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Eröffnung: Samstag, 5. November, 18 – 20:30 Uhr

Abwesenheit und ihre Darstellung ist seit jeher ein anhaltendes Thema der Erforschung in der Arbeit von Barbara Bloom. Fingerabdrücke, Lippenstiftspuren, Wasserzeichen, Teeflecken, Fußabdrücke, unsichtbare Texte, Löschungen, Durchstreichungen, Braille und Ellipsen ... sind ihre bevorzugten Formen und Objekte. Diese Annäherungsversuche zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit zeigen dauernde Präsenz in ihrer Arbeit. Ein ebenso starker Aspekt in Blooms Werk ist dessen Beziehung zur Literatur. Sie nutzt Bücher als Bedeutungsträger, verwendet Texte von Lieblingsautoren und weist häufig auf indirekte Erzählungen hin. Bloom hat oft gesagt, dass sie dazu bestimmt sei Schriftstellerin zu sein, wahrscheinlich eine Romanautorin, sich am Ende aber in der falschen Warteschlange angestellt hat (und sich versehentlich als bildende Künstlerin eingeschrieben hat).

Das Literarische und das Abwesende kommen in Blooms aktueller Ausstellung "The Weather“ zusammen. In unterschiedlichen Höhen schweben Teppiche über dem Boden, jeder in einem dezenten Grau-Grün-Blau-Ton. Die Teppiche weisen erhabene Punktmuster auf, welche Texte in Brailleschrift bilden. Bloom legt Wert darauf, dass die Texte beschreibende sein sollen, da dies die Komplexität und die Melancholie des "Lesens" der Arbeit betont. Eine blinde Person wäre nicht in der Lage das Beschriebene zu sehen und eine sehende Person kann die Brailleschrift nicht lesen. Für die Texte zog Bloom Beschreibungen des Wetters heran, da Wetter etwas ist, das wir uns alle vorstellen können. Und es gibt eine große Vielfalt an Formen der Beschreibung des Wetters. Die Braille-Texte bilden in der Tat eine breite Palette von Beschreibungen des Wetters; von Raymond Chandler, André Gide, James Joyce, Gabriel García Márquez, Cormac McCarthy, Haruki Murakami, Daphne Du Maurier und der Wetterstatistik von Los Angeles am 11. Juli 1951 um 2:00 Uhr (Ort und Datum der Geburt der Künstlerin).

Die acht Teppiche schweben auf Plateaus in verschiedenen Höhen über dem Boden. Jeder dieser Teppiche erinnert mit einem anderen Farbton an Wolken und Himmel und umfasst einen je anderen Text über das Wetter. Die Wände sind nur teilweise in einer grau-grün-blauen Farbe gestrichen, so dass man ein Gefühl hat, welches vage an das Fliegen über den Wolken, das Herunterblicken auf diese und das Land darunter erinnert.

Auf der Mezzanin der Galerie zeigt Barbara Bloom die Serie "Works for the Blind". Jedes der sieben Werke beinhaltet einen Text über die Art des Sehens. Der Text ist einmal in Brailleschrift (Blindenschrift) auf ein Bild gesetzt, und einmal – in Größe einer Briefmarke – mit Schriftgröße fünf weiß auf schwarz gedruckt. Jeder Text wird begleitet durch eine Photographie einer Illusion – ein Magier der einen Streichholzbrief schweben lässt, ein UFO das landet, ein Ei das mitten in der Luft schwebt. Die Bilder und Texte sprechen alle zu uns über die Schwierigkeit, Dinge als das zu sehen, was sie sind, aber nur sehr wenige Menschen werden fähig sein beides zu verstehen – sehende Menschen können die illusionäre Photographie sehen (wenn auch nicht, wie die Illusion erreicht wird), aber die meisten werden nur in der Lage sein, auf den zu kleinen Text zu schielen und ihn zu erahnen. Der Blinde kann den Text lesen (das Plexiglas ist über der Brailleschrift weggeschnitten, so dass sie berührt werden kann), aber nicht das Foto sehen. Die einzige Gewissheit für alle ist, dass jeder blind ist.

Barbara Bloom wurde 1951 in Los Angeles, Kalifornien, geboren und erhielt 1972 ihren Abschluss am California Institute of the Arts. Sie lebt und arbeitet in New York City. Letztes Jahr präsentierte sie die zwölfteilige Installation "Framing Wall" (1977 – 2015) im Museum of Modern Art, New York. Weitere Einzelausstellungen umfassen u.a. "As it were…So to speak" im Jewish Museum, New York (2013), "The Collections of Barbara Bloom" im Wexner Center for the Arts, Columbus (1998), welche später im Martin-Gropius-Bau, Berlin und im International Center of Photography, New York (2008) gezeigt wurde, und "The Reign of Narcissism" in der Serpentine Gallery, London, anschließend ausgestellt in der Kunsthalle Zürich, und im Württembergischen Kunstverein, Stuttgart (1990). Bloom war Stipendiatin des Berlin Artists-in-Residence Programms vom DAAD und lebte von 1986 – 1993 in Berlin.