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Der akteur agiert und wird selbst zum material: stottern, stammeln, stöhnen, röcheln, schreien, kreischen, lachen, spucken, beißen, kriechen, sich im material wälzen. (Günter Brus, Otto Muehl, 1966)

Die 1968 unter Beteiligung der Wiener Aktionisten Günter Brus und Otto Muehl stattfindende Veranstaltung „Kunst und Revolution“ an der Universität Wien ist als größter Kunstskandal der zweiten Republik in die Geschichte des Landes eingegangen. Brus, Muehl und Oswald Wiener, die Hauptprotagonisten des von der Boulevardpresse zur „Uni-Ferkelei“ stilisierten Happenings, mussten aufgrund strafrechtlicher Verfolgung Österreich verlassen. Heute, knapp vierzig Jahre danach, gilt der Wiener Aktionismus unbestritten als einer der wichtigsten Beiträge Österreichs zu den Entwicklungen der internationalen Avantgarde. Das MUMOK besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen dieser Bewegung und hat sich vor allem durch den Ankauf des Friedrichhof-Archivs (2003) — mit Originaldokumenten, Aktionsfotografien und Filmmaterial — als internationales Kompetenzzentrum für den Wiener Aktionismus etabliert. Mit der Kollektion von Julius Hummel zeigt das MUMOK eine äußerst facettenreiche und repräsentative Privatsammlung des Wiener Aktionismus aus einem sehr persönlichen und engagierten Blickwinkel. Hummel war bereits früh von der Radikalität dieser Kunst fasziniert und hat ihre tatsächliche Bedeutung erkannt. Er war davon überzeugt, dass der Aktionismus mitten im Spannungsfeld einer revolutionären Entwicklung im internationalen Kunstgeschehen stand.

Zu den Künstlern, die sich Anfang der Sechzigerjahre zur Gruppe der Wiener Aktionisten zusammengeschlossen haben, zählen Günter Brus, Hermann Nitsch, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkogler. Innerhalb des damaligen konservativen gesellschafts- und kulturpolitischen Umfeldes wandten sie sich mit ihren Aktionen gegen bürgerlich-akademische Kunstkonzepte. Sie suchten nach neuen Ausdrucksformen und entwickelten unterschiedliche Konzepte, in denen die zeitgenössische abstrakte und informelle Malerei durch performative Verfahren erweitert bzw. überwunden wurde.

Mit äußerster Konsequenz und Radikalität betrieben sie eine Vermischung von Kunst und Leben, wobei der Körper als „Aktionsfeld“ und „Material“ im Mittelpunkt stand. Die Künstler verfolgten eine — zum Teil immer noch als provokativ empfundene — schonungslose Auseinandersetzung mit verdrängten Trieben, sexuellen Tabus, Ängsten und Aggressionen. Die Absicht bzw. Notwendigkeit, ihre performative Arbeit über den Moment der Aufführung hinaus festzuhalten und zu vermitteln, brachte ein breites Spektrum künstlerischer Dokumentationen in Form von Filmen, Fotos und Texten hervor, das die unverwechselbare mediale und thematische Vielfalt dieser Kunstrichtung charakterisiert.

Die seit den Siebzigerjahren aufgebaute Sammlung Hummel spiegelt diese Vielfalt wieder. Mit mehr als 200 Bildern, Objekten, Filmen, Aktionsfotografien und Dokumenten vermittelt sie einen umfassenden Überblick über das Schaffen der Hauptprotagonisten Brus, Muehl, Nitsch und Schwarzkogler. Julius Hummel hat auch immer versucht „in die Tiefe zu sammeln“ und die Arbeiten der Wiener Aktionisten in einen österreichischen und internationalen Zusammenhang zu stellen. Die Ausstellung zeigt demgemäß auch Vorläufer und inhaltlich verwandte Positionen, darunter Werke von Marcel Duchamp, VALIE EXPORT, Elke Krystufek, Paul McCarthy oder Arnulf Rainer.

KünstlerInnen der Ausstellung Günter Brus Otto Muehl Hermann Nitsch Rudolf Schwarzkogler Enrico Donati Marcel Duchamp VALIE EXPORT Heinz Frank Franz Graf Elke Krystufek Friedl Kubelka Paul McCarthy Arnulf Rainer Christoph Schlingensief Erwin Wurm

Pressetext

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Wiener Aktionismus
Die Sammlung Hummel
Kuratoren: Edelbert Köb

Werke von Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch, Rudolf Schwarzkogler, Enrico Donati, Marcel Duchamp, VALIE EXPORT, Heinz Frank, Franz Graf, Elke Krystufek, Friedl Kubelka, Paul McCarthy, Arnulf Rainer, Christoph Schlingensief, Erwin Wurm