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Ab 5. Mai 2007 wird im Martin-Gropius-Bau Berlin die Ausstellung Angkor – Göttliches Erbe Kambodschas gezeigt. Zum ersten Mal ist die weltberühmte alte Kunst der Khmer in einer großen Ausstellung in Berlin zu sehen. Seit ihrem Bekanntwerden in der Mitte des 19. Jahrhunderts hat sie das kunstinteressierte Publikum Europas fasziniert und in Staunen versetzt.

Der Name Angkor steht seither für geheimnisvolle, ausgedehnte Tempelanlagen im Dschungel Kambodschas, die auch heute noch eine Vorstellung von ihrer einstigen Pracht geben können. Seit sich das Land in Folge der Pariser Friedensabkommen Anfang der 1990er Jahre politisch zu stabilisieren begann, wurde auch die Region von Angkor wieder für Reisende zugänglich. Die großartige Kultur des alten Khmerreiches mit ihren zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert errichteten Bauten kehrte mehr und mehr in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zurück. Doch welcher Geist steht hinter den überwältigenden Tempelanlagen, welchen Gottheiten waren sie geweiht, auf Grund welcher sozialen und ökonomischen Struktur konnten sie errichtet werden? Wie sah die Gesellschaft aus, die derartige Leistungen zu vollbringen im Stande war? Welches Selbstverständnis hatten ihre Könige? Dies sind Fragen die sich jeder stellt, der das alte Kambodscha kennen lernen möchte.

Die Ausstellung bietet nicht nur die Möglichkeit, sich einen Überblick über die Vielfalt der Kunst zu verschaffen, sondern greift auch wichtigste kulturgeschichtliche Themen auf, so dass die Besucher auch eine Vorstellung vom historischen, sozialen und religiösen Kontext der Werke bekommen.

Angkor war der Mittelpunkt eines Reiches, das sich zu seiner Blütezeit im Westen über den Chao Praya (heutiges Thailand) hinaus, im Osten bis zur Annamitischen Bergkette (heutiges Vietnam), im Norden bis zum Mekong-Bogen (heutiges Laos) und im Süden bis zum Kap Kamau (heutiges Vietnam) erstreckte. Die Tiefebene am Großen See (Tonle Sap), in der Angkor liegt, eignete sich gut für den Reisanbau. Hölzer und Wild sowie Gold, Edelsteine und Seide beförderten den Handel, der über Tonle Sap und Mekong auch Meereszugang hatte. Eine gut organisierte Wasserwirtschaft und ein ausgedehntes Netz von Kanälen regulierte die Bewässerung der Reisfelder. In dieser mit Naturschätzen gesegneten Umgebung entwickelte sich das Land zum damals mächtigsten Reich Südostasiens.

Rund 120 Steinplastiken, Bronzefiguren und Holzskulpturen sowie Silberarbeiten und Malereien werden aus dem Nationalmuseum in Phnom Penh nach Berlin kommen. Leihgaben aus dem Museum für Asiatische Kunst in Berlin und dem Musée national des Arts asiatique Guimet in Paris ergänzen das Bild. Der zeitliche Bogen spannt sich vom 7. Jahrhundert bis in die Neuzeit, denn es ist ein Anliegen der Ausstellung zu zeigen, auf welcher kulturellen Grundlage sich Angkor entwickelte und wie sein Erbe bis heute nachwirkt. Die frühesten überlieferten und in der Ausstellung präsentierten Kunstwerke stammen aus den Prä-Angkor-Reichen Funan und Zhenla im Süden und Nordosten des heutigen Kambodscha. Es handelt sich um buddhistische und brahmanische (hinduistische) Steinskulpturen, aus dem 7. und 8. Jahrhundert, die von großer Schönheit sind und eine erstaunliche künstlerische Perfektion zeigen. Sie stehen in der Tradition indischer Kunst und haben doch einen eigenen, unverkennbaren Stil. Sandsteinstelen mit Inschriften vermitteln einen Eindruck von der überragenden Bedeutung der Epigraphie für unsere Kenntnis der Zeit. Bis zum 14. Jahrhundert bleibt sie die wichtigste Informationsquelle für alle Aspekte der Khmer-Kultur.

Die eigentliche Angkor-Epoche begann im 9. Jahrhundert mit der Verlegung des Machtzentrums nach Westen in die Nähe des Tonle Sap. Der erste Tempelberg aus Stein, umgeben von breitem Wassergraben und Umfassungsmauern, wurde als magisch-religiöses Zentrum des Reiches geweiht. Die Anlage folgte einer bis in das 13. Jahrhundert hinein verbindlichen kosmologischen Konzeption: Sie sah die Erde als ein von Gebirgsketten (Umfassungsmauern) umgebenes Viereck. Jenseits dieses Gürtels dehnen sich die mythischen Urozeane (Wassergraben) aus. In der Mitte des Vierecks bildet der Berg Meru, auf dem die Götter wohnen, die Weltachse (Tempelberg). Der Haupttempel war oft von kleineren Schreinen umgeben, in denen Götterstatuen aufgestellt wurden. Neben Architekturelementen wie Türstürzen mit Reliefdarstellungen und Balustraden wird eine beeindruckende Anzahl von teilweise überlebensgroßen Stein- und Bronzefiguren aus diesen Tempeln in der Ausstellung zu sehen sein.

Gezeigt werden brahmanische wie auch buddhistische Kultbilder. Ihre stilistischen Varianten sind äußerst vielfältig. Sie reichen von imposanter Repräsentation, eleganter Schlichtheit und mitreißender Dynamik bis zu tiefer Spiritualität.

Eines der großartigsten Werke ist eine selbst in ihrem fragmentarischen Zustand noch überwältigende Bronzefigur des Gottes Vishnu. Deutlich spiegeln sich Lebensgefühl und Rollenverständnis der Auftraggeber im Stil wider.

