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Yael Bartana, Carsten Fock, Tue Greenfort, Jonathan Horowitz, Ulrike Kuschel, Mark Lewis, Michaela Meise, Natascha Sadr Haghighian, Ines Schaber, Silke Wagner

„Aus aktuellem Anlass“ ist der Satz, mit dem Fernseh- und Radiosendungen für aktuelle Nachrichten unterbrochen werden können. Es ist auch die Einleitung für eine schnell ins Programm gehobene Sonder-Themensendung, wie z.B. zu Wahlen, Naturkatastrophen, manchen Kriegen oder sozialen Konflikten. Der Sonderstatus von Nachrichten erlischt oft, wenn sich entweder das Publikum an den dadurch eingeführten Wandel der Lebensumstände oder aber die Art der Berichterstattung gewöhnt hat und die Einschaltquoten rückgängig sind. Die Berichterstattung geht, die Themen bleiben. Reaktion und Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Nachrichten erfolgt erst im Anschluss an die mediale Aktualität. So ist es nicht verwunderlich, dass Ereignisse und Veränderungen in ähnlicher Brisanz und Konstellation immer wieder auftauchen und immer wieder Nachrichten-aktuell und -unaktuell werden. Die Arbeiten in „Aus aktuellem Anlass“ sind hier aufgrund verschiedener, Ihnen eigener Nachrichtenwerte zusammengestellt. Jede der Positionen folgt dabei zumeist dem Prinzip der künstlerischen Aneignung des fotografischen und filmischen Bildes, das immer Teil und oft Grundlage der westlich geprägten Berichterstattung ist.

Bei Jonathan Horowitz´ Arbeit „Official Portrait of George W. Bush Available for Free from the White House Hung Upside Down“ (2001) handelt es sich um das offizielle Portraits des Staatsoberhauptes, welches vom Künstler auf den Kopf gehängt wurde und somit den Wert und die Repräsentationsmöglichkeit einer Fotografie in Frage stellt. Ebenso ein US-amerikanisches Thema, das für die Weltöffentlichkeit relevant wurde, ist die psychologische Disposition von Soldaten, die Kriege führen. Carsten Fock verweist in seiner großformatigen Filzstiftarbeit in Bezug auf das Lied Nineteen von Paul Heartcastle auf das Durchschnittsalter der US-amerikanischen Vietnamsoldaten. Natascha Sadr Haghighians inszeniert in “...deeply_to the notion_that theworld is___to the observer... (committed) (real) (external)” (2004) im Fernsehformat eine Situation, die die Auseinandersetzung mit der (vermeintlichen) Verknappung von Ressourcen aufnimmt. Zu sehen sind zwei junge Frauen, deren politischer Aktivismus an die Ölkrise zu Beginn der 70er Jahre anverknüpft. Aktivismus und dessen mediale Verwertung spielt auch bei „Black Laundry Cube“ (2002) von Michaela Meise eine wichtige Rolle. Die Künstlerin verbindet darin minimalistisch geprägte Formsprache mit einem Nachrichtenbild, das israelische Frauenrechtlerinnen bei einer Demonstration in Tel Aviv zeigt. Das mögliche Nachrichtenbild ist in „Störung im Verkehrsablauf“ (2003) von Tue Greenfort zu sehen. Hier geht es um Überwachung und Kartografierung des täglichen Lebens im Selbstversuch des Künstlers. Die „große“ Überwachung, die mit der Umzäunung der palästinensischen Gebiete angestrebt wird, ist in der Fotoarbeit „Blimp/In and out border control“ (2003) von Yael Bartana präsent. Sie zeigt Überwachungszeppeline. Mark Lewis persifliert in „Children´s Games“, Heygate Estate“ (2002), architektonische Sozialutopien, die sich in der Realität in das Gegenteil gewandelt haben: Die spielenden Kinder im Film sind reine Staffage einer vergangenen Idee. Vergleichbar ernüchternd gegnüber Sozialutopien sind die Aufnahmen, die der Serie „2. Mai 2002“ von Ulrike Kuschel zugrunde liegen. Glaser beseitigen die Reste von (vermeintlichen) Arbeiter-demonstrationen. Naturschutz in mikropolitischen Maßstab ist Thema der „Artenschutzbox Berlin“ (2002) von Silke Wagner. Die AG Artenschutz richtete im Jahr 2000 an Gebäuden einen Informationsstand mit Stellwänden und Nistkästen ein, die praktische Hilfe für die Tiere vorführten und Aufklärung betrieben. Das von Ines Schaber thematisierte historische Nachrichtenbild als Handelsware in „culture is our business“ (2003/04) zeigt, wie vergangene Berichterstattung durch Privatunternehmer (hier: Bill Gates) kommerzialisiert wird und damit dem öffentlichen Gedächtnis nur noch gegen Entgelt zur Verfügung steht.

Die Ausstellung wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung der Kanadischen Botschaft in Berlin.

Pressetext

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„Aus aktuellem Anlass“

mit Yael Bartana, Carsten Fock, Tue Greenfort, Jonathan Horowitz, Ulrike Kuschel, Mark Lewis, Michaela Meise, Natascha Sadr Haghighian, Ines Schaber, Silke Wagner