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Eröffnung am 2.9.2008 um 19.00

Der Berliner Fotograf Andreas Rost hat sich in seiner neuesten fotografischen Arbeit einem auf den ersten Blick ungewöhnlichen Thema zugewandt – er fotografiert Schiffe, das Meer, den Hafen.

Ausgangspunkt war ein zweimonatiger Arbeitsaufenthalt in Algier. Aus seinem Zimmer heraus beobachtet der Künstler den Hafen der Stadt und dokumentiert die Dinge, die sich seinem fotografischen Blick darbieten mit der kühlen Distanz einer Observation. Es entstehen 900 Bilddokumente, ein Tagebuch, das genau Ankunft, Verweildauer und Abfahrt der Schiffe notiert. Die romantische Verklärung des Themas als Sinnbild für die Sehnsucht nach Unendlichkeit, Freiheit und erhabener Größe wird jedoch durch die Realität des Schiffsalltags enttäuscht. Die Schiffe liegen oft viele Tage lang auf Reede, wahrscheinlich reichen die Kapazitäten des kleinen Hafens für eine zügige Entladung nicht aus. Alle Schiffe verließen ohne Ladung das fremde Land. Hinter den romantischen Bildern von der Seefahrt offenbaren sich reale Schieflagen einer globalisierten Weltwirtschaft. Länder, die, weil sie nichts mehr produzieren, vollständig vom Import abhängig sind.

Neben den fotografischen Bildern entsteht eine Sammlung von Zeitungsartikeln über Schiffskatastrophen, die sich während dieser Zeit ereignet haben. Die Materialsammlung eröffnet eine zweite Ebene, die sich mit den Observationsfotos überdeckt und in der Ausstellung zu einer collageartigen Erzählung über Schiffe, das Meer und den Hafen zusammengeführt wird.

Der reale Gehalt der Fotografien und der gefundenen Dokumente suggeriert eine auf technischer Präzision basierende Authentizität. Allerdings wird die fotografische Beweiskraft der Fotografien durch eine schwer zu benennende Perspektive und romantische Farben gebrochen. Aus den Observationsfotografien werden durch ein Druckverfahren auf mattem Papier Bilder von erhabener Schönheit, die mit ihrer Darstellung von Wolken, Meereswellen, Sonnenuntergängen eher einen Anklang an die romantische Landschaftsmalerei von William Turner heraufbeschwören. Es entsteht ein Spiel zwischen Realität und Fiktion, das die Wirklichkeit und Beweiskraft medialer Bilder unserer Zeit einmal mehr hinterfragt.

Andreas Rost wurde 1966 geboren und studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig bei Arno Fischer , Evelyn Richter und Tina Bara. Er ist Mitbegründer des Kunsthaus Tacheles und des Kunstvereins „Meinblau“ in Berlin und Mitglied der DGPh. In den vergangenen Jahren hat er zahlreiche internationale Vorträge und Workshops für das ifa u.a. in Kairo, Algier, Ramallah, Kabul gegeben, war Kurator von Ausstellungen zur Fotografie und hatte zahlreiche Einzelausstellungen. Er lebt und arbeitet in Berlin.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Text von Ina Strehlow

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Andreas Rost
Schiffstagebuch