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In der ersten Retrospektive nach dem Tod der amerikanischen Malerin Agnes Martin (1912–2004) ist deren außergewöhnliches Schaffen in allen seinen Facetten wieder und neu zu entdecken. Gemälde, Zeichnungen und druckgrafische Arbeiten zeichnen Martins künstlerischen Weg nach, von ihren frühen Bildern über die experimentellen Werke und Assemblagen, die in den 1950er-Jahren in New York entstanden, bis hin zu ihrem reifen Spätwerk.

Es ist ein der Abstraktion verpflichtetes Werk der leisen Töne, das sich im Umfeld des Abstrakten Expressionismus und der minimalistischen Tendenzen entwickelte. Seit den frühen 1960er Jahren konzentrierte Agnes Martin ihr Vokabular auf horizontale und vertikale Linien, die die Fläche gitterartig strukturieren oder in Streifen gliedern. Auf ihren matten, fast ausnahmslos quadratischen Leinwänden und Papieren spielt das Zusammenwirken der Linien des Grafit- oder Farbstifts und der reduzierten Palette zarter Grau- und Farbtöne eine wesentliche Rolle. Auf der Basis dieser Konzentration und Reduktion entwickelte Agnes Martin ein bildnerisches Universum von überwältigendem Reichtum, das dem geduldigen Auge faszinierende (Seh-) Erlebnisse zu schenken vermag.

Schon am Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn gewann Agnes Martin die Anerkennung der männlich dominierten Kunstszene New Yorks. Nachhaltig beeindruckte sie, die die meiste Zeit ihres Lebens in der Einsamkeit New Mexicos lebte, die Künstlerinnen und Künstler ihrer eigenen wie auch die der nachfolgenden Generationen. Dass ihr Werk heute dennoch vielen weitgehend unbekannt ist, resultiert nicht zuletzt aus der Tatsache, dass man ihm weder in Ausstellungen noch in Museumssammlungen häufig begegnet. Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen konnte 2011 ein Gemälde erwerben, das seither im Umfeld der Zeitgenossen – Jackson Pollock, Ellsworth Kelly, Franz Kline, Ad Reinhardt und Mark Rothko – im sogenannten "Amerikaner-Saal" (Robert Rademacher Galerie) präsentiert wird.

Vier internationale Museen in den USA und Europa ehren mit dieser Retrospektive eine der bemerkenswertesten Malerinnen ihrer Zeit, deren Rolle und Bedeutung für die Kunst des 20. Jahrhunderts noch nicht ausreichend geschätzt wird und die es neu zu bewerten gilt. Die Ausstellung umfasst 70 Gemälde, etwa 35 Zeichnungen sowie den druckgrafischen Zyklus On a Clear Day.

Kuratorin für die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen: Maria Müller-Schareck

Die Ausstellung ist organisiert von Tate Modern in Kooperation mit der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, dem Los Angeles County Museum of Art, und dem Solomon R. Guggenheim Museum, New York.