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Das neue Museum der Moderne in Salzburg wird in erster Linie für die Präsentation der Sammlungsbestände des Hauses konzipiert. Bei der offiziellen Eröffnung im Oktober 2004 wird die erste Ausstellung diesem Thema gewidmet sein: "Vision einer Sammlung" ist eine Fortsetzung des bisherigen Sammlungskonzepts in die Zukunft. Ausgehend von ausgewählten Kunstwerken aus Sammlungsbesitz wird eine Konzeption entwickelt, die den Charakteristika der Sammlung folgt und dennoch ihre Intentionen erweitert. In suggestiven räumlichen Einheiten werden thematische und inhaltliche Schwerpunkte dargestellt, die sich zu einem "Boulevard" zusammenschließen: Ausgehend von frühen Einzelfiguren des Jahrhundertbeginns wie Gustav Klimt, Richard Gerstl oder Lovis Corinth werden dem Projekt der Moderne eigene Werkgruppen rund um die Darstellung des Expressiven gewidmet. Weiters rücken großformatige Beispiele der Cobra-Künstler und der darauf reagierenden jüngeren Kunst einen spontanen, gleichsam anti-künstlerischen Impetus ins Blickfeld oder untersuchen Objektkunst und Installationen etwa aus dem Umkreis von Franz West oder Sylvie Fleury einen neuen Skulpturenbegriff. Eine weitere Fragestellung konzentriert sich auf die Medialität und Materialität von Kunst: Farbtafeln von Imi Knoebel und Rudi Stanzel werden digitale Konzepte von Gerwald Rockenschaub oder Fotografien von Cindy Sherman gegenübergestellt. Die malerische Position bleibt im Bereich der Sammlung und der in dieser Ausstellung präsentierten "Desiderate", Dauerleihgaben und Schenkungen dennoch stark spürbar: Bedeutenden österreichischen Künstlern wie Kurt Kocherscheidt werden Werke internationaler Künstler etwa von David Salle gegenübergestellt. Die "Vision einer Sammlung" ist das erste Andenken einer neuen Konzeption, die vom Moment der Ausstellung ausgehend, Schwerpunkte und Profil der eigenen Sammlung demonstrieren möchte.

DER WEG DURCH DAS NEUE MUSEUM Die Architektur des Museums der Moderne eröffnet 3 Ausstellungsebenen, die eine klare Konzeptionierung der Eröffnungsausstellung in 3 wesentliche Bereiche der Fragestellungen zur modernen und zeitgenössischen Kunst anbieten:

1. Die Fragestellung zum Bild des Menschen in der heutigen Zeit 2. Der Problemkreis der Materialität bzw. Immaterialität des Mediums der aktuellen Kunstproduktion 3. Das Auftauchen eines neuen narrativen und malerischen Gestus in der Kunst des 21. Jahrhunderts.

Diesem Nachspüren von virulenten Themen und Verfahren in der unmittelbar aktuellen Kunst wird eine "Motiv- und Kunstgeschichte" mit Rückblicken und Bezüglichkeiten zum Beginn der Moderne seit der letzten Jahrhundertwende gegenübergestellt. Unverzichtbar für diesen DIALOG ÜBER DIE KEIMZELLEN DER AVANTGARDE sind klassische Beispiele aus der Anfangsjahren von gänzlich neuen, revolutionären Kunstströmungen: IMPRESSIONISMUS EXPRESSIONISMUS KONSTRUKTIVISMUS legen die Grundsteine für eine aktuelle Kunstentwicklung, die sich - reflexiv auf die Traditionen beziehen kann oder - subversiv gegen diese vorgeht.

EIN KONZEPT DER DIALOGE Das Bild des Menschen ist eine durchgehende Konstante in den Ausstellungsbereichen der Eröffnungsschau.

1. Der Dialog von Mensch und Landschaft vereint frühe Porträts von Picasso, Corinth und Kokoschka mit solchen von Baselitz und Elizabeth Peyton in einer verzahnten Gegenüberstellung zu gleichzeitigen Landschaftsdarstellungen von Klimt, Gerstl, Kirchner und Emil Nolde. Das festgefügte Menschenbild erleidet im Laufe des 20. Jahrhunderts große Verunsicherungen. Die Kunst von Cobra und Aktionismus geht dem nach, wie auch eine kontemplative Bilderfindung, die nach dem Sinn und Sein fragt. Zusammenfassend wird in einem Graphischen Kabinett dieser Themenkomplex bis in die aktuelle Zeichnergeneration nachverfolgt, etwa mit Beispielen von Schiele bis Anzinger, von Dix bis Rosemarie Trockel. 2. Die Materialität der Kunst untersucht das "Medium" der Kunst anhand von Wiedergaben menschlicher Grenzüberschreitungen: "Der Mensch als Navigator" reist in Videoprojektionen in sein eigenes Inneres, begegnet seinem anonymen Nächsten in Fotoserien, spiegelt sich vage in Bildflächen und beäugt sich und seine Rituale in Bildtafeln. Jürgen Klauke und Cindy Sherman liefern die exemplarischen Bildserien dazu, Erwin Wurm und Bill Viola die Filme, Zobernig und Obholzer die rätselhaften Malereien. "Das fragmentierte Bild" ist seit Kubismus und Konstruktivismus ein Modus, Gleichzeitigkeit oder Zerstörung umzusetzen. Die Frage nach dem Teil und dem Ganzen, nach der Integrität ist ein zentraler Schwerpunkt des künstlerischen Diskurses: Anselm Kiefer stellt diese Frage für die Skulptur, zahlreiche Maler der 1920er Jahre thematisieren sie in Bild-Kompositionen, eine junge Generation wie Rockenschaub mutiert sie in die Frage nach dem Seriellen und Beliebigen. 3. Bild & Welt umreißt einen neuen Ansatz im malerischen Gestus und stellt frühe Beispiele wie die Bild-im-Bild-Idee von Max Ernst oder die ausgebreitete Bild-Erzählung von Joan Miró an den Anfang des Diskurses, der von den neuen, wieder aktuellen Malereien eines Jakob Gasteiger bis zu den "optischen" Raumkonzepten eines Lois Weinberger und Andreas Gursky reicht. "Bild & Welt" ist nicht gleichbedeutend mit dem "Bild der Welt" - schon die Pop-Art hat die Abbildung eines Weltbildes verweigert, wie die fantastischen Konzepte eines Richard Lindners, eines Christian Ludwig Attersees oder von Gilbert & George bis heute belegen: die Welt kann sich zur Phantasmagorie verwandeln, der Mensch zu einem Spielzeug, zu einer Maschine.

