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Die beiden in der Ausstellung vertretenen Künstler, Brígida Baltar (1959 in Rio de Janeiro, lebt in Rio de Janeiro) und Michel Blazy (1966 in Monaco, lebt in Paris), kannten sich vor den Vorbereitungen weder persönlich noch über ihre Arbeiten. Ihre konzeptuellen Positionen treffen sich an manchen Schnittstellen und finden dennoch die unterschiedlichsten Formulierungen. Die Ausstellung versteht sich einerseits als Mittel, die beiden Positionen vorzustellen und andererseits, die in ihnen aufgeworfenen Fragestellungen zu thematisieren.

Den gemeinsamen Ausgangspunkt all seiner Arbeiten hat Michel Blazy einst mit ‹Tout simple, le super-marché› umschrieben. Tatsächlich stammt die Mehrzahl der von ihm verwendeten ‹Materialien› aus Bau-, Agrikultur- oder Supermärkten. Die für die Ausstellung zusammengestellte Materialienliste liest sich wie jene einer Koch- bzw. Handwerkerinstallationsanleitung: Reismehl, Kartoffelflocken, Lebensmittelfarbe, Baumwolle, Bewässerungsschläuche, Bewässerungsprogrammierer, Nylonfäden und Kochutensilien — um einige zu nennen. Blazys Ausstellungsbeitrag im Kunsthaus steht unter dem Titel ‹Instant Mashed Potatoïd›, welcher sowohl auf die Fast-Food-Küche und deren Herstellung von Kartoffelpüree anspielt, als auch auf die französische Bezeichnung ‹Patatoïd›, welche undefinierbare Formen umschreibt. ‹Instant› als zeitliche Komponente für etwas schnell und augenblicklich Eintretendes ist mit der Materialbeschreibung ‹Mashed Potatoïd›, also Kartoffelpüree, gekoppelt. Dieser Hinweis erklärt, was vordergründig in der Ausstellung geschieht: Von der Decke tropft in regelmässigen Zeitabständen Wasser auf Felder bestehend aus Kartoffelflocken. Den ‹Champs de pommes de terre› sind Lebensmittelfarben untergemischt, weshalb die Wasserstellen mit der Zeit verschiedene Färbungen und durch die Kapillarwirkung der Kartoffelflocken verschiedene ornamentale Formen bilden. Ein weiterer Ort, an dem die Kapillarwirkung zur Anwendung kommt, sind die Zeichnungen des Künstlers. Austauschprozesse zwischen dem Kern eines Filzstiftes und einem Blatt Papier, gekoppelt mit Wasser, definieren über einen längeren Zeitraum die verschiedenen Stadien. Die Zeichnungen repräsentieren verdichtete Orte für Prozesse. Eine dritte Kapillarstation errichtet der Künstler im Kunsthaus auf der Galerie und lädt den Rezipienten ein, sich ein Glas Orangensaft zu pressen und diesen zu konsumieren. Der ‹Feuchtigkeit aufnehmende› Konsument ist angehalten, die halbierten Orangen, wie vorgegeben, übereinander gestapelt ihren weiteren natürlichen Aktivitäten zu überlassen. Des Künstlers Interesse gilt den täglich fortschreitenden Prozessen der organischen Gebilde. Nicht nur gestalten die dabei auftretenden Vorgänge die Formen, Strukturen, Oberflächen und Volumen der Skulpturen oder Wandmalereien, sie gewähren auch Einblicke in die Abläufe mikrokosmischer Welten. Die auftretende Geruchsentwicklung ist ebenso genuiner Bestandteil der Prozesse. Während organische Gerüche, wie jene in Blazys Installationen auf dem Land als ‹gesunde Landluft› interpretiert werden, ist ihre Wahrnehmung in einem Ausstellungshaus wesentlich gewagter. Der geübte Ausstellungsbesucher ist gewohnt, saubere und ‹schöne› Ausstellungen vorzufinden, eine Geruchskomponente mutet ungewohnt an. Interessanterweise rufen Gerüche im Ausstellungsbetrieb mitunter Angstgefühle hervor und nicht selten taucht die Frage auf, ob denn die Pilzentwicklungen gesundheitsschädlich seien. Dabei wird ausser Acht gelassen, dass Schimmelpilze Ausgangspunkt für die Penicillinentwicklung sind und diverse Pilzarten auch Eingang in Käsesorten finden. Die ästhetischen und dekorativen Züge der Installationen stehen im Gegensatz zu ihren Geruchsentwicklungen; eine Tatsache, welche Blazys Arbeiten eindeutig mitthematisieren. Hinzu kommt der ‹Pflegeaspekt› in den Installationen des Künstlers: Der Ursprung für die Bezeichnung Kurator entspringt dem lateinische Wort ‹curare› (pflegen) und nur selten tritt diese Tätigkeit auf die kuratorische Arbeit derart wörtlichen zu, denn das Wachstum der Installtionen will gepflegt, gegossen und betreut werden.

