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In der Ausstellung Who the f*ck is Halil Altindere? präsentiert das Kunstpalais Fotografien, Skulpturen, Objekte und Videoarbeiten des Künstlers Halil Altindere und gibt damit einen umfassenden Einblick in sein Werk. Als Künstler, Kurator und Herausgeber zählt Altindere zu den wichtigsten Protagonisten der zeitgenössischen Kunstszene in der Türkei. Im kommenden Jahr ist er Mitglied der internationalen Kurzfilmjury der Berliner Filmfestspiele. Nachdem er 2014 bereits mit seiner Videoarbeit Wonderland (2013) in der Ausstellung Affekte im Kunstpalais vertreten war, eröffnet die Einzelausstellung nun den Blick auf weitere Themen seines vielfältigen Werkes. Erstmals wird seine jüngste Videoarbeit Angels of Hell (2014) zu sehen sein, die in Koproduktion mit dem Kunstpalais entstanden ist. Im Stil eines Actionfilms kämpft hier Gut gegen Böse, bis ein Doppelgänger des Staatsgründers Atatürk gemeinsam mit einer muskelbepackten Miss Turkey ein Treffen der Gangster sprengt. Ausgehend von der Frage nach individueller Identität im Spannungsfeld von Moderne und Tradition, Großstadt und Provinz, Autorität und Kontrolle hinterfragt Altindere die Mechanismen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Ironisch und provokant nutzt er dabei Symbolik und Sprache des Systems, das er kritisiert: So lässt er Atatürk in Dance with Taboos (1997), einer übergroßen Kopie eines türkischen Geldscheins, die Hände vor das Gesicht schlagen. Auch seinen eigenen türkischen Ausweis als Symbol staatlicher Deutungshoheit über die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft verändert Altindere und fügt ein anderes Foto von sich ein (Dance with Taboos (ID), 1997). Inspiriert vom Alltag auf den Straßen Istanbuls lenkt Altindere in seinen jüngeren Arbeiten den Blick auf das Leben unterschiedlicher Subkulturen: In den türkischen Nationalfarben Rot und Weiß präsentiert sich selbstbewusst und stolz Miss Understood (2010), die früher einmal ein Mann war. Der Künstler greift damit die schwierige Situation Transsexueller in der Türkei auf, die gesellschaftlich nicht akzeptiert sind und auch von staatlicher Seite benachteiligt werden. Mit der Wachsskulptur The monument of an illegal street vendor (2012) setzt der Künstler einem Verkäufer gefälschter Designerhandtaschen ein Denkmal und damit einem weiteren Teil der Gesellschaft, dem häufig Verachtung entgegenschlägt. Im Spiel mit Erwartungen stellen die Werke Halil Altinderes klischeehafte Vorstellungen auf die Probe und hinterfragen das Verhältnis zwischen Bürger und Autorität. Durchaus subversiv und doppeldeutig lotet er dabei aus, welche Rolle Kunst und Künstler in diesem Zusammenhang zukommen. Zwei bedeutende Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts verknüpft Altindere mit seiner Herkunft als Sohn kurdischer Eltern in Fotografien seiner Mutter. In farbenfrohen Kleidern und im Schneidersitz auf bunten Kissen sitzend, zeigt er sie in My mother likes pop-art because pop-art is colorful (1998) und My mother likes fluxus because fluxus is anti-art (1998), wie sie in einem Pop Art- und einem Fluxus-Katalog liest. Der Bezug zu historischen wie zeitgenössischen Quellen der westlichen Kunst- und Kulturgeschichte findet sich in weiteren Werken des Künstlers. So erweitert er die von dem amerikanischen Konzept- und Medienkünstler John Baldessari zusammengestellte Liste mit Tipps, wie Kunstwerke beschaffen sein müssen, um am besten verkauft zu werden, um einige Punkte (Tips for artists who want to sell (after Baldessari), 2012). Auf diese Weise beleuchtet er zugleich seine eigene Rolle als Künstler im System Kunstmarkt. Begleitend zur Ausstellung bietet das Kunstpalais ein umfangreiches Programm an. Erstmals werden in Kooperation mit dem Türkisch-Deutschen Solidaritätsverein Erlangen Führungen in türkischer Sprache angeboten. Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene bieten zahlreiche Workshops die Möglichkeit, selber kreativ zu werden. Zum Abschluss der Ausstellung am 22. März 2015 findet in Kooperation mit ERBEŞ e. V. ein Gespräch mit Sabine Adatepe, der Herausgeberin des Buches Gezi: Eine literarische Anthologie (2014), statt.