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Eröffnung Samstag, 6. September 2008, 19 Uhr

Stoff, Wolle, Karton, Holz, Metall: das Material beherrscht die Szenerie. Bei Alexandra Bircken (1967 / D) und Simon Denny (1982 / NZ) wird nach Strich und Faden versponnen, angeheftet, aufgehängt, angelehnt und eingeklemmt. In zwei parallel gezeigten Einzelausstellungen präsentieren die beiden Künstler in der Ursula Blickle Stiftung einen subjektiven Form- und Materialkanon, der eine eigenwillig fragile Sprache entwickelt. Wie bei Textilien, die aus beliebigen verspinnbaren Fasern zusammengefügt werden, entstehen hier netzartige Strukturen, die nicht unweigerlich einer Linearität folgen, sondern erst im Gewebe eine Einheit bilden. Bircken und Denny verfolgen auf unterschiedliche Weise Strategien der Kombination, der Assemblage und bewegen sich im Bereich zwischen Skulptur und Installation.

Kuratiert von Nicolaus Schafhausen und Florian Waldvogel (Witte de With, Center for Contemporary Art Rotterdam), werden die beiden KünstlerInnen für die Ausstellung in der Ursula Blickle Stiftung neue Arbeiten entwickeln. Es handelt sich um stellvertretende Positionen einer umfangreichen Gruppenausstellung, welche die beiden Kuratoren als Beitrag zur Brüssel Biennale 2008 entwickelt haben. Die Biennale thematisiert die verschiedenen Aspekte der Moderne und nimmt direkten Bezug auf die Weltausstellung in Brüssel 1958. Ausgangspunkt dabei ist die Annahme, dass sich das Ende der Moderne dadurch auszeichnet, dass es keine großen sinnstiftenden Erzählungen mehr gibt. D. h. Wissen und das daraus resultierende Handeln werden nicht mehr durch große Erzählungen legitimiert, sondern durch den Einzelnen, der sich seinen eigenen Bezugsrahmen konstruiert. Dies mündet in einer Vielzahl von Werten und Wahrheiten, die charakteristisch für das Ende der Moderne sind. Nicolaus Schafhausen und Florian Waldvogel haben für die Ausstellung in der Ursula Blickle Stiftung exemplarisch zwei KünstlerInnen (Bircken/Denny) ausgewählt, die der Frage nach dem Unterschied von narrativem und wissenschaftlichem Wissen nachgehen.

Die Objekte von Alexandra Bircken wirken fragil und zerbrechlich, sind aber gleichzeitig aus ganz boden - ständigem Material gearbeitet: Äste, Wolle, Holz und Aluminium. Meist sind es Assemblagen, die sie zu Skulpturen oder raumbezogenen Skulpturenformationen zusammenfügt. Stoffe, Wolle und Fäden verweisen in ihrer textilen Materialität unweigerlich auf die Zuweisung von Weiblichkeit; eine Genderthematik, die in den Arbeiten zwar unausgesprochen bleibt, neben den Materialien aber auch in den Formen anklingt. Behausungen, Nester und Netze legen einen Weiblichkeits-Diskurs nahe, werden von Bircken aber durch die Offenheit ihrer künstlerischen Ausdrucksform nicht eindeutig in diese Richtung gedrängt. Die Materialität und Beschaffenheit der Objekte schwingt dabei wie ein Hybrid zwischen handwerklichem Naturgewächs und künstlicher Synthese.

Auch Simon Denny arbeitet mit fragilen Konstruktionen, die sich im Raum zu eigenwilligen Erzählstrukturen akkumulieren. Erst im Ensemble fangen die einzelnen – meist profanen – Objekte an, durch den Kontrast ihrer Formen und Materialbeschaffenheit Reibung aufzubauen, die eine eigenartige Spannung und gleichzeitige Ordnung erzeugen. Scheinbar geschichts- und zusammenhanglos fügen sich einzelne Objekte und Materialelemente zu einem vielschichtig verzweigten Ganzen. Während Birckens amorphe Objekte kompositorischen Strukturen folgen, wirken die Installationen von Denny auf den ersten Blick wie zufällig zusammengestellt. Erst bei genauerer Betrachtung fallen die vielen Feinheiten in den Bezügen auf. Seine Materialien sind keine „Rohware“ der Natur, wie häufig bei Bircken, sondern bereits verarbeitete Gebrauchsgegenstände, die aus ihrem eigentlichen Funktionszusammenhang herausgelöst wurden. Beide Künstler widmen sich in ihrer Arbeit der Fragilität, die in der Kombination und im Arrangement unterschiedlich gewählter Materialien liegt. Sowohl die Natur, als auch die Reste alltäglicher Gebrauchsobjekte dienen ihnen für die Konstruktion einer eigenen Erzählstruktur, die sich im Raum manifestiert und durch den Betrachter mit Geschichte angereichert wird.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

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Alexandra Bircken / Simon Denny
Eine Ausstellung der Ursula Blickle Stiftung

Kuratoren: Nicolaus Schafhausen, Florian Waldvogel