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Vom 26. August bis 15. Oktober 2006 präsentiert das Deutsche Guggenheim mit Cai Guo-Qiang: Head On, Sammlung Deutsche Bank, die erste museale Ausstellung des international renommiertesten chinesischen Vertreters zeitgenössischer Kunst in Deutschland. Speziell für diese Schau entwickelt, entstand ein dreiteiliger Werkkomplex, der die Hauptaspekte des Oeuvres Cais in ihrer Vielfältigkeit widerspiegelt und gleichzeitig thematisch in Bezug zur Geschichte und Gegenwart Berlins steht.

Anlässlich seines ersten Aufenthaltes in der Hauptstadt im Oktober 2005 besuchte Cai Guo-Qiang u.a. Checkpoint Charlie, das sowjetische Ehrenmal und die Gedenkstätte Topographie des Terrors. Eine Besichtigung der Überreste der Berliner Mauer sowie verschiedener Museen waren weitere Programmpunkte. Angeregt von der Allgegenwärtigkeit deutscher Geschichte entstanden erste Skizzen zur Ausstellung. Aus diesen Ideen entwickelte sich ein Konzept, das sowohl die unterschiedlichen Medien, mit denen Cai arbeitet, vorstellt, als auch inhaltlich deutlich auf die Stadt und formal auf den Ausstellungsraum bezogen ist. Es gliedert sich in die titelgebende Installation Head On - bestehend aus einem die Halle durchjagenden Rudel von 99 Wölfen -, die großformatige Schießpulver-Zeichnung Vortex und das Video Illusion II.

Bereits im Januar 2006 startet die Produktion der Wölfe in Quanzhou. Die dortige chinesische Manufaktur ist darauf spezialisiert, Tiere täuschend echt und lebensgroß herzustellen. Als Bewegungsstudien entstehen zunächst kleine Tonmodelle, aus denen Cai Guo-Qiang später die ausstellungsbegleitende Edition entwickelt. Die nach diesen Vorlagen und Zeichnungen geformten, verblüffend real und lebendig wirkenden Wölfe der Installation haben tatsächlich jedoch nichts Wölfisches an sich: Sie tragen gefärbte Schafspelze, bestehen innen aus Stroh und Metalldrähten, Kunststoff gibt ihren Gesichtern Kontur.

Nicht in China, sondern mitten in Berlin - auf dem leer stehenden Brachland an der Stresemann-/ Ecke Möckernstraße - wird das Video Illusion II produziert. Das von Bürogebäuden und Berliner Wohnzeilen umgebene Gelände ist eigentlich ein ziemlich typischer Leerraum, würde dort nicht im Hintergrund die Ruinenfassade des ehemaligen Anhalter Bahnhofs als Zeichen der Geschichte aufragen. Cai Guo-Qiang ist fasziniert von diesem Detail, passt es doch hervorragend zum Inhalt von Illusion II, einer Reflektion – so Cai – „über die widersprüchlichen Kräfte von Gewalt und Schönheit“, über „Zerstörung, Ruhm und Heldentum“ in der Historie Berlins. Nach den Vorgaben des Künstlers errichtet ein Team der Filmstudios in Babelsberg ein kleines, typisch deutsch wirkendes Haus auf der 30.000 qm umfassenden Fläche. Am 11. Juli findet schließlich die Produktion des Videos statt. Das Haus wird gefüllt mit Feuerwerkskörpern und Raketen unterschiedlichster Art und Wirkung. Pünktlich um 21.30 Uhr gibt Cai Guo-Qiang das Startsignal und vor der untergehenden Sonne am Berliner Abendhimmel entwickelt sich über 20 Minuten ein großartiges Schauspiel, festgehalten für Video und Katalog von mehr als 15 Kameras.

Als drittes Werk für die Ausstellung entsteht die Schießpulver-Zeichnung Vortex Mitte August im Innenhof der Deutschen Bank. Der Bildträger ist auf den Boden ausgebreitetes Japanpapier. Die Motive entstehen aus Schmauch- und Brandspuren durch das Auflegen von abdeckenden Schablonen und das Aufbringen von verschiedener Sorten Schießpulver. Mit einer Zündschnur entflammt der Künstler in Sekunden das gesamte Pulver, und das Bild verschwindet zunächst unter einer großen Rauchwolke. Nach dem Abnehmen der Steine und der durch sie fixierten Schablonen wird dann erstmals das neue Werk sichtbar, entstanden durch Planung und Zufall zugleich: Vortex zeigt Hunderte von Wölfen, die mit ihren Körpern einen riesigen Wirbel formen, in den sie hineingezogen werden.

Cai Guo-Qiang wurde 1957 in der Stadt Quanzhou, Provinz Fujian, geboren. Die Arbeiten des in New York lebenden Künstlers wurden in den vergangenen Jahren in zahlreichen internationalen Museen u.a. im MASS MoCA, in der Tate Modern, im Centre Pompidou und im Metropolitan Museum präsentiert. 1999 gewann Cai Guo-Qiang mit seiner Arbeit Venice’s Rent Collection Courtyard den Goldenen Löwen der 48. Biennale von Venedig. Im vergangenen Jahr kuratierte er in Venedig den chinesischen Pavillon, der erstmals präsentiert wurde. Eine große Retrospektive des Künstlers im New Yorker Guggenheim Museum und im Pekinger Nationalmuseum ist für 2008 geplant.

Anlässlich der aktuellen Ausstellung erscheint in einem Design von Sagmeister Inc. zum 1. Oktober ein zweiteiliger Katalog in Deutsch oder Englisch mit Texten von Dan Cameron, Ariane Grigoteit, Friedhelm Hütte, Nicholas Mirzoeff sowie Zhu Qingsheng.

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