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Eröffnung Freitag, 16.09.2016 um 19 Uhr

Der Kunstverein Freiburg freut sich, Katachrese, die Einzelausstellung der international bekannten argentinischen Künstlerin Amalia Pica (*1978 in Neuquén Capital, AR), anzukündigen. Der Titel der Ausstellung ist ein rhetorisches Stilmittel für eine linguistische Verschiebung, die unstimmige sprachliche Bilder miteinander verbindet. Kommunikation ist ein wesentliches Thema in Picas Kunst, das sie beständig in verschiedene Medien umsetzt − skulpturale Installation, Zeichnung, Fotografie und Performance − und anpasst.

Picas Ausstellung in Freiburg präsentiert sich in zwei Teilen. In der großen Ausstellungshalle im Erdgeschoss wird Kommunikation durch eine skulpturale Installation mit verschiedenartigen Stühlen dargestellt, während auf der Galerie im 1. Stock zahlreiche neue Skulpturen präsentiert werden.

Die Beschäftigung mit dem Thema Kommunikation steht in Zusammenhang mit dem geschichtlichen Hintergrund der Heimat Picas, die in den 1970er Jahren in Argentinien geboren ist, als die Bevölkerung von einer gewalttätigen Militärjunta, die eine freie Kommunikation weitestgehend zu unterdrücken versuchte, terrorisiert wurde. Die Installation aus Stühlen im Erdgeschoss der Ausstellungshalle knüpft an die Performance Asamble an, die Amalia Pica 2015 auf der berühmten Plaza del Congreso in Buenos Aires durchgeführt hat.

Für Freiburg werden Mitglieder des Kunstvereins sowie Bürgerinnen und Bürger dazu eingeladen, ihre Stühle für die skulpturale Installation beizusteuern, wodurch Pica an ihre frühere Performance anknüpft, sich jedoch gleichzeitig auf die Einrichtung des Kunstvereins und dessen ursprüngliche Grundlagen bezieht. Im deutschsprachigen Raum entstanden Kunstvereine auf Initiative eines Verbundes von Privatpersonen, die sich für Zeitgenössische Kunst einsetzten. Daher nimmt die Installation im Kunstverein nicht nur die Verbindung zur Situation einer entfernten Kultur und deren Notlage auf, sondern ebenfalls die Haltung einer bürgerschaftlichen Gemeinschaft – ein demokratisches Engagement für die Kunst. Somit ist die Installation bei Pica ein ortsspezifisches Symbol für lokales, kulturelles Miteinander.

In der heutigen Zeit, in der sich auch in Europa tendenziell ein gesteigerter Nationalismus bemerkbar macht und in Deutschland eine Debatte geführt wird, ob Flüchtlinge aus Krisengebieten aufgenommen oder abgelehnt werden sollen, ist es erlaubt, die Installation auch als Betrachtung über Migration zu sehen sowie über die Herausforderung, Demokratie und die Gleichheit zwischen Individuen in unserer globalen Kultur aufrecht zu erhalten.

Durch die Abwesenheit von Menschen legt die Freiburger Installation den Schwerpunkt auf die verschiedenartigen Sitzgelegenheiten und das, was durch diese repräsentiert wird. Jeder Stuhl gehört einer Person, die er, auch durch die individuellen Gebrauchsspuren, repräsentiert. So werden mit der Installation verschiedene Grenzen überwunden: zwischen persönlichem und sozialem Raum, zwischen dem lokalen (Freiburg) und dem internationalen (Buenos Aires) Zusammenhang und, unter Berücksichtigung der heutigen politischen Situation, zwischen geschichtlicher Erinnerung und aktueller Gegenwart.

In einigen der speziell für diese Ausstellung neu geschaffenen Skulpturen von Pica auf der umlaufenden Galerie im 1. Obergeschoß werden Möbelfragmente und alltägliche Objekte miteinander zu neuen Konfigurationen kombiniert, deren Form oftmals ebenfalls auf Stühlen basiert. Die Verbindung von verschiedenen Objekten zu einem neuen Bild korrespondiert mit der Kette ungleicher Stühle in der Ausstellungshalle. Beide Werke bilden kollektive Formen; beide erinnern an den partiellen Verzicht der individuellen Autonomie in Bezug auf die Bedingungen der sozialen Demokratie, in der im Idealfall das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile.

Amalia Pica, geb. 1978 in Neuquén Capital, Argentinien, lebt und arbeitet in London (GB). Einzelausstellungen (Auswahl): La Criée, Rennes (FR) 2014; Memorial for intersections, Kunsthalle Lissabon (PT) 2013; Low Visibility, Johann König, Berlin (D) 2013; Amalia Pica – On paper, Basis, Frankfurt (D) 2012; Endymion’s Journey, Marc Foxx Gallery, Los Angeles (USA) 2011, Microphones, SKOR, Inkijk, Amsterdam (NL) 2010, Malmö Konsthall, Malmö (S) 2010; Final Insomne, INTER / medio, Córdoba (AR) 2003.
Gruppenausstellungen (Auswahl): BEYOND THE PROCESS – Werke aus der SAMMLUNG LENIKUS im Kunstraum Innsbruck, Kunstraum Innsbruck, Innsbruck (A) 2014; Emmy Moore's Journal, Salts, Basel (CH) 2013; 21 Artists Shortlisted for the Future Generation Art Prize 2012, PinchukArtCentre, Kiev (UA) 2012; ILLUMInations, 54. Biennale Venedig, Venedig (IT) 2011; Every version belongs to the myth, Project Arts Center, Dublin (IRL) 2009; Robinson Crusoe, Centro Cultural Montehermoso, Vitoria-Gasteiz (ES) 2008.

Rahmenprogramm:

Freitag, 16.09. um 19 Uhr | Eröffnung
Freitag, 16.09. um 19:30 Uhr | Begrüßung: Heinrich Dietz, Direktor
Freitag, 16.09. um 19:45 Uhr | Einführung: Caroline Käding, Kuratorin

Mittwoch 12.10. und 26.10. | Öffentliche Führung
jeweils 19 Uhr

Sonntag, 25.09. um 14 Uhr | Die Jungen Wilden - Kinderworkshop

Mittwoch 05.10. um 19 Uhr | Kunstsalon mit Herbert M. Hurka, Publizist

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AUFRUF ZUR STUHLAKTION

Ihr Stuhl wird Teil der Ausstellung!

Die Einzelausstellung von Amalia Pica, die im Kunstverein Freiburg am 16. September 2016 eröffnet wird, besteht aus Stühlen privater Haushalte, die leihweise zur Verfügung gestellt werden.
Die Installation der argentinischen Künstlerin steht symbolisch für das demokratische Zusammenkommen von Menschen. In Bezug auf den Ort liegt der Fokus auf dem zivilgesellschaftlichen Engagement, aus dem Kunstvereine ursprünglich hervorgegangen sind. Nicht nur unsere Mitglieder sind eingeladen mitzumachen, sondern alle Bürgerinnen und Bürger aus Freiburg. Zudem besteht die Möglichkeit, während der Ausstellung die Installation für Gesprächsrunden zu nutzen.

Alle diejenigen, die ihre private Sitzgelegenheit * zeitweise in ein Kunstwerk verwandeln wollen, können ihren Stuhl ab sofort bis zum 9. September 2016 werktags von 9 bis 17 Uhr im Kunstverein, Dreisamstr.21, 79098 Freiburg, vorbeibringen.

Die Ausstellung findet zwischen dem 16.09. und 30.10.2016 statt, anschließend sollten die Stühle wieder abgeholt werden.

* Stühle oder Hocker – keine Sessel oder Sofas