catalina Pabóns auch kein Landschaften mit einem Wiedererkennungswert, sondern vielmehr Archetypen und Vorstellungen von Landschaften. Sie bleiben in der Schwebe, Anmutungen, die letztlich mit der Erfahrung von konkreter Landschaft des Betrachters gefüllt werden. Entscheidend ist weniger der Rückbezug auf die konkrete Gestalt des Motivs als vielmehr die Vermittlung einer assoziativen und emotional subjektiven Stimmung. Auf anderen Bildern von Catalina Pabón, so wie dem eingangs erwähnten Felsmassiv oder der Gletscheransicht, ist das landschaftliche Motive deutlich herausgearbeitet. In frontaler Sicht aus einem ebenfalls niedrig gewählten Betrachterstandpunkt gesehen, türmt sich das schroffe Gestein in die Höhe. Und derart in Szene gesetzt, vermitteln sie anschaulich einen Eindruck von der Gefahr und Undurchdringlichkeit dieser Orte. Hier rührt Catalina Pabón an ein Gefühl, dass sich am besten mit dem Begriff des Erhabenen erklären lässt. Auch wenn die Wurzeln des Erhabenen als ästhetische Kategorie neben dem Schönen und Pittoresken bereits ins 18. Jahrhundert zurückreichen, so hat vieles von dem mit Blick auf die Bilder Catalina Pabóns augenscheinlich noch immer Gültigkeit. Es ist insbesondere die Gegenüberstellung des Naturschönen mit dem Erhabenen, letzteres in der sinnlichen Anschauung und mit den Worten Kants als „zweckwidrig für unsere Urteilskraft und gewalttätig für die Einbildungskraft“ erklärt. Und weiter heißt es bei Kant, liegt die Ursprung dieses disparaten Gefühls in der unruhigen Form der Objekte selbst, denen jegliche Proportion und innere Balance fehlt, stattdessen die Natur in ihrem Chaos, ihrer wildesten Unordnung und Verwüstung zeige. Von dem Erhabene gehe also eine Gefahr aus, könnte sie doch die Ordnung zum Kollaps bringen und dem Menschen seine Schwäche aufzeigen. Doch genau darin liegt der Reiz und die Pointe Kants, zugleich aus einer intellektuellen Distanz heraus sich als intelligibles Vernunft-Subjekt bewusst werden zu können. Erhaben ist also weniger die Natur selbst, als vielmehr die Effekte, die deren Größe und Macht beim Betrachter auszulösen vermag. Diese Überlegungen erleichtern bedingt den bildhaften Zugang zu Catalina Pabóns teils rätselhaften, teils gewaltigen Landschaftsdarstellungen, erklären aber zumindest ihren Reiz und neben ihrer Technik, eine weitere Besonderheit der Bilder: Einmal mehr ist es der Titel gebende Schwebezustand, der hier zum Tragen kommt, wenn der Betrachter zwischen der Perfektion der Darstellung und dem Sujet des Dargestellten hin und hergerissen und sich seiner beobachtenden und wertenden Rolle zwar bewusst, die nötige Distanz für einen wertfreien Blick dennoch nicht aufbringt. Hier unterscheiden sich die Arbeiten Catalina Pabóns von vielen Landschaftsdarstellung der Gegenwartskunst, die zumindest programmatisch zwischen der Anschauung und der Wahrnehmung von Landschaft unterscheiden, aber meist dennoch nur einem der beiden Ansätze bildhafte Gestalt verleihen. Und dieser Unterschied markiert die bemerkenswerte Einzigartigkeit der Kunst Catalina Pabóns.

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Catalina Pabon
En el limbo