Brígida Baltar begann im Jahre 1996 mit dem Sammeln von Dingen — eigentlich müsste man sagen mit dem Sammeln von Materien — die gar nicht gesammelt werden können, wie beispielsweise Luft, Nebel und Meeresbriesen. Einer der faszinierenden Momente an diesem, aus einem persönlich existentiellen Impuls heraus generierten, künstlerischen Konzept liegt im Versuch, das Unfassbare fassbar zu machen. Der Ansatzpunkt trifft sich generell mit Wunschvorstellungen und Sehnsüchten der RezipientInnen, wobei eine geistige Schleuse geöffnet wird, die sich mit der individuellen Einbildungskraft koppelt. Das geistige ‹Auftun›, das ‹sich Öffnen› ist ein Bestandteil der Sammelaktivitäten, welche die Künstlerin grösstenteils alleine und mit speziell dafür produzierten Glasgefässen und einem für diese geschaffenen Rucksack aus Luftblasenfolie durchführt. ‹By exploring the borderline of materiality and immateriality, she creates a dialog between the transparent and opaque, between the wide horizons of an indefinite landscape and her own delicate, small body movements within it›, schreibt Ania Corcilius. Die intimen performativen Momente hält die Künstlerin mittels Fotografien und Videos fest. Sie sind die einzigen Spuren jener Augenblicke, die von einer besonders existentiell empfundenen Gegenwart zeugen.

Der französische Philosoph Gaston Bachelard definiert in seinem Buch ‹Poetik des Raumes› die Unermesslichkeit als eine philosophische Kategorie der Träumerei. ‹Zweifellos nährt sich die Träumerei von verschiedenartigen Szenerien, aber sie hat gewissermassen eine angeborene Neigung für das Betrachten von Grösse›, schreibt er, und fügt ein paar Zeilen weiter hinzu, dass die Erfahrung von Grösse nicht nur durch die Erinnerung ermöglicht wird, sondern auch durch die Einbildungskraft. «Kann die Einbildungskraft nicht allein aus sich selbst die Bilder der Unermesslichkeit ohne Grenzen vergrössern? Ist die Einbildungskraft nicht schon bei der ersten Betrachtung tätig? Die Träumerei ist ein Zustand, der vom ersten Augenblick an vollständig hergestellt ist. Man sieht kaum, wo sie anfängt, und doch beginnt sie immer auf die gleiche Weise. Sie flieht das nahe Objekt, und sogleich ist sie weit weg, anderswo, in dem Raum des Anderswo. Wenn dieses Anderswo natürlich ist, wenn es nicht in den Häusern der Vergangenheit wohnt, dann ist es unermesslich.»