EIN SYSTEM VON BILDERN Die "Vision einer Sammlung" stellt ein System von inhaltlich verwandten, auf einander bezogenen Bild-Themen und Inhalten dar.

SAMMLUNG + LEIHGABEN Es werden die Schwerpunkt der Sammlung des Museums der Moderne, die in 20-jähriger Ankaufstätigkeit aufgebaut wurden, mit Aplomb vorgezeigt und mit den wichtigsten Werken der Sammlung belegt. Dazu werden ausgewählte Beispiele aus verschiedenen Konvoluten von Dauerleihgaben gezeigt, die entweder seit Jahren am Haus betreut werden oder für die Zukunft für Salzburg gesichert werden konnten. Einzelne Leihgaben von Künstlern und "Wunsch-Ankäufe" sollen peu-à-peu die Kollektion ergänzen. Die aktuelle Kunstszene von heute erlebt mit diesem intensivierten System eine Ergänzung durch Beispiele aus der neueren Kunstgeschichte, die neuen Technologien, die im Kunstbetrieb von heute eine essentielle Rolle spielen, treffen auf klassische Bildbeispiele aus Malerei, Graphik und Skulptur. Ein "offener" Diskurs und eine breite Palette der Bildsprachlichkeit kennzeichnet dieses Konzept.

ÖSTERREICH IM INTERNATIONALEN KONTEXT Die österreichische Kunst hat immer einen großen Stellenwert im eigenen Land besessen, ansatzweise auch eine bedeutende Rolle in der gleichzeitigen europäischen Kunstgeschichte gespielt. Neben Oskar Kokoschka waren es wohl die Aktionisten der 1960er Jahre, die neben Beuys und Fluxus eine anerkannte Position eingenommen haben, wie heute herausragende Künstlerpersönlichkeiten, etwa Elke Krystufek oder Franz West. Der Besucher soll durch eine dichte Gegenüberstellung von österreichischen mit internationalen Beispielen zur Überprüfung dieser These angeregt werden.

EIN PFAD DER WAHRNEHMUNG Die "Vision einer Sammlung" ist nicht bloß der Ausblick in eine mögliche Sammlung der Zukunft, sondern ein Pfad der Wahrnehmung, der mittels ausgewählter Werke aus der neueren Kunstgeschichte vom Impressionismus bis zur Videokunst, von "Wien um 1900" bis zur Postmoderne einen sensitiv erfahrbaren Weg durch eine aktuelle Bilderwelt ermöglicht. Ohne didaktisch vorzugehen oder bloße Lern-Inhalte zu vermitteln soll sich ein unmerklicher Leitfaden durch die Ausstellung ziehen, der dem Besucher nicht vorgefertigte Lösungen vorsetzt, sondern Anreize zum Schauen, Erkennen und Assoziieren bietet, denn: in der Kunst will man nicht finden, sondern suchen, meinte Paul Klee in seinen Schriften.

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Vision einer Sammlung
23.10.2004 Eröffnung des neuen Gebäudes am Mönchsberg

Werke von Gustav Klimt, Elizabeth Peyton, Ernst Ludwig Kirchner, Siegfried Anzinger, Cindy Sherman, Bill Viola, Otto Dix, Jakob Gasteiger, Lovis Corinth, Rosemarie Trockel, Werner Reiterer, Paul McCarthy, Elke Krystufek, Egon Schiele, Jürgen Klauke, Sylvie Fleury, Oskar Kokoschka, Emil Nolde, Erwin Wurm, Georg Baselitz, Herbert Boeckl, Richard Gerstl, Pablo Picasso, Anselm Kiefer, Walter Obholzer, Heimo Zobernig, Gerwald Rockenschaub, Imi Knoebel, Andreas Gursky, Franz West, Kurt Kocherscheidt, David Salle, Lois Weinberger, Gilbert & George, Robert Mangold, David Rabinowitch, David Salle, Hermann Nitsch ...