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Museum Gunzenhauser
9. Jul 2022 – 16. Okt 2022

Andrzej Steinbach
Tanz die Maschine

In welchem Beziehungsverhältnis stehen Mensch, Arbeit und Maschine? Welche Bedeutungszuschreibungen erfahren Gegenstände, wenn sie nicht mehr den ursprünglichen Gebrauchswert erfüllen? Die Ausstellung Andrzej Steinbach. Tanz die Maschine im Museum Gunzenhauser widmet sich diesen Fragen aus verschiedenen Perspektiven. Zu sehen sind Bild-, Portraitserien und Videoarbeiten des 1983 in Czarnków (Polen) geborenen und in Karl-Marx-Stadt/Chemnitz aufgewachsenen Fotografen, Medien- und Objektkünstlers Andrzej Steinbach. Dabei werden unabhängig voneinander entstandene Arbeiten in der Präsentation erstmals zusammengeführt und in Beziehung zur industriekulturellen Vergangenheit der Stadt Chemnitz gesetzt. So inszeniert Steinbach etwa historische Rund-strickmaschinen, die als Leihgaben aus dem benachbarten Sächsischen Industriemuseum kommen, zu neuen medienübergreifenden konzeptuellen Arbeiten. Die Rundstrickmaschinen stehen dabei exemplarisch für die textilindustrielle Vergangenheit vor Ort. In der Ausstellung, in einem den Maschinen ursprünglich fremden Kontext, erfahren sie als eigenständige Objekte einen neue Bedeutungszuschreibung. Durch Lichtinstallationen scheinen die Maschinen zu tanzen und mit der Umgebung zu interagieren.

Neben den spezifisch, für Chemnitz geschaffenen Werken, ist auch die zum ersten Mal öffentlich ausgestellte Fotografieserie disassembling a typewriter zu sehen. 14 Abbildungen zeigen eine in ihre einzelnen Bestandteile zerlegte mechanische Schreibmaschine. Durch die dokumentarfotografisch anmutende Bildästhetik und Komposition erinnert die Arbeit an ein Herbarium. Die Bildserie schlüpft in die Rolle einer wissenschaftlichen Archivarbeit. Sie wirkt wie eine künstlerische Reminiszenz an vergangene technische Schreibgeräte, die für die Nachwelt konserviert werden. Die Videoarbeit untitled (three hundred nails) führt die aufgeworfene Thematik der dekonstruierten Maschine weiter. So zeigt die Arbeit dreihundert verbogene Nägel, die in schneller Abfolge für wenige Sekunden vor die Kamera gehalten werden.

Die Ausstellung eröffnet auf diese Weise neue künstlerische Sichtweisen auf materielle Kulturerzeugnisse, also von Gesellschaften hergestellte, verwendete oder konsumierte Gengenstände und bezieht dabei im Speziellen das industriekulturelle Erbe der Stadt Chemnitz mit ein.

Andrzej Steinbach studierte an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buch-kunst (HGB). Seine Arbeiten wurden unter anderem vom Museum of Modern Art (MoMa) in New York und von der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland angekauft und ausgestellt.