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Eine Ausstellungsübernahme von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora

Mit dieser konzeptuell sehr klar strukturierten Ausstellung der 1965 in Israel geborenen und seit vielen Jahren in Deutschland lebenden Künstlerin Naomi Tereza Salmon knüpft das Haus am Kleistpark in zweifacher Weise an seine mittlerweile schon traditionsreiche Auseinandersetzung mit der Erinnerung an die Vertreibung und systematischen Ermordung der europäischen Juden an. Naomi Tereza Salmon gehört zur jungen Generation von Künstlerinnen und Künstlern, die sich auf ihre sehr eigene Weise mit Geschichte und Erinnerung an den Holocaust beschäftigt. Pathosfrei aber mit einem starken emotionalen Ausdruck konzentriert sich Salmon in dieser Ausstellung auf Werk und Leben von Boris Lurie, einem Überlebenden, der seine Erfahrungen wiederum in beispielloser Weise zum Thema von Bildender Kunst und Poetik macht. Vor 9 Jahren stellte das Haus am Kleistpark in Zusammenarbeit mit der NGBK das bildnerische Werk von Boris Lurie vor, während in den NGBK-Räumen in Kreuzberg die Werke, der von ihm begründeten NO!art-Bewegung zu sehen waren. Das hierzulande immer noch relativ unbekannte Œuvre von Lurie ist ein einzigartiges Zeugnis einer kompromisslosen politischen Thematisierung, es hat 1995 viele Besucher nachhaltig beeindruckt und in ihrer Radikalität verstört: "Bis zur Schmerzgrenze" titelte damals der Tip.

In der aktuellen Ausstellung treffen nun zwei Künstler aufeinander, deren Biografien und Werke kaum unterschiedlicher sein könnten. Boris Lurie, 1924 in Leningrad geboren und in Riga aufgewachsen, überlebte mit seinem Vater sowohl das Rigaer Ghetto und mehrere Konzentrationslager, während die Mutter, eine Schwester und die Großmutter im Zuge der "großen Aktionen" am 29. November und 8. Dezember 1941 bei den Kiefernwäldern in Rumbula ermordet wurden. Die Befreiung durch die Amerikaner erlebten Boris und Ilja Lurie in Magdeburg, in einem Außenlager des KZ Buchenwald. Nach dem Krieg übersiedelten beide in die USA, wo Boris Lurie seit her in New York City lebt und dort Ende der fünfziger Jahre die radikale Kunstbewegung NO!art als Gegenbewegung zur Pop-Art gründete. Er machte seine Erinnerungen als Überlebender zum Thema und stellt sie in einen aktuellen Alltagskontext aus Werbung, Pornografie und Politik. Mit einer harten und kontrastierenden Ästhetik, die nicht harmonisiert, sondern Widersprüche polarisierend aufeinander treffen lässt, collagiert er Greuelfotos mit Pin-ups, kombiniert sie mit anderen Materialien zu Assemblagen, um sie anschließend auch noch zu übermalen.

In der Presseerklärung der Gedenkstätte Buchenwald hieß es hierzu: "Leben und Lebenswerk Boris Luries bilden ein radikales, schroffes und zugleich poetisches Gesamtkunstwerk. In New York bewohnt Lurie gleichsam seine Collagen, und wie durch einen fadenscheinigen Stoff scheint die Lagererfahrung durch alles, was ihn zivilisatorisch umgibt, hindurch. Nach einer Retrospektive seiner Arbeiten im Kunstmuseum der Gedenkstätte Buchenwald 1998/99 hat er der (...) Künstlerin Naomi Tereza Salmon erlaubt, erstmals sein Leben und Lebenswerk umfassend künstlerisch zu dokumentieren. Die Ausstellung steht deshalb sowohl für einen ungewöhnlichen Vertrauensbeweis wie für gegenseitige künstlerische Wertschätzung und eine seltene Form subtiler Zusammenarbeit..."

Naomi Tereza Salmon hat in ihren fotografischen Arbeiten bisher häufig Fundstücke und Objekte darauf hin befragt, in wie weit den Dingen selbst ein Gedächtnis innewohnt und vom Betrachter in den seriellen Arbeiten gelesen werden kann. Ihre fotografischen "Stilleben" aus Luries collagierter Lebenswelt, konfrontiert Salmon in der aktuellen Ausstellung mit sprachkünstlerischen Arbeiten Luries in Schrift und Ton. Mit expressiver Kameraführung entstand darüber hinaus ein poetisches und sehr persönliches Film-Portrait von Lurie, das zugleich Ausdruck der Erinnerungsform einer jüngeren Künstlergeneration ist.

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optimistic - disease - facility
Boris Lurie, New York - Buchenwald
Eine Ausstellung von Naomi Tereza Salmon