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In der Beschaffenheit des Lagers lassen sich Mechanismen erkennen, die grundlegend für das 20. Jahrhundert gewesen sind. Lager grenzen Räume ab, in denen die normale Ordnung aufgehoben ist und der moderne Traum einer totalen Ordnung und Herrschaft sich verwirklicht hat.

Die Ausstellung CAMP, kuratiert von Susana Sáez, vereint fünf künstlerische Arbeiten, die die Willkür von Lagerstrukturen reflektieren. Während Yaron Leshem (ISR, 1972), Sarah Schönfeld (DE, 1979) und Jan Wenzel (DE, 1972) im internationalen Ausstellungsbetrieb noch weniger vertreten waren, sind Artur mijewski (PL, 1966) und León Ferrari (AR, *1920) von Großausstellungen wie die documenta oder die Biennale von Venedig bekannte Größen.

Yaron Leshem zeigt in einem großformatigen Leuchtkasten eine Landschaft mit einer Dorfattrappe im israelischen Gebirge. Das Dorf wurde von der israelischen Armee als Trainingslager errichtet, um Soldaten auf den Kampf in palästinensischen Dörfern vorzubereiten. Die Collage aus fünfzig digitalen Fotografien veranschaulicht, wie Feindbilder in Lagern simuliert und eintrainiert werden. Wie sieht das Dorf des Feindes aus? Wie geht man mit der Gefahr um, die von seinen Einwohnern ausgeht? Die Blaupausen von León Ferrari geben eine Idee von der Zwanghaftigkeit und dem Wahnsinn, die sich hinter einer gesteigerten Ordnung verbergen. Mit unzähligen kleinen schematisierten Figuren und Objekten befragt der Künstler das Absurde und die Gewalt in automatisierten, politischen oder religiösen Systemen. Die Serie entstand Anfang der achtziger Jahre, als Ferrari im brasilianischen Exil vor der argentinischen Diktatur war, unter der zahlreiche Regimegegner in Lagern gefoltert und in den Tod getrieben wurden.

Die Fotoarbeiten von Sarah Schönfeld sind in der Gegend von Kolyma im sibirischen Bergland entstanden, die von Stalin mit Abertausenden von Zwangsarbeitern besiedelt wurde. Schönfeld benutzt gefundene Filmrollen und eigene Fotografien, um eine Narrationsform für die Geschichte des Ortes zu finden. Die formalen Bezüge, die sich zwischen dem Filmmaterial und den Fotografien auftun, lassen einen Sprachraum für die über die ganze Sowjetunion verteilten Lager entstehen, der darauf hindeutet, das mehr geschehen ist als das, was wir historisch vermittelt bekommen. Lager erzählen viel über die Gesellschaften, die sie hervorbringen und tolerieren. Die Schwelle, an der ein Ordnungssystem in eine Maschinerie der Repression kippt, ist für Beteiligte und Außenstehende oft nicht leicht zu erkennen. Strukturen, welche die Systematisierung der Lager im 20. Jahrhundert ermöglicht haben, existieren bis heute fort.

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CAMP
Kurator: Susana Saez

Künstler: Yaron Leshem, Sarah Schönfeld, Jan Wenzel, Artur Zmijewski, Leon Ferrari