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Mit einer höchst ungewöhnlichen Opern-Produktion startet die 30. Ausgabe der Duisburger Akzente. Das Sparten übergreifende Kulturfestival wird am Freitag, 4. Mai, 20 Uhr, mit „The CIVIL warS“ von Philip Glass eröffnet. An der Neuinszenierung für die Duisburger Akzente, die noch einmal am 6. Mai zu sehen ist, wirken unter anderem das Freiburger Aktionstheater PAN.OPTIKUM, die Duisburger Philharmoniker, der Chor der Universität Witten / Herdecke und internationale Gesangssolisten mit. Festredner der Eröffnung wird Dr. Heiner Geißler, Bundesminister a.D., sein.

NORMAL - 30. DUISBURGER AKZENTE

In Fortsetzung der Fragestellung der Akzente 2006 „Woran glauben?“ soll auch im Jahr 2007 die Werteordnung unserer Gesellschaft im Fokus der Auseinandersetzung stehen. Unter dem Titel „Normal“ geht es darum, die Regeln, Normen und Leitlinien unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu befragen. Wer und was bestimmt mit welchen Motiven, was als normal gilt und was von dieser Norm abweicht? Welche Bevölkerungsgruppen gelten aus welchen Gründen als Randgruppen? Wer wird weshalb zum Außenseiter?

Es ist in menschlichen Gemeinschaften notwendig, Regelsysteme zu formulieren, die Grenzen setzen, innerhalb derer wir uns bewegen. Ein möglich großer Konsens über diese Regeln und Grenzen schafft Verhaltenssicherheit und ermöglicht ein Zusammenleben, das Konflikte begrenzt und handhabbar macht.

Die Beantwortung der Frage, was als ‚normal’ gilt, ist abhängig von der Gesellschaft und den Traditionen, die jeweils ins Blickfeld genommen werden. Je nach Ort und kulturellem Hintergrund werden sich die Antworten auf diese Frage voneinander unterscheiden.

In Deutschland geben uns das Bürgerliche Gesetzbuch und das Strafgesetzbuch ein verbindliches Regelwerk an Normen und Verhaltensanweisungen vor. Darüber hinaus gibt es aber eine Reihe von Regeln und Normen, die weniger verbindlich geregelt sind. Sie werden kontinuierlich innerhalb der Gesellschaft neu ausgehandelt und spiegeln dabei gesellschaftliche Veränderungen und Wandel wider. Die Interaktionen, in denen über das „Normale“ verhandelt wird, sind heute nicht mehr lokal oder national begrenzt, sondern werden immer mehr beeinflusst von globalen Entwicklungen. Unsere Wirtschaft und ihre Gesetzmäßigkeiten, die auch unser soziales Verhalten beeinflussen, lassen sich nur noch global erklären. Mobilität, Reiselust und auch elektronische Medien wie Fernsehen und Internet erweitern die Zone unserer Interaktionen erheblich und nehmen so auch Einfluss auf soziale Codes.

Versucht man Antworten auf die Frage „Was ist normal?“ so liegt es nahe, die Frage ex negativo zu beantworten: Die Frage ‚Was ist normal?’ impliziert die Frage danach, was als anders oder unnormal ist. Was wird als sozial abweichendes oder störendes Verhalten empfunden? Welche Kriterien dienen uns und der Wissenschaft dazu, dies zu beurteilen? Die Norm lässt sich nur im Vergleich beschreiben; Kriterien der Beurteilung spiegeln unsere Ausgrenzungskriterien wider. Interessant wird die Frage dort, wo sich soziales Verhalten in einem Prozess der Wandlung zwischen Ausgrenzung und Akzeptanz befindet. Ein Bespiel hierfür ist das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“, das in heftigen Kontroversen ausgehandelt wurde und das zuvor Ausgegrenzte als „normal“ integriert. Hierin liegen eine Fülle von gesellschaftlich aktuellen Themen an der Schwelle zwischen akzeptiertem, „normalem“ Verhalten und gesellschaftlich nicht akzeptierten Verhaltensformen.

Kunst und Kultur haben die wichtige Aufgabe das „Normale“ auf den Prüfstand zu stellen. In der Kunst ist das „Normale“, das Gewöhnliche, Übliche und Durchschnittliche oft Gegenstand von Kritik, Polemik, und Satire. Das Abseitige, das, was unter der Oberfläche des Normalen existiert, aber auch das Zukünftige, das, was noch nicht in das Regelwerk des Normalen eingegangen ist, ist Gegenstand der Kunst. In Kunst und Kultur findet die Überschreitung des Normalen nicht nur als Provokation statt, sondern erfüllt die Aufgabe, gesellschaftliche Veränderungen vorzubereiten, anzukündigen und für sie eine Form zu finden, die die Veränderungen kommunizierbar und so zum Gegenstand des gesellschaftlichen Diskurses macht. Die Kunst arbeitet an der kontinuierlichen Überprüfung und Ausweitung des Normalen, denn die Norm schafft nicht nur Verhaltenssicherheit, sondern begrenzt zugleich mögliches Verhalten. Sie ist ein Instrument der gesellschaftlichen Disziplinierung.

In der Kunst werden Gegenmodelle zum allgemein akzeptierten Verhalten entworfen. Diese Gegenentwürfe sind nicht selten in der Lage, den Rahmen dessen, was sozial akzeptiert wird zu erweitern. Unter der Oberfläche der Norm wird abweichendes Verhalten von Menschen, die sich am Rande der Gesellschaft bewegen, als vielleicht typisch menschliches Verhalten sichtbar.

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30. Duisburger Akzente
"NORMAL"

mit Chinmayo , Philip Glass, Petra Dreier & Michael Hanousek, Evangelos Koukouwitakis, Katharina Mayer, Shahryar Nashat ...