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Surreal überdimensionierte, geteilte Pilze, ein Schwerelosigkeit simulierender Flotation-Tank, eine Uhr, die nur ausgewählte Zeitintervalle angibt, trauminduzierende Zahnpasta, und ein Bett, das auf eine Höhe von 3,5 Meter ausgefahren werden kann – all diese Arbeiten sind Teil von Carsten Höllers Ausstellung, um BesucherInnen eine andere Logik als die Alltägliche erfahren zu lassen. Aber um welchen Nutzen geht es, um welche Anwendbarkeit, wenn am Ende die neuen Regeln einer uns unbekannten Logik hauptsächlich Verwirrung zu stiften scheinen? Nur soviel scheint klar: Die von den BesucherInnen wahrnehmbaren Regeln beziehen sich auf die große Gemeinsamkeit des Am-Leben-Seins und auf das Wissen darum. Gleichzeitig bieten die als Werkzeuge gedachten Arbeiten die Möglichkeit, gerade alltägliche Aktivitäten (Schlafen, Baden) anders als gewöhnlich wahrzunehmen. Sie finden in einem Raum statt, welcher der utilitaristischen Logik nicht mehr zu obliegen scheint.

Das Aufzugbett (2010), zentrales Element in der Ausstellung, ist sowohl eine Einladung, ein Angebot als auch eine Installation. In Zusammenarbeit mit Sofitel Vienna Stephansdom kann es zu Nächtigungszwecken gebucht werden. Das Bett ist auf einer Plattform angebracht, auf verschiedene Höhen verstellbar (max. bis zu 3.5 Meter), und erlaubt es Gästen, über den anderen Werken emporragend in der Ausstellungshalle zu nächtigen. Vor dem Schlafengehen steht die trauminduzierende Zahncreme Insensatus Vol. 1 Fig. 1 zur Verfügung, die speziell von der Saint Charles Apotheke in Wien nach einer Rezeptur von Höller und dem Parfümeur Ben Gorham von Byredo zubereitet wurde.

Das Wasser im Hohen Psychotank beinhaltet eine hohe Konzentration an Bittersalz. BesucherInnen können entkleidet – Nacktheit ist Voraussetzung – in den Flotation-Tank eintauchen und Schwerelosigkeit sowie ein sensorisches Gleichgewicht erfahren. Die Ausstellung wird begleitet und strukturiert durch die Halbe Uhr, eine neu entstandene Arbeit, die als zweckmäßige Zeitanzeige funktioniert, jedoch durch Über- und Unterrepräsentation von Zeiteinheiten ein Gefühl von abwechselnd hastender und extrem verlangsamter Zeit erzeugt. Über den Köpfen der ZuschauerInnen pfeifen gesangstrainierte Dompfaffen in zwei miteinander verbundenen Volieren der Dompfaffenwaage eine Melodie, die sich in den Soundtrack der Ausstellung fügt.

Die neu entstandene Filminstallation Fara Fara zeigt Castings und Proben für einen musikalischen Clash zwischen zwei Stars der kongolesischen Musikszene. Die Arbeit führt die Themen der Doppelung und Gegenüberstellung ein. Doppelung und Spaltung sind ebenso Motive der Arbeit Vienna Twins. Zwei eineiige Zwillinge führen eine gänzlich lineare und gleichzeitig verwirrende, gesungene Unterhaltung über das Gleiche und sein Gegenteil.

Im Augarten Park wird das Moment der Teilung in den Giant Multiple Mushrooms aufgegriffen. Zwei überdimensionierte Pilze, einer im jungen und einer im erwachsenen Stadium, die aus vier geteilten Pilzkörpern zusammengesetzt sind, begründen ein surreales Moment.

Als Erweiterung der Ausstellung und besondere Dopplung wird die ikonische Arbeit Y (2003), ein mit einem scheinbar unendlich gespiegelten Lichterring ausgestatteter Laufsteg, in Zusammenarbeit mit dem Belvedere im Marmorsaal gezeigt. Y, aus der TBA21-Sammlung, bietet in der dortigen Ausstellungssituation eine Weichenstellung der individuellen Wahlmöglichkeit.