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Mit Ca­rol Ra­ma (*1918) rich­tet die Kunst­hal­le Düs­sel­dorf ei­ner der her­aus­ra­gen­den Künst­le­rin­nen ih­rer Ge­ne­ra­ti­on erst­mals ei­ne in­sti­tu­tio­nel­le Aus­stel­lung im Rhein­land aus. Das Werk der ita­lie­ni­schen Künst­le­rin, die 2003 den Gol­de­nen Lö­wen der Bi­en­na­le Ve­ne­dig für ihr Le­bens­werk er­hielt, ist von ra­di­ka­len Ta­bu­brü­chen ge­prägt. Die frei­zü­gi­gen Aqua­rel­le der 1930er Jah­re neh­men in der Aus­ein­an­der­set­zung mit Kör­per und Se­xua­li­tät The­men vor­weg, die für die Ak­ti­ons­kunst und Bo­dy Art der 1960er und 1970er Jah­re wich­tig wer­den. Ih­re fein­sin­ni­gen, oft iro­ni­schen Zeich­nun­gen, Col­la­gen, Ob­jekt­bil­der und Aqua­rel­le, die die Künst­le­rin his heu­te wei­ter­ent­wi­ckelt, sind glei­cher­ma­ßen an­stö­ßig und ele­gant, re­bel­lisch und ver­spon­nen. Per­sön­li­che Er­in­ne­rung und frü­he fa­mi­liä­re Be­las­tun­gen, se­xu­el­le Vor­stel­lun­gen und fe­ti­schi­sier­te Ge­brauchs­ge­gen­stän­de al­ler Art, My­then und ver­schmel­zen bei Ca­rol Ra­ma zu ei­nem ei­ge­nen Kos­mos, der Strö­mun­gen der Nach­kriegs­mo­der­ne spie­gelt, da­bei aber sei­ne star­ke Ei­gen­wil­lig­keit be­wahrt.

Die Aus­stel­lung ver­steht sich als Ein­zel­prä­sen­ta­ti­on, die je­doch the­ma­tisch an die Re­tro­spek­ti­ve des tür­ki­schen Künst­lers Yüksel Ars­lan (*1933) an­schließt, die par­al­lel in der Kunst­hal­le Düs­sel­dorf ge­zeigt wird. Ge­plant ist au­ßer­dem ei­ne Prä­sen­ta­ti­on ei­ner Aus­wahl von frü­hen Zeich­nun­gen des mon­te­ne­gri­ni­schen Künst­lers Da­do (1933-2010). So ei­gen­wil­lig die drei Po­si­tio­nen sind und so un­ter­schied­lich ih­re Spra­che, gibt es in ih­ren The­men und Bild­wel­ten Über­schnei­dun­gen, die ei­ne Prä­sen­ta­ti­on in ei­nem ge­mein­sa­men Kon­text loh­nend er­schei­nen las­sen: das Ob­ses­si­ve und Ab­grün­di­ge, Mo­ti­ve von Traum, Spiel, Se­xua­li­tät, Ge­walt und Zer­stü­cke­lung, der Kör­per als Frag­ment und Fe­tisch.

Ca­rol Ra­ma be­nutzt Bil­der „ge­leb­ter“ Ob­jek­te und frag­men­tier­ter Kör­per­tei­le, Schu­he, Ra­sier­pin­sel, Ge­bis­se, Zun­gen, Au­gen, die sie zu neu­en, oft ver­rät­sel­ten Bil­dern zu­sam­men­stellt. Fe­ti­schis­ti­sche Se­xua­li­tät, ab­grün­di­ge Fan­ta­si­en und Ängs­te, De­for­ma­tio­nen und Mu­ta­tio­nen des Kör­pers trans­for­miert sie in ei­ne selt­sa­me Poe­sie, die in ih­rer Mi­schung aus Nai­vi­tät und Frech­heit oh­ne Vor­bild ist und das sur­rea­lis­ti­sche oder da­da­is­ti­sche Zi­tat über­win­det. An­fang der Sieb­zi­ger­jah­re ent­deckt sie Gum­mi für sich als neu­es Ar­beits­ma­te­ri­al. Al­te Fahr­rad­rei­fen be­kom­men durch ih­re Ab­nut­zungs­er­schei­nun­gen ma­le­ri­sche Qua­li­tä­ten, er­zäh­len als au­then­ti­sche Bruch­stü­cke ih­re ei­ge­ne Ge­schich­te. Die ent­ste­hen­den Col­la­gen und Skulp­tu­ren sind der Ma­te­ri­al­sen­si­bi­li­tät der Ar­te Po­vera na­he, er­in­nern in der Col­la­ge von All­täg­li­chem an neo­da­da­is­ti­sche oder neo­rea­lis­ti­sche Ten­den­zen und in der ero­ti­schen Auf­la­dung der her­vor­ste­hen­den Ven­ti­le an sur­rea­lis­ti­sche Poe­tik. Seit An­fang der Neun­zi­ger­jah­re be­nutzt Ca­rol Ra­ma als Bild­trä­ger al­te Land­kar­ten oder Kon­struk­ti­ons­zeich­nun­gen, de­ren Struk­tu­ren sie im Rück­griff auf frü­he Bild­fin­dun­gen ih­re ei­ge­nen Bil­der ent­ge­gen­setzt.

Zur Aus­stel­lung er­scheint ein Ka­ta­log.

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Carol Rama
Böse Zungen
Kuratorin: Magdalena Holzhey