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Der Katalane Antoni Tàpies, der dieses Jahr seinen 70. Geburtstag feiert, ist einer der weltweit angesehensten lebenden Künstler. Schon seit Jahrzehnten gelingt es ihm wie keinem anderen Maler, einfacher Materie einen außerordentlich hohen Grad an Evokationskraft zu verleihen. Neben zahlreichen Gemälden, Skulpturen und Zeichnungen hat Tàpies während der letzten 50 Jahre auch ein umfassendes graphisches Werk geschaffen. 1960 wurde ihm bereits der Preis der Internationalen Graphik-Biennale von Tokio zugesprochen.

Die Ausstellung wird etwa 40 Graphiken und drei bis vier Buchobjekte der Jahre 1947-1993 umfassen. Da in Leipzig noch nie Arbeiten von Antoni Tàpies gezeigt wurden, soll versucht werden, dem Besucher anhand der ausgewählten Arbeiten einen Überblick über das graphische Gesamtwerk des Künstlers zu geben. Tàpies’ besonderes Interesse gilt dem Gesehenen, dem unmittelbar Erlebten. Insofern ist er Realist. Immer wieder finden sich in seinen Arbeiten Hinweise auf die sichtbare Welt: alltägliche Gebrauchsgegenstände (wie z.B. ein Stuhl oder ein Bett), menschliche Körperteile (z.B. Füße oder Arme), Schriftzeichen, geometrische Figuren, ein mauerartiger Auftrag, Stoffliches, Staub... Unmissverständlich macht Tàpies jedoch deutlich, dass ihm ein abbildender "Realismus" fern liegt. Dadurch, dass er die einzelnen Elemente verrätselt, sie transparent gestaltet oder in einen ungewöhnlichen Kontext stellt und auch stoffliche Faktoren unabhängig von figurativen Elementen ein erhebliches Eigengewicht besitzen, erhalten seine Arbeiten eine große evokative Kraft. Gegenständlichkeit ist in Tàpies Arbeiten Auslöser, Aufforderung an den Betrachter, sein Imaginationsvermögen zu nutzen, nachzudenken, Empfindungen nachzugehen. Der Rezipient soll nicht nur die materielle, sondern auch die spirituelle Schönheit eines jeden "Dings" erleben. Tàpies ist fest davon überzeugt, dass es eine Einheit zwischen der geistigen und der materiellen Welt gibt. Seine gesamte Kunst zielt darauf hin, beim Betrachter ganzheitliche Vorstellungen hervorzurufen.

In seinen graphischen Arbeiten benutzt Tàpies vielerlei Techniken. Bei der Anwendung der einzelnen Verfahren geht der Künstler sehr unorthodox und experimentell vor. Derartige Arbeiten in Leipzig zu zeigen, wo Druckgraphik und Buchkunst Tradition haben, ist besonders reizvoll.

Tàpies ist in Leipzig schon bekannt durch das Buch "Ein Spiel von Spiegeln. Katalanische Lyrik des 20. Jahrhunderts", das der Reclam Verlag Leipzig 1987 verlegt hat. Die Publikation enthält sieben reproduzierte Farbzeichnungen und drei Collagen des Künstlers und soll anlässlich der Ausstellung verkauft werden. Zur Ausstellung erscheint ein Leporello mit Farbabbildungen und Texten zu der Arbeit von Antoni Tàpies. Ferner wird ein Plakat verlegt, das eventuell von Tàpies selbst speziell zu diesem Anlass entworfen wird.

Klaus Werner Archiv der GfZK

Stadtgeschichtliches Museum im Alten Rathaus Leipzig

Katalog: Förderkreis der Leipziger Galerie für Zeitgenössische Kunst e. V. (Hg.): Antoni Tàpies. Graphik 1947-1993. Leipzig 1993

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Antoni Tàpies
GRAPHIK 1947-1993
Kurator: Klaus Werner
Ort: Stadtgeschichtliches Museum im Alten Rathaus Leipzig