press release only in german

Ab 1973 trat die Neue Galerie in engen kulturellen Austausch mit dem Nachbarland Ungarn: Seit diesem Jahr wurden zu den 1966 vom Leiter der Neuen Galerie Wilfried Skreiner gegründeten und bis 1992 von der Neuen Galerie organisierten „Internationalen Malerwochen in der Steiermark", die ursprünglich die Länder Italien, Ex-Jugoslawien und Österreich eingschlossen hatten, auch Künstler aus Ungarn eingeladen. Dazu wurden in Kooperation mit dem Ludwig Museum und der Kunsthalle Budapest zahlreiche Einzelausstellungen ungarischer Künstler veranstaltet. Auch bei den beiden Trigon-Biennalen von 1989 und 1991 (unter den Kuratoren Katalin Néray und Lorand Hégyi) waren ungarische Künstler beteiligt. Im Zuge dieser Ausstellungen gelangten Werke der zahlreich teilnehmenden Künstler in die Sammlung der Neuen Galerie. Einen umfassenden Rückblick auf die Kunst- und Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts in Österreich und Ungarn gewährleistete schließlich die 1996 von Peter Weibel kuratierte Ausstellung „Jenseits von Kunst", die in Graz, Budapest und Antwerpen gezeigt wurde.

Aus all diesen Aktivitäten entwickelte sich ein umfangreicher Bestand ungarischer Kunst in der Sammlung der Neuen Galerie, welcher nun eine wissenschaftlich aufbereitete Präsentation erfährt. Einige klassische, einführende Positionen, wie beispielsweise Fotografien von Lászlò Moholy-Nagy oder Werke von Lajos Kassák und Sándor Bortnyik, leiten auf den Schwerpunkt der Ausstellung in der ungarischen Kunst der 1960er bis 1990er Jahre über: Ein wesentlicher Bereich der ungarischen Kunst in den sechziger Jahren umfaßt abstrakt-geometrische Tendenzen. Der Bogen spannt sich vom Konstruktivismus (János Fajó, Imre Kocsis, István Nádler, András Mengyán) über die Op Art (Viktor Vasarely) bis hin zu Künstlern, welche diesbezüglich aus den verschiedensten Bereichen geschöpft und ganz spezifische Positionen entwickelt haben (Imre Bak, Tamás Hencze). Die siebziger Jahre werden von konzeptuellen Positionen geprägt (Gabor Attali, Imre Bak, Dora Maurer), die bisweilen deutliche Kritik am kommunistischen System erkennen lassen (Sándor Pinczehelyi). In den achtziger Jahren läßt sich, wie auch in Österreich und Ex-Jugoslawien, ein deutlicher Trend hin zur Malerei erkennen, der sowohl bewusst figurative (László Féhér, Karoly Kelemen) wie auch expressiv-abstrakte Positionen (Akos Birkás, András Gál, Miklos Palás) einschließt und von einer jüngeren, in der Mehrzahl nach dem Krieg geborenen Generation getragen wird. Auffallend ist, dass viele Künstler nicht nur einer Richtung zuzuzählen sind, sondern auf verschiedenen Gebieten gearbeitet haben. Imre Bak beispielsweise hat nach seinen abstrakt-geometrischen Arbeiten auch rein konzeptuelle Werke geschaffen, während István Nádler in den achtziger Jahren seine geometrischen Konstruktionen in eine Art expressiver Malerei übertrug. In den neunziger Jahren kam es zu einer Öffnung gegenüber den aktuellen Strömungen der internationalen Kunst. Eine weitere, jüngere Generation setzte eine Beschäftigung mit unterschiedlichsten Medien in Gang. Die Malerei tritt dabei wieder in den Hintergrund bzw. sie stellt nur eine Artikulationsmöglichkeit neben anderen dar. So gewinnen, wie beispielsweise bei Róza El-Hassan, Objekte, Installationen, Aktionen, Fotografie und Video an Bedeutung.

Diese Ausstellung zeigt mit rund 200 Gemälden, Graphiken, Plastiken und installativen Objekten einerseits einen Überblick über die Tendenzen und Entwicklungen der jüngeren ungarischen bildenen Kunst. Durch eine Kooperation mit dem Janus Pannonius Múzeum in Pécs - einer Partnerstadt von Graz und Kulturhauptstadt 2010 - werden mittels Leihgaben einzelne Positionen (u. a. Victor Vasarelly) dieses Überblicks gestärkt. Nicht zuletzt jedoch zeichnet die Ausstellung auch die neuere Sammlungsgeschichte der Neuen Galerie in wesentlichen Dezenien nach. Sie kann damit auch als Fortsetzung der letztjährigen Schau „Viaggio in Italia. Italienische Kunst 1960 bis 1990 aus der Sammlung der Neuen Galerie Graz" und somit eines programmatischen Anliegens gesehen werden, die Aktivitäten der Neuen Galerie als Brennpunkt der mitteleuropäischen Avantgarde seit den sechziger Jahren zu dokumentieren.

Künstler: Attalai Gabor, Bak Imre, Baranyai Andras, Bartha Laszlo, Bernat Andras, Birkas Akos, Borbas Klara, Bortnyik Sandor, Bullas Jozsef, Csiky Tibor, Deim Pal, Doczi Laszlo, El-Hassan Roza, Erdely Miklos, Erdös Janos, Janos Fajo, Feher Laszlo, Felvideki Andras, Ficzek Ferenc, Gal Andras, Gayor Tibor, Geller Istvan Bruno, Hajos Tibor, Halasz Karoly, Hatos Csaba, Hencze Tamas, Horvath Janos, Kadar György, Karolyi Zsigmond, Kassak Lajos, Kelemen Karoly, Keserü Ilona, Kismanyoky Karoly, Kocsis Imre, Koncz Andras, Kondor Bela, Konkoly Gyula, Körösényi Tamas, Lakner Laszlo, Lengyel Andras, Lukoviczky Endre, Maurer Dora, Mazzag Istvan, Megyik Janos, Mengyan Andras, László Moholy-Nagy, Molnar Farkas, Mulasics Laszlo, Nadler Istvan, Nemes Csaba, Pal Imre, Palos Miklos, Pinczehelyi Sandor, Pollacsek Kalman, Prihoda Laszlo, Püspöky Istvan, Rétfalvi Sandor, Rosko Gabor, Salmun Andras, Soos Tamas, Szabados Arpad, Szarka Peter, Szemenyey-Nagy Tibor, Szijarto Kalman, Szörtsey Gabor, Szücs Attila, Valkó Lászlo, Vasarely Victor, Veszely Beáta, Veszprémi Lászlo