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Eröffnung: Donnerstag, 23. Oktober 2008, 19.00 Uhr

Die gebürtige Oberösterreicherin Anne Schneider besetzt in der jüngeren Generation eine der markantesten Positionen im Metier der Skulptur. Der Raum, der psychische wie der physische bzw. die Suche nach seinen Bestimmungen und Ablagerungen bildet das Bindeglied von Schneiders vielfältigen Präsentationen, die von der klassischen Skulptur über Fotografie und Videoprojektion bis zur Rauminstallation reichen.

Anne Schneiders Herangehensweise an Materialien und Formfindung ist Experiment auf hohem Niveau. Ihre Skulpturen sprechen von Umwidmung, Deformation und Überzeichnung. Sie sind als dreidimensionale Zeichnungen zu verstehen. Das verwendete Material ist Wachs, wodurch sich die Entstehungszeit auf flüchtig konzentrierte Momente beschränkt. Die Skulpturen, die durch Aufschichten und Drücken von Flächen entstehen, beinhalten mehrere sich türmende Schichten, die als solche sichtbar bleiben und ihre eigene abstrakte Qualität besitzen.

In der Serie Körperpendel (2005/2007), die Anne Schneider im Lentos Kunstmuseum zeigen wird, ist der Rückgriff auf Giacomettis expressive Skulptur bewusst gesetzt. Bei Schneiders Köperpendeln erfährt der "menschliche Körper" eine erweiterte "Streckung" in die Senkrechte des Raums. Er hängt als Pendel von der Decke, bestehend aus von Knoten und Schlaufen gebildeten Nischen und unzugänglichen Hohlräumen.

Die erzeugte Senkrechte verlangt Distanz in der Waagrechten, wodurch der umliegende Raum Stillstand erfährt. Durch Annäherung und Wahrnehmung der auf den Skulpturen abgelagerter Dinge – Objekte, die in einer Manteltasche Platz finden würden, wie eine kurze Notiz auf einem kleinen Stück Papier, ein SchlüsselanhaÅNnger, ein Tischtennisball, oder eine Nussschale – entstehen Bewegung und Flüchtigkeit.

Darüber hinaus präsentiert Anne Schneider ihre Arbeit Dialoge, eine Zusammensetzung der seit 2005 entstehenden Köpfe. Diese Skulpturen sind nicht nur mit einer Darstellung von Porträts gleichzusetzen, sondern widmen sich dem Einnehmen von Raum. Durch ihre Anordnung treten diese in Dialoge miteinander und bieten dem Betrachter ein neues Bild.

Interview

Welche Rolle spielt der menschliche Körper in Ihren Werken?

In der materiellen Zeit passiert nichts ohne den Körper. Eigentlich bin ich nicht am menschlichen Körper interessiert, sondern an dem Teil, der ihn mit der Außenwelt verbindet, an seinen Emotionen, Gesten, Stimmungen etc. Der menschliche Körper spielt insofern eine Rolle, da die Grenze zwischen dem Selbst und der Welt durch den Körper läuft. Das im Inneren Abgelegte einer menschlichen Existenz, seine abgelegten „Filme“ interessieren mich. Diese durch meine künstlerischen Arbeiten zu aktivieren, also den Betrachter in einer gewissen Weise mit einzubeziehen findet in meinen Arbeiten immer wieder statt.

Welche Bedeutung hat der Raum, der psychische wie physische, für Ihre Arbeiten? Ich sehe darin vor allem meine Auseinandersetzung mit der Beziehung einer Person zu ihrer Umgebung. Wenn sich zwei Skulpturen anblicken, dann entsteht zwischen ihnen ein Raum, den man physisch und psychisch wahrnimmt bzw. erahnen kann. Diesem Raum gilt mein Hauptanliegen, denn was bedeutet Raum? Im Grunde ist es das Vorhandensein von Existenz.

Sie arbeiten überwiegend mit Wachs. Was ist das Besondere für Sie an diesem Material? Es gibt wenige reversible Materialien. Es fällt mir leichter Arbeiten wieder zu zerstören, das Material bleibt. Es birgt natürlich auch Gefahr sich zu schnell für die Zerstörung zu entscheiden, aber im Grunde, wird auch dabei Energie freigesetzt. Wahrscheinlich ist mein ganzer künstlichen Prozess ein ständiges Zerstören und Aufbauen, ich meine damit kein Wiederaufbauen, sonder Bauen.

Wie gehen Sie an ein neues Werk heran?

Man mag immer wieder über Dinge stolpern und irgendwann ist man bereit diese auch aufzuheben, sich mit ihnen auseinanderzusetzen – irgendwann überwiegt die innere Notwendigkeit. Es gibt natürlich Dinge, von denen man schon vorher weiß, es ist besser darüberzusteigen, das war für mich lange Zeit so bei der menschlichen Gestalt. Eine menschliche Gestalt hat unglaubliche Präsenz und die macht mir auch irgendwo Angst, solange man keine Nähe bzw. Beziehung aufbaut. Das ist auch der Grund warum ich meine Skulpturen im Lentos zueinander in Beziehung gesetzt habe. Dialoge, Kommunikation lassen einen näher kommen und der frontale Blick wird zu einem seitlichen, der den Betrachter versucht miteinzubeziehen. Sie sind gebürtige Oberösterreicherin. Gibt es eine Verbindung zu Linz?