Wenn Michel Blazy meint, dass er sich beim Filmen der Prozessabläufe seiner organischen Biotope ‹wie beim Beobachten eines Löwen fühlt›, so deutet er damit einerseits die psychologische Verdichtung des Kleinen an, welches wie bei ‹Alice im Wunderland› eine Umkehrung erfahren und ungeahnte Grösse annehmen kann, andererseits erinnert seine Feststellung an die philosophischen Debatten um das Erhabene. Empfindungen, wie das sich klein und vergänglich Fühlen gegenüber den Vorgängen der grossen, unbezwingbaren Natur, kennzeichnen den Grundtenor jener Debatten. So wie über das Erhabene aus der sicheren Distanz zum realen Geschehen philosophiert wurde, hat auch der Künstler mit der Kamera noch einen Sicherheitsabstand zum ‹gefährlichen Raubtier›. Wenn Brígida Baltar bei ihren Exkursionen versucht, die mit Tau gefüllte Morgenluft einzufangen oder mitten im Nebelbecken ein Stück davon ins Glasgefäss zu bringen, so ist ihr Blick dabei jedes Mal auf ein unendliches Ganzes gerichtet, aus dem sie einen kleinen Ausschnitt herauszugreifen versucht. Dieser hat das Potential, sich psychologisch so zu verdichten, dass er dabei eine ungeahnte Grösse einnimmt. Das konzeptionelle und geistige ‹Zoomen› von gross auf klein und wieder zurück, durchzieht die Arbeiten beider Künstler ohne dabei inhaltlich aufdringlich zu werden. Ihre Arbeiten bieten eine Art Angebot, eine Faszination des Alltäglichen zu teilen, der wir kaum mehr gewahr werden und die zu respektieren wir verlernt haben.

Ein weiterer Schnittpunkt zwischen den beiden künstlerischen Positionen ist die Dimension von Zeit. Bei den Sammelaktionen von Brígida Baltar setzt sich der aktuelle Moment gegenüber dem Empfinden von Vergangenheit oder Zukunft gänzlich durch — ‹you can only feel the instant› — wie sie es beschreibt. Die Fotografien und Videos bezeugen Vergangenes, einst momenthaft Empfundenes, während die Zeichnungen eine Art Antizipation des potentiell Kommenden in all seinen möglichen Formen beinhalten. Die Werke von Michel Blazy beanspruchen im Gegensatz zu Baltars linearer Zeitlesung eine zyklische Zeitauffassung, in der sich Gegenwärtiges, Vergangenes und Zukünftiges stärker vermengen. Viele der organischen Kompositionen, die nach Ausstellungsende normalerweise an den jeweiligen Entsorgungsplätzen landen, transformieren sich dort weiter und können nach einer Phase der Inaktivität reaktiviert werden. Anfang und Ende von Michel Blazys Skulpturenprozesse verwischen. Der traditionelle Werkbegriff im Sinne von etwas Fertigem widerstrebt dem Künstler, der den Dingen ihr eigenes Leben in seinen für sie geschaffenen animierenden Strukturen sichern will. Blazys Skulpturen- und Malereiprozesse sind ephemer und fragil. Ihre Fragilität entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als eine, die aus der Koexistenz mit den Menschen resultiert; in sich selbst tragen die Skulpturen eine unendliche Monumentalität und Stabilität. Richtigerweise bezeichnet Blazy die Fragilität daher als ‹une réalité qui peut arriver aux choses les plus fortes.› Auch wenn die Skulpturen leicht zerstörbar scheinen, ist ihre Dauerhaftigkeit der menschlichen Lebenserwartung überlegen. ‹Mucor›-Schimmelpilze beispielsweise können mehr als 25 Millionen Jahre alt werden. In einer Art ‹Warteschleife› scheinen sie inaktiv zu verharren, bis für sie ideale Lebensbedingungen auftreten und sie erneut aktiv werden. Der traditionelle Anspruch an die Skulptur — ihre Haltbarkeit — wird unter diesem Aspekt auch in manchen von Blazys Werken berücksichtigt. Dennoch sind sie in ihrer aktiven Form für die traditionelle Kunstsammlung ungeeignet. Die den Skulpturen und Malereien zugrunde liegende ‹mode d’emploi›, ihre Gebrauchsanweisung, schafft Abhilfe. Die Grösse des Werks, die Multiplizierbarkeit, die Umgebung und die Zeit, welche dem Werk gewidmet werden können, sind lose Komponenten, die je nach Interpret neu bestimmt werden. ‹Être à l’interieur d’une chose›, so beschreibt der Künstler die Beziehung zwischen den ‹Organismen› und den mit ihnen in Beziehung Tretenden. Das Nicht-Definitive, das Zulassen von Prozessen, welche sich aus dem gewählten Material selbst ergeben und das sich selbst Anpassen an ungeahnte Materialaktivitäten, sind dabei essentielle Rahmenbedingungen für das Zustandekommen von Blazys Werken. Während bei Blazy die ‹mode d’emploi› als Konservierungsform gilt, übernimmt diese Funktion bei Baltar die Sammlungsaktion selbst. Das Sammeln kennzeichnet eine, wie dies Hans-Christian Dany n bezeichnet hat, ‹Form des Überlebenstriebes, den Versuch, vergehende Zeit festzuhalten›.