Den für die Kunst Angkors so typischen Flachreliefs am gigantischen Tempelberg Angkor Wat (erbaut zwischen 1113 und 1150), der als die großartigste Schöpfung der Khmer-Architektur gilt, wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Als unbewegliche Kunstwerke können sie nur auszugsweise auf originalgroßen Fotofriesen und Gipsabgüssen präsentiert werden. Auf ein Ersatzmedium übertragen, vermitteln sie dennoch auf beeindruckende Weise die überbordende Phantasie und künstlerische Perfektion in der Darstellung epischer und mythischer Ereignisse.

Unter der Herrschaft des mahayana-buddhistischen Königs Jayavarman VII. (1181 bis circa 1218) erlebte Angkor eine letzte große Blütezeit. Seine Tempelbauten sind den buddhistischen Idealen Mitgefühl und Weisheit verpflichtet. Am deutlichsten ist dies an den Gesichtertürmen zu erkennen, die wie kein anderes architektonisches Phäno-men die späte Angkor Zeit prägen. Das verinnerlichte Lächeln auf den monumenta-len Gesichtern, das berühmte Lächeln Angkors, ist charakteristisch für diese Zeit. Es findet sich auch auf den herausragenden Steinskulpturen und Bronzefiguren von Buddhas und Bodhisattvas, die in der Ausstellung gezeigt werden. Einzigartig darunter ist ein Porträtkopf aus poliertem Sandstein von Jayavarman VII., eine Rarität sondergleichen, denn außer den wenigen von ihm und vermutlich seiner Frau Jayarajadevi überlieferten Porträts gibt es keine Darstellungen individueller Persön-lichkeiten in Angkor.

Nach dem Tod dieses bedeutenden Herrschers setzte eine Stagnation ein und im 15. Jahrhundert wurde Angkor von den Khmer-Königen ganz verlassen. Sie gründeten eine neue Hauptstadt im östlichen Teil des Landes nahe dem Mekong. Die Staatsreligion war nun der Theravada-Buddhismus mit Stupa und Pagode als religiösem Zentrum. Das indische Epos Ramayana, in der Angkor-Zeit vielfach dargestellt, blieb in seiner kambodschanischen Form (Reamker) weiterhin von größter Bedeutung als Träger religiösen Wissens. Nicht mehr in Stein gemeißelt, sondern auf die Innenwände der Pagoden gemalt und immer wieder erneuert, hat es bis in das 20. Jahrhundert hinein das künstlerische Schaffen Kambodschas geprägt. Eine Folge von Szenen des Reamker, Anfang des 20. Jahrhunderts in Tempera auf Leinwand gemalt, wird diese wichtige Tradition in der Ausstellung dokumentieren. Angkor ist durch alle Jahrhunderte hindurch Bezugspunkt nationaler Identität geblieben. Sein Erbe prägt bis heute das Selbstverständnis der Kambodschaner.

Die parallel gezeigte Ausstellung Konservierung der Tempel von Angkor, Kambodscha stellt das „German Apsara Conservation Project in Angkor, Kambodscha“ (GACP) und seine Arbeit vor. Seit 1995 ist das GACP der deutsche Beitrag im Rahmen der internationalen Hilfe zum Erhalt des Weltkulturerbes Angkor unter dem Schirm der UNESCO. Angkor ist dabei das größte internationale Erhaltungsprojekt unter dem Schirm der UNESCO. Der Tempel Angkor Wat, eines der größten religiösen Bauwerke der Welt, ist vom Sockel bis zu den Spitzen der Türme bildhauerisch bearbeitet. Besonders Apsara- und Devata-Reliefs (himmlische Tänzerinnen und Göttinnen), von denen sich allein über 1850 am Tempel befinden sowie die Tympanonaufbauten über den Portalen, sind akut von der Zerstörung durch Verwitterungsprozesse bedroht.

Die Ausstellung führt mit Fotografien, Filmen und Texten in die komplexe und spannende Arbeit der Steinkonservierung ein. Auf der Basis der fotografischen Dokumentation der Reliefs wurden eine detaillierte Schadenserfassung und eine umfassende naturwissenschaftliche Untersuchung durchgeführt. In Filmen wird die konkrete restauratorische Arbeit vorgestellt und genauer erläutert. Ein besonderer Höhepunkt der Ausstellung ist die maßstabsgetreue Darstellung eines Giebelfeldes mit Baugerüst, das die Größenverhältnisse vor Ort anschaulich macht.

Die praktischen Arbeiten der multidisziplinären Projekte werden von inzwischen 27 im Projekt ausgebildeten kambodschanischen Restauratoren und Spezialisten für die Dokumentation ausgeführt. Deutsche Wissenschaftler verschiedener Disziplinen unterstützen das Projekt mit ihrer Expertise. Studenten verschiedener Fachhochschulen und Universitäten aus Deutschland und anderen europäischen Ländern – bereits über 60 – arbeiten im Projekt mit.

Angkor – Göttliches Erbe Kambodschas Ort: Martin-Gropius-Bau 5. Mai bis 29. Juli 2007 Veranstalter Berliner Festspiele. Eine Ausstellung der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn Ermöglicht durch den Hauptstadtkulturfonds Medienpartner RBB Inforadio, RBB Kulturradio

Katalog Angkor – Göttliches Erbe Kambodschas ca. 336 Seiten mit ca. 260 Abbildungen, Format 24,5 x 28 cm ISBN 978-3-7913-6086-7

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Angkor - Göttliches Erbe Kambodschas

Stationen:
15.12.06 - 09.04.07 Kunst- und Ausstellungshalle, Bonn
05.05.07 - 29.07.07 Martin Gropius Bau, Berlin