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Nach den Ausstellungen Alberto Giacometti (2002), André Derain (2003) und Edward Hopper (2010) bietet die Fondation de l’Hermitage im Sommer 2012 erneut die Möglichkeit, eine wichtige Figur des modernen Kunstschaffens zu entdecken. Mit Asger Jorn (1914-1973) wird nun erstmals in der Romandie einem Maler eine Ausstellung gewidmet, der als der bedeutendste dänische Künstler des 20. Jahrhunderts gilt. Die Veranstaltung kann auch als Verlängerung der Ausstellung Impressionen aus dem Norden – Skandinavische Malerei 1800-1915 gesehen werden, die 2005 den Besuchern der Hermitage die aussergewöhnliche Vitalität nordischer Maler im 19. Jahrhundert offenbarte.

Asger Jorn, der in Dänemark und Frankreich (wo er sich ab 1936 aufhielt), aber auch in der Schweiz und Italien lebte, spielte in der Entwicklung der europäischen Avantgarden der Nachkriegszeit eine herausragende Rolle. 1948 gründet er mit anderen Künstlern des Nordens die Bewegung Cobra (1948-1951), deren Name sich auf die drei Städte Kopenhagen, Brüssel und Amsterdam bezieht. Im Kielwasser des Surrealismus preisen sie die Spontaneität, die Rückbesinnung auf die Volkskunst und die Kinderzeichnung. Nach Jorns Tuberkuloseerkrankung 1951 findet Cobra ein jähes Ende. Nach einem 18-monatigen Sanatoriumsaufenthalt im dänischen Silkeborg wählt Jorn für seine Rekonvaleszenz die reine Bergluft und bewohnt während sechs Monaten ein Chalet in Chesières (Kanton Waadt). In der Schweiz entwickelt der Däne eine neue Bildsprache, die bei der verführerischen Sinnlichkeit von Edvard Munch anknüpft, einem Pionier des modernen Expressionismus. In den folgenden Jahren befreit Jorn seine Kunst schrittweise und auf radikalste Art von Moden und Einfüssen und erfindet eine ergreifende Malerei, die bald versöhnlich, bald explosiv, immer aber farbenfroh ist. Sein kraftvolles Werk, das er im Rhythmus seiner ständigen Reisen quer durch Europa erarbeitet, ist tief in der skandinavischen Kultur und Sensibilität verankert, wird aber auch vom Austausch beeinflusst, den er mit der internationalen Kunstszene unterhält. Die Spannung zwischen einer im Mittelalter verwurzelten nordischen Tradition und einer Sehnsucht nach durchlässigen Grenzen und einem lebendigen kollektiven Kunstschaffen steht im Zentrum der Faszination, die Jorn heute ausübt.

Die Lausanner Retrospektive wird alle Perioden abdecken von den bunten, mit einer fantastischen Tierwelt bevölkerten Kompositionen der unmittelbaren Nachkriegszeit bis zu den leuchtenden Gemälden des Spätwerks, die von fliessenden, dynamischen Formen durchdrungen sind. Die rund 80 Gemälde umfassende Ausstellung zeigt ausserdem ein schönes Ensemble mit Zeichnungen, Grafiken – unter anderem die emblematische Suite suisse, 1953-1954 – und Plastiken, die von Jorns ausserordentlich vielfältigen Ausdruckskraft zeugen. Die Ausstellung profitiert von der aussergewöhnlichen Mitwirkung zahlreicher Institutionen, allen voran dem Museum Jorn in Silkeborg, aber auch dem Louisiana Museum of Modern Art in Humlebaek, dem Kunsten Museum of Modern Art in Aalborg, dem ARoS Aarhus Kunstmuseum, dem Statens Museum for Kunst in Kopenhagen, dem Henie Onstad Kunstsenter in Høvikodden, der Kunsthalle Emden, dem Centre Pompidou in Paris, den Musées royaux des Beaux-Arts in Brüssel sowie einiger bedeutender Privatsammlungen. Zu guter Letzt wird das Projekt auch vom international renommierten belgischen Künstler Pierre Alechinsky aktiv unterstützt, der seit Cobra – mit 24 Jahren war er das jüngste Mitglied der Bewegung – eine enge Beziehung zu Jorn unterhielt und nun für die Zwecke dieser Ausstellung seine Sammlung und Archive öffnet.

Hauptkuratorin: Sylvie Wuhrmann, Direktorin der Fondation de l’Hermitage

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Asger Jorn
Ein freier Künstler
Kuratorin: Sylvie Wuhrmann