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Im Rahmen des 80jährigen Jubiläums der Siedlung Dammerstock thematisiert der Badische Kunstverein die Architekturausstellung „dammerstock-siedlung – die gebrauchswohnung“, die im Herbst 1929 in Karlsruhe stattgefunden hat.

Mit dieser Bauausstellung wurde der Öffentlichkeit anhand von 30 Musterwohnungen die erste Bauphase der Dammerstock-Siedlung im Karlsruher Süden vorgestellt. Die Siedlung war für insgesamt 228 Wohnungen in 20 verschiedenen Häusertypen angelegt. Damit reagierte die Stadt Karlsruhe auf die Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg, gleichzeitig sollte die Dammerstock-Ausstellung einen Beitrag zum damaligen Diskurs über „optimalen Wohnraum für alle“ und „Wohnungen für das Existenzminimum“ leisten.

Die Präsentation im Waldstraßensaal des Badischen Kunstvereins konzentriert sich auf das didaktische und mediale Konzept der damaligen Ausstellung, die das Neue Bauen einer breiten Bevölkerung erfahrbar machen wollte. Dabei stand nicht – wie noch bei den Bauausstellungen vor dem Ersten Weltkrieg – die reine Präsentation neuer Architektur, Inneneinrichtung und Kunstgewerbe im Vordergrund, sondern die Organisatoren verlagerten den Schwerpunkt der Ausstellungen in sozialpolitischer Hinsicht auf die Präsentationen von Häusern, Wohnungen und Einrichtungen für Arbeiter, Angestellte und kleinere Beamte.

Alle Drucksachen und Werbemittel für den Dammerstock wurden von dem MERZ-Künstler Kurt Schwitters einheitlich gestaltet und orientierten sich an den Gestaltungsrichtlinien, die für die architektonische Bebauung des Dammerstock vorgegeben waren. Die im Waldstraßensaal ausgestellten historischen Fotografien, Architekturpläne, Texte und Grafiken vermitteln die Erlebnisse in der Architekturausstellung und deren Kommunikation nach außen. Besonders die Ausstattungen der damals zur Besichtigung eingerichteten Musterwohnungen veranschaulichen den Versuch der Architekten, durch rationelle, funktionale und kostengünstige Inneneinrichtung eine neue Wohnform zu präsentieren, und gezielt auf den Geschmack der Besucher einzuwirken. Dabei wird das erzieherische Programm der Ausstellung deutlich: Als Resultat einer völlig veränderten Bauform und Wohnungsgestaltung wird die zukünftige Lebenswelt eines "neuen" und "modernen" Menschen visioniert.

Für alle Häusertypen galten gleiche grundlegende Gestaltungsmittel, wie Stockwerkhöhe, Größe der Fensterelemente, Flachdach, weißer Putz und graue Sockel, doch die eigentliche Grundriss- und Fassadengestaltung blieb den einzelnen Architekten überlassen. An den Beispielen der Gruppe 3 von Otto Haesler und Gruppe 9 von Walter Gropius wird im Waldstraßensaal die unterschiedliche Umsetzung der Ziele des Neuen Bauens in Architektur und Inneneinrichtung verdeutlicht. Das Credo „Licht und Luft für jeden“ dominiert Otto Haeslers Häusertypen durch die bewusste Verteilung der Räume nach dem Verlauf der Sonne. Walter Gropius hingegen orientiert sich sowohl bei der Grundriss- als auch der Fassadengestaltung an Elementen der Industriearchitektur.

Alle Wohnungen der Dammerstock-Siedlung waren standardmäßig mit einer modernen Einbauküche in Anlehnung an die „Frankfurter-Küche“ ausgestattet. Dieser von der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky 1926 entworfene Grundtypus einer funktionalen Küche wird in dem Film von Paul Wolff (1927) vorgestellt. Außerdem waren die Wohnungen nach den damals neuesten hygienischen Standards mit fließend Warm- und Kaltwasser ausgestattet sowie größtenteils über Zentralheizung beheizt. Ein zentrales Waschhaus mit modernsten Maschinen stellte eine effektive Erleichterung und Zeitersparnis für die Hausarbeit dar. So war die gesamte Siedlung bis in die Details der Inneneinrichtung auf eine Rationalisierung des Alltags ausgerichtet, mit dem Ziel, praktische Gebrauchswohnungen zu schaffen, die trotz modernster Technik und Ausführung für einen Großteil der Bevölkerung erschwinglich waren.

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80 Jahre Dammerstock - Siedlung des Neuen Bauens
Die Ausstellung von 1929

Künstler: Walter Gropius, Otto Haesler, Kurt Schwitters