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Unser Blick ist immer fragmentarisch in seinen Ausschnitten und Abschattungen, sogar jeder wahrgenommene Gegenstand steht in einer Beziehung sowohl zum Sichtbaren wie zum Unsichtbaren. Seine Oberfläche ist zugleich die Grenze zum Unsichtbaren, das an ihm haftet bzw. zum Nichts, das an ihn grenzt. Beobachten können wir immer nur Oberflächen. Was hinter ihnen liegt, können wir uns nur vorstellen, denken oder wissen, aber nicht sehen. Wir vervollständigen dies durch Imagination und versuchen das Abwesende, das Dunkle, das Fremde zu vertreiben, also letztlich die Angst vor der Unbeobachtbarkeit des Abwesenden. Doch genau an dieser Stelle, in unserer Imagination, lauert das Begehren. Das Objekt des Begehrens, welches Jacques Lacan Objekt klein a bezeichnete, ist aber wesenhaft unerreichbar. Es handelt sich dabei eigentlich um unsere eigene Leerstelle, einen Mangel, den man aufzufüllen versucht.

Die Leerstelle ist also aus künstlerischer Sicht etwas Wunderbares - nutzt man sie gezielt in der eigenen Arbeit, wird sie durch eine sehr subjektive, emotionale Weise durch den Betrachter aufgefüllt.

So möchte Carina Linge bei ihrem Arbeitsvorhaben mit dem Arbeitstitel Über das Begehren ganz gezielt mit diesen Leerstellen arbeiten. Durch Brüche, durch simulierte Präsenz, von etwas, dass nicht mehr vorhanden ist, aber auch durch ein Symbolsystem, welches auf nicht Anwesendes Bezug nimmt, sollen subjektive Vorstellungen des Betrachters provoziert werden. Sie erweitern den Bereich des Sichtbaren um den Bereich der Imagination wie auch der kognitiven Phantasie. Inhaltlich beziehen sich die gezielt gesetzten Leerstellen in den geplanten Arbeiten auf die vorhandenen Leerstellen in unserer modernen Gesellschaft mit ihren Möglichkeiten zur individuellen Wahlbiographie. Dabei bezieht sie sich auf eine Fragestellung, die sie auch schon in ihrer Werkgruppe „Einsamer Eros“ gestellt hatte: Warum das Begehren nach erfüllter Zweisamkeit oft unerfüllt bleibt? So möchte sie den Betrachter mit den Leerstellen und dem damit verbundenen Gefühl des Verlustes konfrontieren.

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Carina Linge
Über das Begehren
Kuratoren: Monique Förster, Dirk Teschner