Beide Künstler konstatieren für ihre Werke auch einen Bezug zum Fiktiven und zur science-fiction. Die Kleider, welche Brígida Baltar speziell für ihre Aktionen fertigt und die Gläser, die nach ihren Angaben produziert werden sind von einer überirdisch wirkenden Erscheinung geprägt. In den Zeichnungen werden diese Momente manchmal auf die Spitze getrieben und die vegetabile Umgebung verschmilzt mit der Figur in einer direkten Austauschsituation; Mensch und Natur gehen ineinander über und tauschen Luft oder Sauerstoff aus. ‹As if I were a super-heroin that can use her magic powers to seize the invisible world,› schreibt die Künstlerin und unterstreicht damit eine Art ‹Schlupfloch-Situation›, die das Aufbrechen in eine Fantasiewelt zulässt. Auch Blazy empfindet das Eigenleben der Materien wie einen Ausschnitt aus einer Welt der science-fiction. Eine als sicher empfundene Situation kann in seinen Materialagglomerationen schnell in eine unbekannte umschlagen. Das Material ‹organisiert sich›, wie er sagt, und kreiert eine ‹zweite Natur›. Relativierend meint er auch, dass seine Biotope eine kleinformatige, fiktive Übernahme der Mikroorganismen über das Weltgeschehen andeuten; so als ob die Mikroben die Überreste der menschlichen Existenz verwerteten.

Baltars physischer Dialog zwischen dem Transparenten und Opaken und das damit zusammenhängende Erleben und Sich-Selbst-Erleben steht dem Prozesserleben von Blazy gegenüber. Die Werke beider Künstler sind von einem ephemeren Charakter, einer poetischen Kraft und einer damit verbundenen, existentiellen Tiefe geprägt. Auf die Frage, ob die Sammlung von Nebel tatsächlich stattfand, antwortete Baltar ‹When I made the glass objects for collecting I thought of birds and all the small animals which live in the woods and that feed on humidity. What happened was a surprise to me. The fun and organic shapes I constructed made a real collection possible – the glasses became totally hazy. I could be there in the woods absorbing or breathing what was being grasped. It was like bringing the morning into the recipient. So the collections took place simultaneously in a physical and symbolic sense.› Es scheint also, dass manchmal das Unfassbare doch fassbar ist und uns somit ein Stückchen näher gerückt ist.

