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Für den Kunstverein Region Heinsberg gehört es zur guten Tradition, die erste Ausstellung nach den Sommerferien mit einem Fest zu verknüpfen. Genauso traditionell ist es, diese Ausstellung mehreren Künstlern zu widmen. Stehen sonst aktuelle Werke einzelner Künstler zur Diskussion, ist in diesem Jahr die Zeit das verbindende Thema der Gruppenausstellung. Genauer gesagt handelt es sich um Beiträge von sechs Künstlern, die in ihrer besonderen Weise Zeit erfahrbar machen.

Der Titel der Ausstellung ist dem Film Casablanca entliehen. Es ist das Lied, das die unglückliche Liebe zwischen Humphrey Bogart und Ingrid Bergman begleitet und immer wieder von Sam gespielt werden muss. "Wie die Zeit vergeht" ist jedoch ein Thema, das niemanden unberührt lässt und deswegen auch Künstler in seinen Bann zieht. Sie erfinden neue Formen der Wahrnehmung und schaffen ästhetische Erfahrungen, die uns die Schönheit der Vergänglichkeit vor Augen führen.

Edith Decker-Phillips

Mary Bauermeister 1934 geboren in Frankfurt am Main Lebt in Köln und New York Mary Bauermeister dokumentiert mit den Fotos ihre eigene Licht-Skulptur " Zeit " von 1980. Durch die Bewegung der Kamera ist durch das Nachziehen des Lichts auch ein zeitlicher Verlauf in der Aufnahme sichtbar. Mary Bauermeister nimmt Bezug auf die Kräfte der Natur und macht sie in ihren Arbeiten sicht- und spürbar. Seit 1979 entstehen zum Thema Zeit neben der Skulptur Zeichnungen, Fotos und immer wieder Generationen von Kürbissen, deren eingeritzte Wörter und Zeichen im Wachstumsprozess von den Kürbissen selbst geformt werden.

Stefan Hoderlein 1960 geboren in Düsseldorf Lebt in Düsseldorf Stefan Hoderlein entwickelt seine Arbeiten häufig aus eigenen Sammlungen von Alltagsgegenständen, Zeitungsbildern, Dias oder abgelegten Kleidungsstücken. Sein Konzept des Archivs hat dabei eine starke zeitliche Komponente. In seiner Arbeit sind Privates und Medienwelt miteinander verschränkt. Er transportiert den Zeitgeist und gibt ihm ein Gesicht. Dabei verschleiert die Oberfläche leicht die zugrunde liegende Konzeption. In seinen seit 1993 entstehenden Arbeiten "Man Dance Years" überdruckt er Flyer von Techno-Raves mit der Angabe der von allen Teilnehmern ertanzten Gesamtzeit. Eine Angabe wie "2.9 Man Dance Years" ist aber eher im wissenschaftlichen Kontext üblich, wenn Projekt-Arbeitszeiten errechnet werden. Für Stefan Hoderlein gibt es diese Grenzen nicht.

Wolfgang Kessler 1962 geboren in Hannover Lebt und arbeitet in Hannover Wolfgang Kessler malt Landschaften in Bewegung. Es sind die Industrielandschaften der Vorstädte wie sie etwa durch das Zugfenster gesehen an uns vorbeihuschen. Ganz ähnlich sehen diese monotonen Orte auch in anderen Ländern aus. Er nutzt dabei die Fotografie für die Aus-gangsbilder, denn das Auge ist nicht in der Lage, eine entsprechende Momentaufnahme zu machen. Zu sehr korrigieren wir auf einen bestimmten fixen Gegenstand hin. Wenn uns Kessler diese moderne Seherfahrung in seinen Bildern vorführt, wissen wir sofort, dass wir sie bereits kennen. Neu ist die Weise, wie aus den Unschärfen der Dinge dynamische und formal überzeugende Kompositionselemente entstehen.

Egbert Mittelstädt 1963 geboren in Frankfurt am Main Lebt in Köln Über die Arbeit mit Video kam Egbert Mittelstädt zur Fotografie. Sein Medium ist die Panoramakamera, die sich mit langer Belichtungszeit und mehr als 360° um die eigene Achse dreht. Er erhält so ein einziges Bild mit zeitlichem Verlauf. Die spezielle Aufnahmetechnik der Kamera zeigt für unsere Wahrnehmung überraschende Ergebnisse. Was und wie abgebildet wird, hängt von der Bewegung des Abgebildeten ab. Von einem Haus bleiben nur farbige Streifen, eine vorbeigehende Person ist dagegen ganz deutlich zu sehen. Auf diese Weise gelingt es Egbert Mittelstädt, den großen Kölner Dom vor unseren Augen verschwinden zu lassen.

Tatsuo Miyajimas zentrales Thema ist Zeit. In seinen Installationen und Skulpturen setzt er LED-Zählwerke ein, die von ihm jeweils individuell programmiert werden. Jedes Zählwerk erhält seinen eigenen Rhythmus und generell eliminiert er die null. Die Zahlendisplays setzt er als eine univer-selle Sprache ein, die weltweit verstanden werden kann. Jedes Zählwerk ist in seinem bestimmten Zählmodus so einzigartig wie jeder Mensch. Der philosophische Hintergrund für Miyajimas Arbeit ist im Buddhismus zu suchen, der vom steten Wandel ausgeht, ohne Anfang und Ende. Alles ist miteinander verbunden, aber jedes ist auch unverwechselbar es selbst - und hat seine Zeit.

Hiroshi Sugimoto 1948 geboren in Tokio, Japan Lebt in New York, USA Hiroshi Sugimoto begann seine Arbeit an der Fotoserie der Filmtheater in den Jahren 1976/77, gleichzeitig mit den beiden anderen Werkzyklen der Dioramen und Meeresbilder. Er fotografiert mit einer antiken Großbild-kamera und mit hoher technischer Präzision. Die Fotografien der Ausstellung zeigen Autokinos, deren Riesenleinwände in der Dunkelheit hell leuchten. Sugimoto bannt hier alle Bilder eines Films durch eine auf die Gesamtlänge berechnete offene Blende in ein einziges Bild. Er selbst nennt seine Fotografien "exposed time" - entwickelte Zeit.

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