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Als elementarer Bestandteil bildender Kunst ist Farbe im Grunde unübersehbar und wird dennoch selten als eigenständiges Aussagemittel betrachtet. Wenn Farbe auf einer Leinwand jedoch nicht nur Mittel, sondern vielmehr Objekt eines Werkes ist, kann es zu einer bewussten Wahrnehmung dieses gestalterischen Ur-Stoffes kommen. Arbeiten der Farbmalerei sind mehrfarbig oder auch monochrom, immer aber nicht-figurativ. Die kommende Ausstellung im Kunsthaus Stade widmet sich der Farbmalerei von 1995 bis heute. Werke von 19 Künstlerinnen und Künstlern aus Deutschland werden präsentiert, die von der bildnerischen Kraft der Farbe zeugen.

Gewohnte Sehmuster sowie Lesarten der figurativen Malerei dürfen angesichts dieser Werke aufgegeben werden. Die Chance der voraussetzungslosen Betrachtung dieser Kunst offenbart den geradezu demokratischen Charakter der gegenstandsfreien Malerei, die zu selbstständiger Interpretation einlädt und dieser nicht die Kenntnis des kunstgeschichtlichen Kanons voranstellt. Stattdessen gilt es zu entdecken. Werke der Farbmalerei legen Strukturen dar. Der Einfluss von Licht oder Schatten wird ablesbar. Die aufgetragenen Farb-Schichten führen vielleicht die grundlegende Bedeutung von nebeneinander, übereinander aber auch untereinander vor. Die im Kunsthaus ausgestellten Arbeiten sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten entstanden, der Betrachter begegnet Werken, die der eigenen Zeit entstammen und dennoch gleichzeitig das bisher Übersehene aufzeigen können.

Der Presse ist zu entnehmen, dass Bundespräsident Christian Wulff in diesem Jahr einige seiner Berliner Räume um zeitgenössische Kunst erweitern konnte, er entschied sich für gegenstandsfreie Malerei. Dr. Ulrike Schick, Kuratorin der Ausstellung im Kunsthaus Stade, stand ihm hierbei beratend zur Seite, gemeinsam wurden 15 Werke aus dem Museum für gegenstandsfreie Kunst ausgeliehen. Parallel zur derzeit vielbesprochenen figurativen Kunst ist die Farbmalerei ein stetes Thema der zeitgenössischen Kunst, voller Vielfalt und Vielschichtigkeit.

Zu einzelnen Werken: In den Arbeiten von Christian F. Kintz wird der Blick des Betrachters vom glattgestrichenen, einfarbigen Zentrum der Bilder zu den Rändern gelenkt. Hier kann entdeckt werden, dass nicht nur eine Farbschicht aufgetragen wurde, sondern sich unterschiedliche Farben in Schichten überlagern. Im Gegensatz zum glatten Vordergrund quellen die Farben auf der schmalen Bildleiste geradezu plastisch in den Raum. Die optische und haptische Vielfalt des Werkes entfaltet sich neben dem Zentrum und wird wahrnehmbar, wenn der Betrachter „um die Ecke“ schaut.

Dem Maler Rolf Rose gelingt es ebenfalls auf besondere Weise, den verwendeten Farben zu gesteigerter Sichtbarkeit zu verhelfen. Mit unterschiedlich starkem Druck auf die Leinwand aufgetragen, beginnt sich die jeweilige Farbe unter dem Spachtel oder Rakel zu verändern, Strukturen entstehen, die wie changierende Seide schimmern oder an glänzendes Metall erinnern.

Neben der Farbe wird in den Bildern von Ute Heuer auch der Pinselstrich deutlich sichtbar. Grundfarben werden von ihr unvermischt auf die Leinwand aufgetragen und gradlinig mit einem bildbreiten Pinsel verteilt; die künstlerische Arbeit wird nachvollziehbar. In ihren Werken ist der Zufall ein ästhetisches Prinzip, so rational die Durchführung auch sein mag, die Ergebnisse – in Reihe betrachtet – offenbaren, dass sich hier Farbe und Werkzeug selbst verwirklichen konnten.

Künstler der Ausstellung: Stephan Baumkötter · Achim Bertenburg · Thomas Deyle · Monika Falke · Susanne Fleischhacker · Norbert Frensch · Roger Hahn · Ute Heuer · Michael Kaul · Christian F. Kintz · Wolfgang Michael · Bernd Minnich · Lienhard von Monkiewitsch · Rolf Rose · Frank Rosenthal · Ricardo Saro · Rainer Splitt · Jobst Tilmann · Rüdiger Stanko

Alle ausgestellten Werke stammen aus der Sammlung der Sparkasse Stade–Altes Land. Seit 1995 sammelt die Sparkasse Stade-Altes Land gegenstandsfreie Kunst mit dem Schwerpunkt Farbmalerei. Die Kollektion umfasst mittlerweile 47 Arbeiten von 25 Künstlerinnen und Künstlern. Das 175-jährige Jubiläum war für die Verantwortlichen der Sparkasse Stade-Altes Land Anlass, eine Auswahl dieser Sammlung erstmals außerhalb der eigenen Räumlichkeiten zu präsentieren. Diese Ausstellung wurde ermöglicht durch die großzügige Förderung der DekaBank, der Landesbausparkasse sowie der VGH Versicherungen.

Begleitend ist ein Sammlungskatalog mit dem Titel „Farbmalerei“ erschienen, der die Faszination dieser Werke auf beeindruckende Weise einfängt. Unter anderem mit einem Aufsatz von Joachim Kreibohm sowie zahlreichen farbigen Abbildungen. Preis: 22,- EUR, erhältlich im Kunsthaus Stade.

Kuratoren: Dr. Ulrike Schick, Leiterin des Museums gegenstandsfeier Kunst, Otterndorf · Ulrike Schneider, Referentin für Bildende Kunst bei der Niedersächsischen Sparkassenstiftung · Dr. Joachim Kreibohm, Chefredakteur des Kunstmagazins artist

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... Ausser Haus ...
Zeitgenössische Farbmalerei
Kuratoren: Ulrike Schick, Ulrike Schneider, Joachim Kreibohm

Künstler: Stephan Baumkötter, Achim Bertenburg, Thomas Deyle, Monika Falke, Susanne Fleischhacker, Norbert Frensch, Roger Hahn, Ute Heuer, Michael Kaul, Christian F. Kintz, Wolfgang Michael, Bernd Minnich, Lienhard von Monkiewitsch, Rolf Rose, Frank Rosenthal, Ricardo Saro, Rainer Splitt, Jobst Tilmann, Rüdiger Stanko