Brígida Baltar begann im Jahre 1996 mit dem Sammeln von Dingen — eigentlich müsste man sagen mit dem Sammeln von Materien — die gar nicht gesammelt werden können, wie beispielsweise Luft, Nebel und Meeresbriesen. Einer der faszinierenden Momente an diesem, aus einem persönlich existentiellen Impuls heraus generierten, künstlerischen Konzept liegt im Versuch, das Unfassbare fassbar zu machen. Der Ansatzpunkt trifft sich generell mit Wunschvorstellungen und Sehnsüchten der RezipientInnen, wobei eine geistige Schleuse geöffnet wird, die sich mit der individuellen Einbildungskraft koppelt. Das geistige ‹Auftun›, das ‹sich Öffnen› ist ein Bestandteil der Sammelaktivitäten, welche die Künstlerin grösstenteils alleine und mit speziell dafür produzierten Glasgefässen und einem für diese geschaffenen Rucksack aus Luftblasenfolie durchführt. ‹By exploring the borderline of materiality and immateriality, she creates a dialog between the transparent and opaque, between the wide horizons of an indefinite landscape and her own delicate, small body movements within it›, schreibt Ania Corcilius. Die intimen performativen Momente hält die Künstlerin mittels Fotografien und Videos fest. Sie sind die einzigen Spuren jener Augenblicke, die von einer besonders existentiell empfundenen Gegenwart zeugen. Den gemeinsamen Ausgangspunkt all seiner Arbeiten hat Michel Blazy einst mit ‹Tout simple, le super-marché› umschrieben. Tatsächlich stammt die Mehrzahl der von ihm verwendeten ‹Materialien› aus Bau-, Agrikultur- oder Supermärkten. Die für die Ausstellung zusammengestellte Materialienliste liest sich wie jene einer Koch- bzw. Handwerkerinstallationsanleitung: Reismehl, Kartoffelflocken, Lebensmittelfarbe, Baumwolle, Bewässerungsschläuche, Bewässerungsprogrammierer, Nylonfäden und Kochutensilien — um einige zu nennen. Blazys Ausstellungsbeitrag im Kunsthaus steht unter dem Titel ‹Instant Mashed Potatoïd›, welcher sowohl auf die Fast-Food-Küche und deren Herstellung von Kartoffelpüree anspielt, als auch auf die französische Bezeichnung ‹Patatoïd›, welche undefinierbare Formen umschreibt. ‹Instant› als zeitliche Komponente für etwas schnell und augenblicklich Eintretendes ist mit der Materialbeschreibung ‹Mashed Potatoïd›, also Kartoffelpüree, gekoppelt. Dieser Hinweis erklärt, was vordergründig in der Ausstellung geschieht: Von der Decke tropft in regelmässigen Zeitabständen Wasser auf Felder bestehend aus Kartoffelflocken. Den ‹Champs de pommes de terre› sind Lebensmittelfarben untergemischt, weshalb die Wasserstellen mit der Zeit verschiedene Färbungen und durch die Kapillarwirkung der Kartoffelflocken verschiedene ornamentale Formen bilden. Ein weiterer Ort, an dem die Kapillarwirkung zur Anwendung kommt, sind die Zeichnungen des Künstlers. Austauschprozesse zwischen dem Kern eines Filzstiftes und einem Blatt Papier, gekoppelt mit Wasser, definieren über einen längeren Zeitraum die verschiedenen Stadien. Die Zeichnungen repräsentieren verdichtete Orte für Prozesse. Eine dritte Kapillarstation errichtet der Künstler im Kunsthaus auf der Galerie und lädt den Rezipienten ein, sich ein Glas Orangensaft zu pressen und diesen zu konsumieren. Der ‹Feuchtigkeit aufnehmende› Konsument ist angehalten, die halbierten Orangen, wie vorgegeben, übereinander gestapelt ihren weiteren natürlichen Aktivitäten zu überlassen. Des Künstlers Interesse gilt den täglich fortschreitenden Prozessen der organischen Gebilde. Nicht nur gestalten die dabei auftretenden Vorgänge die Formen, Strukturen, Oberflächen und Volumen der Skulpturen oder Wandmalereien, sie gewähren auch Einblicke in die Abläufe mikrokosmischer Welten. Die auftretende Geruchsentwicklung ist ebenso genuiner Bestandteil der Prozesse. Während organische Gerüche, wie jene in Blazys Installationen auf dem Land als ‹gesunde Landluft› interpretiert werden, ist ihre Wahrnehmung in einem Ausstellungshaus wesentlich gewagter. Der geübte Ausstellungsbesucher ist gewohnt, saubere und ‹schöne› Ausstellungen vorzufinden, eine Geruchskomponente mutet ungewohnt an. Interessanterweise rufen Gerüche im Ausstellungsbetrieb mitunter Angstgefühle hervor und nicht selten taucht die Frage auf, ob denn die Pilzentwicklungen gesundheitsschädlich seien. Dabei wird ausser Acht gelassen, dass Schimmelpilze Ausgangspunkt für die Penicillinentwicklung sind und diverse Pilzarten auch Eingang in Käsesorten finden. Die ästhetischen und dekorativen Züge der Installationen stehen im Gegensatz zu ihren Geruchsentwicklungen; eine Tatsache, welche Blazys Arbeiten eindeutig mitthematisieren. Hinzu kommt der ‹Pflegeaspekt› in den Installationen des Künstlers: Der Ursprung für die Bezeichnung Kurator entspringt dem lateinische Wort ‹curare› (pflegen) und nur selten tritt diese Tätigkeit auf die kuratorische Arbeit derart wörtlichen zu, denn das Wachstum der Installtionen will gepflegt, gegossen und betreut werden.

Sabine Schaschl-Cooper

Pressetext

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Brigida Baltar / Michel Blazy