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In unserer aktuellen Ausstellung „von den Schatten der Ideen“ haben sich die beiden Künstlerinnen Anne Brannys und Harriet Groß dem Nachdenken über die Zerbrechlichkeit und Widerständigkeit von Wissen, das in seiner Vorläufigkeit permanent von sich selbst bedroht und gleichzeitig vitalisiert wird, über seine Manifestation in unseren Vorstellungsräumen und seinen reversiblen Abdrücken in unserem Gedächtnis zugewandt. Immer wieder wurde in den ver-gangenen Jahrhunderten der Versuch unternommen, den Gedächtnisraum für eine effiziente Nutzung zu strukturieren. Diese Versuche führten zu einer ausdifferenzierten Entwicklung der Gedächtniskunst, einer ursprünglich antiken Erfindung, die bis heute eine große Relevanz aufweist wie äquivalente Entwicklungen für Speicherung und Abruf von Informationen im digitalen Zeitalter aufzeigen.

Anne Brannys konzentriert sich in ihren Arbeiten auf die Übertragung von Gedächtnissystemen in sinnlich erfahrbare und begehbare Räume. Dabei gilt ihr künstlerisches Interesse Phänomenen, die gleichermaßen durch Immanenz wie durch Flüchtigkeit gekennzeichnet sind. Ihre Annäherung an schwer greifbare, sich einer Eindeutigkeit entziehenden Fragestellungen ist geprägt durch die Suche nach einer inneren Struktur und Konnexität und dem Ausloten von künstlerischen Potentialen, wo diese scheitern. In den Räumlichkeiten der Galerie wird sie eine Entwurfsskizze für eine fragile Architektur von Erinnerung und Imagination entwickeln; eine ordnende Übersetzung von Nachdenklichkeit in ein Bild.

Harriet Groß zeichnet um zu verstehen. Sie zeichnet im Raum und eröffnet darin weitere Räume, die den Übergang von imaginären zu konkreten Ordnungssystemen verorten. Ihre Linien lösen sich von der Absicht Reales zu beschreiben. Sie können als Struktur gelesen werden, die aus der Fülle des Gedächtnisspeichers und neuer Sinneswahrnehmung persönliche Bilder und Ideen entstehen lassen, abhängig vom jeweiligen Betrachter.Mit ihrer fragilen Raumstruktur „Störung“ von 2015 greift sie in diesem Vorgang des Ordnens den Moment der Störung, der Diskontinuität, der Verdichtung und des Zufalls auf. Durch Irritation eines einzelnen Elements gerät die gesamte Struktur ins Wanken und fordert eine Reaktion ein, die ein Weiterdenken und damit auch Erkenntnisse provoziert.

Wir laden Sie ein, die Denk- und Vorstellungsräume der Künstlerinnen zu betreten. Darüber hinaus wird in einer Gesprächsrunde mit verschiedenen ExpertInnen aus den Bereichen Sammlung und Archivwesen das Experiment eines potentiellen Raumentwurfs für ein Gedächtnis- und Ordnungssystem unternommen werden. Auch zu dieser Sonderveranstaltung heißen wir Sie schon jetzt herzlich willkommen! - Axel Obiger