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Die Ausstellung »Xtreme Houses« basiert auf einem Buch mit dem gleichnamigen Titel, das Courtenay Smith zusammen mit dem Londoner Autor Sean Topham geschrieben hat. Gezeigt werden die Arbeiten von einundzwanzig regionalen und internationalen Architektinnen, Künstlerinnen, Designerinnen, Kollektiven, Firmen, Individualistinnen und anderen Fachleuten, die innovative und radikale Ansätze zum zeitgenössischen Wohnungsbau und dem Problem Obdach aufzeigen. Die Ausstellung kombiniert lebensgroße Prototypen, Modelle, Zeichnungen, Fotografien und Monitor-Präsentationen miteinander. Das Projekt ist das bisher umfassendste der lothringer dreizehn.

Zum zweiten Mal arbeitet unser Kunstraum mit der Stiftung Federkiel · Halle 14 als Partnerorganisation zusammen. Sie wird die Ausstellung in Leipzig präsentieren. (Vorläufer dieser Kooperation war die Stiftung-Federkiel-Ausstellung »Get Rid of Yourself: Zehn Künstler/gruppen aus den USA« vom 6.12.03 – 28.02.04 in Halle 14 und lothringer dreizehn.) Die Stiftung (www.federkiel.org) unterstützt Kunst und Architektur und hat eine eigene Ausstellungshalle auf dem Gelände der ehemaligen Leipziger Baumwollspinnerei. Im Rahmen dieser Partnerschaft werden wir eine Vielzahl an Vorträgen und Video-Präsentationen organisieren, die sich mit dem Thema Haus und Heimat auseinander setzen.

Konzept Wir sind alle Architekten Wir—die Kuratoren dieser Ausstellung—sind keine Architekten. Wir haben auch nicht Architektur studiert. Dennoch haben wir die längste Zeit unseres Lebens in einer Art von Haus gelebt und haben diese Häuser unseren Bedürfnissen entsprechend gestaltet, was uns, wie auch alle anderen, die eine Entscheidung über ihr Zuhause getroffen haben, unserer Meinung nach zu Architekten macht. Wir möchten herausfinden, was ein Haus konstituiert, oder besser noch ein Zuhause ausmacht, da ein “Haus” eine individuelle Lösung für das Thema Obdach darstellt, während “Wohnungsbau” das Wohnen auf Massen-Ebene beschreibt. Wohnungsbau ist unserer Meinung nach eine Pauschallösung, die jedermann gleich behandelt. Die Erscheinungsformen sind gleichförmig und oftmals langweilig. Häuser jedoch sind einzigartig und berücksichtigen die Wahrnehmung des Einzelnen in Bezug auf ein “Zuhause”, welche sich von der Meinung anderer unterscheiden kann. In Anbetracht der hohen Aktivität im Bereich der Haus-Gestaltung können wir das, was wir entdeckt haben und hiermit ausstellen als die internationale Spitze der Wohnarchitektur beschreiben, auch wenn sie sicherlich nicht—oder zumindest noch nicht—beim Immobilienmakler oder in den Wohnungsanzeigen beworben wird.

Die Häuser, die wir in dieser Ausstellung zeigen, sind extrem, weil sie Herausforderungen an die traditionellen Bautechniken stellen oder ein Problem zu lösen versuchen. In bestimmten Fällen nehmen die Häuser, die wir ausgewählt haben, im sprichwörtlichen Sinn einen Platz am Rande der Gesellschaft ein, während sie in anderen Fällen gänzlich davon entfernt sind und für extreme Umweltbedingungen oder soziale Situationen gestaltet wurden. Sie antworten auch auf ungewöhnliche Umstände wie eine nie zuvor da gewesene Mobilität, horrende Immobilienkosten, Naturkatastrophen, Krieg, Massenmigrationen, soziale Unterschiede und Obdachlosigkeit. Weiterhin führen diese von uns ausgewählten Häuser fast ausschließlich neue oder in Vergessenheit geratene Technologien und Materialien vor, die Formen ergeben, welche neue Wege der Interaktion mit anderen Menschen und unserer Umwelt erzeugen.

Ein Thema, das wir gründlich untersucht haben und welches je nach Kontext verschiedene Formen annimmt, ist Obdachlosigkeit. In westlichen Städten ist sie oft das Ergebnis von Unglück, Nachlässigkeit oder von bewusster Entscheidung für das Leben auf der Straße, wohingegen sie in unsicheren oder nicht-industrialisierten Regionen aus elender Armut, Bürgerkrieg, Diskriminierung oder politischer Unterdrückung hervorgeht. Weitere ausführlich behandelte Themen sind die Globalisierung und die Konsumgesellschaft in Bezug auf die Wohnungsbau-Industrie wie auch die Explosion von Do-It-Yourself- oder Heimwerker-Strategien in einer Vielzahl von Zusammenhängen. Was in der ersten Welt als experimentell angesehen wird, geht in der dritten Welt oftmals als Schutzbehausung durch—sogar wenn beide Beispiele durch ähnliche Techniken fundiert sein mögen. Schließlich haben wir einen ausführlichen Blick auf nomadische Wohnsysteme geworfen und darauf, wie wir alle mit den Auswirkungen der zunehmenden Mobilität fertig werden. Es gibt eine große Anzahl an Grenzüberschreitungen auf diesem Gebiet mit Vehikeln und tragbaren Kabinen, die darum kämpfen, zu Recht als Architektur angesehen zu werden. Im Kontext Münchens als florierender Geschäftsstadt mit effektiver urbaner Dichte und akutem Wohnmangel und Leipzigs als Schrumpfstadt mit vielen Freiräumen und tausenden leer stehenden Wohnungen beantworten die vorgestellten Wohnalternativen urbane Fragen aus verschiedenen Perspektiven.

Das breite Spektrum der ausgewählten Gestalter und Bauformen aus Afrika, Australien, Europa und Nordamerika gibt einen Einblick in die grenzenlose Vielfalt neuer Ideen und Entwürfe für den Wohnraum. In der Ausstellung demonstrieren sie die Fähigkeit der Architektur, unseren Lebensraum zu gestalten.

Xtreme Houses Arbeiten von einundzwanzig regionalen und internationalen Architektinnen, Künstlerinnen, Designerinnen, Kollektiven, Firmen, Individualistinnen und anderen Fachleuten Teilnehmende Künstler: Alles Wird Gut, Allmann - Sattler - Wappner, Atelier van Lieshout, Winfried Baumann, Robert Bruno, FAT/Fashion Architecture Taste, Sean Godsell, Hai Merlin Studio für Architektur, Michael Hönes, Jones Partners, Maix Mayer Kooperation: Stiftung Federkiel Halle 14, Leipzig

Das Buch »Xtreme Houses« ist im Prestel Verlag (2002) erschienen und an beiden Stationen der Ausstellung erhältlich.