Ich bin in Linz ins Gymnasium gegangen.

Gibt es etwas, das Sie künstlerisch geprägt hat?

Ich glaube, dass man durch sehr vieles geprägt wird, das für die Entscheidung sich der Kunst zu widmen eine größere Rolle spielt als sogenannte Schlüsselerlebnisse. Ich kann Ihnen eines nennen, weil es gerade zu Linz passt. Als ich mit etwa 14 Jahren die „Forum Design“- Ausstellung hier in Linz besuchte, habe ich eine Installation mit Weidenbündeln, Iglobauten etc. von Mario Merz – er gehörte der Arte Povera an – gesehen. Für mich öffnete sich damals eine Tür, ich verspürte so etwas wie die Existenz einer anderen Welt, eine Realität, die viel stärker ist als die eigentliche. In diesem Widerspruch habe ich eine unheimliche Freiheit verspürt.

Das Interview mit der Künstlerin führte Karin Schütze.

Biografie und Ausstellungstätigkeit

Anne Schneider geboren 1965 in Enns lebt und arbeitet in Wien 1992-1996 Studium der Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Michelangelo Pistoletto 1995/96 New York Stipendium des Bundes 1998 Einladung ins Künstlerhaus Bethanien, Berlin 1998-2001 Berlinaufenthalt 2004 Stipendiums-Aufenthalt in Paris 2005 3-monatiger Aufenthalt in New York Ausstellungstätigkeit (Auswahl): Einzelausstellungen: 2008 Kunstmuseum Lentos, Linz Kunstverein Dortmund 2007 Guglerforum Melk 2006 „und wachs !“, Galerie Christine König, Wien 2005 Peloton Gallery, Sydney 2004 „side by side“, Galerie Christine König, Wien 2003 „ceaseless blur“ (mit M. Schinwald), TAV Gallery, Taipei 2002 Galerie 422, Gmunden 2001 „walking to the seat with the clearest view...“, Galerie König, Wien 2000 „kiss me tiger, please kiss me...“(mit A. Reiter Raabe), Galerie Stadtpark, Krems Galerie Fotohof (mit O. Trautmannsdorf), Salzburg 1999 Galerie Almut Gerber, Köln „coming home from a late afternoon stroll“, Galerie König und Lettner, Wien Kulturinstitut London „walking backwards“, Lovers -artspace, Melbourne 1998 „the last we can do is wave to each other...“, Künstlerhaus Bethanien, Berlin 1996 „Duchamps Urenkel V“, Bonner Kunstverein Gruppenausstellungen: 2007 Austrian cultural Forum Tokyo Soufflè, Kunstraum Innsbruck (Zusammenstellung Franz West) Seite 6 2006 Materica, Gorizia (I), (kuratiert v. Peter Weiermeier) 2005 Lincart Gallery, San Francisco Galerie 422, Gmunden 2004 „born to be a star“, Künstlerhaus Wien (kur. v.M Probst) Galerie Claassen Schmal, Bremen 2003 Natur/Geschichte, Jahresmuseum Mürzzuschlag Kaoshung Museum of Fine Arts, Taiwan Mimosen, Rosen ...“, Kunsthalle Krems „Zugluft“, Basel 2002 „Hollywood Revisited“, Aarhus Kunstmuseum, Dänemark ( kur. v. A. Kroog) „Wächserne Identitäten“, Georg Kolbe Museum, Berlin „How big is the world“, OK Zentrum Linz (kur. v. Martin Sturm) 2001 Fototriennale „Moving Pictures“, Villa Merkel, Esslingen (kur. v. Renate Wiehager) „Who shoots bamby?“, Ausstellungsraum Solitude, Berlin „Art/Music“, Museum of Contemporary Art Sydney, Australien (kur. v. Sue Kramer) „Shopping“, Generalie Foundation, Wien (kur.v. S. Breitwieser) 2000 „Der anagrammatische Körper“, ZKM Karlsruhe (kur.v. Peter Weibl) 1999 „Intercourse“, Toronto, Canada „Officina Europa“ („European Factory), Bologna „Signs of live“, 1st int. Biennial Melbourne, Australien „Rosa für Jungs/Hellblau für Mädchen“, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst, Berlin 1998 7. Triennale für Kleinplastik, SW Forum, Stuttgart „Es grünt so grün...,“ Bonner Kunstverein (kur. v. Annelie Pohlen) 1995 4th int. Biennial, Istanbul (kur. v. Rene Block) 1993 „11 Wochen Klausur“, Secession Wien

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Anne Schneider
Nichts ohne den Körper