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Mit dem Titel … UND SO HAT KONZEPT NOCH NIE PFERD BEDEUTET. eröffnet die Generali Foundation am 14. September 2006 die dritte Ausstellung der Reihe zu Themen der Sammlung Generali Foundation.

Nachdem spezifische Aspekte der Sammlung bereits in den vorhergegangenen Ausstellungen in dieser Reihe gezeigt wurden – 2004 COLLECTED VIEWS FROM EAST OR WEST und 2005 WIE GESELLSCHAFT UND POLITIK INS BILD KOMMEN, geht es nun um Fragestellungen zur Konzeptkunst. Der Titel der aktuellen Ausstellung stammt aus dem Text Achtung! des französischen Konzeptkunst-Pioniers Daniel Buren und verweist darauf, dass die Diskussion über Konzeptkunst seit den 1960er Jahren sehr widersprüchlich ist.

Conceptual Art entwickelte sich translokal im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen und politischen Veränderungen der 1960er Jahre. Besonders bekannt ist sie in ihrer anglo-amerikanischen linguistischen Spielart. Darüber hinaus steht sie jedoch für eine Hinterfragung der medialen, institutionellen und sozialen Bedingungen von Kunst. Serielle Strukturen, schematische Vorgehensweisen, Diagramme, Text und theoretische Reflexion sowie neue Formen der Informationsverbreitung erweitern das künstlerische Handlungsfeld.

Eine Lesezone in der Ausstellung bietet anhand historischer Zeitschriften und Publikationen einen vertiefenden Einblick in die neuartigen Formen künstlerischer Produktion. Diese „innovativen“ Strategien werden mittlerweile – vor dem Hintergrund der Entwicklung unserer heutigen Kommunikations- und Wissensgesellschaft – durchaus ambivalent wahrgenommen. Ausgehend vom Fokus der Generali Foundation auf gesellschafts-politischen und institutionskritischen Ansätzen der Kunst der 1960/70er Jahre, zeigt die Ausstellung auch deren Rezeption in Werken einer jüngeren konzeptuellen Generation.

Die Praktiken der Konzeptkunst stehen für eine emanzipatorische Bewegung: KünstlerInnen verwehrten sich gegen die traditionellen Zuweisungen und Rollendefinitionen sowie gegen das Wertesystem der modernistischen Kunstkritik und Theorie. Jene Faktoren, die das Bedeutungssystem Kunst und ihre Institutionen ausmachen, wurden problematisiert. Handwerkliche Produktion und subjektiver Ausdruck wurden zugunsten einer Aufwertung des Planungs- und Konzeptionsprozesses aufgegeben. Philosophische und kritische Überlegungen zur Produktion und Funktion von Kunst wurden zur eigentlichen Aktivität. Dies führte zu einem neuen Blick auf ökonomische Zusammenhänge.

Zentrale Beispiele dafür sind die Arbeiten feministischer KünstlerInnen wie Martha Rosler, Mary Kelly und Mierle Laderman Ukeles. Indem diese niedrig bewertete Tätigkeiten wie Pflege- und Instandsetzungsarbeiten, die gesellschaftlich meist unsichtbar und geschlechtsspezifisch konnotiert sind, in den Mittelpunkt ihrer künstlerischen Arbeit und somit in den Kontext der Kunst stellten, destabilisierten sie das herrschende Wertesystem. Eine Arbeit wie Keeping of the Keys: Maintenance as Security, July 20 (1973), bei der Mierle Laderman Ukeles das Auf- und Zusperren der öffentlichen und administrativen Museumsräume als Teil ihrer „Maintenance“-Arbeit übernahm, ist ebenso richtungsweisend für die sog. Institutional Critique wie Robert Barrys Closed Gallery Piece (1969) oder Gottfried Bechtolds Metamorphose einer Galerie (1974).

In Bezug auf die linguistische Ausformulierung von Konzeptkunst entwickelte sich der Mythos einer dematerialisierten, marktkritischen Kunst. Aus neuerer Perspektive zeigt sich, dass auch die „unsichtbaren“ Werke der Konzeptkunst sensualistisch bleiben und dass die auf Kommunikation basierenden, konzeptuellen Strategien auch im Zusammenhang mit avancierten Marketingstrategien gesehen werden können. Eine kritisch distanzierte Position, die offenbar die Herangehensweise in der Konzeptkunst bestimmt, wurde durch KünstlerInnen wie Andrea Fraser, John Knight oder Küng/Margreiter/Pumhösl/Poledna und Henrik Olesen immer wieder als Fiktion entlarvt. Indem sie die eigene Verwicklung ansprechen oder konzeptuelle Verfahrensweisen konterkarieren, wird der Widerspruch thematisiert, Teil des von ihnen analysierten Systems zu sein.

In Verbindung mit der Kunstsammlung erwirbt die Generali Foundation seit einigen Jahren historische Kunstzeitschriften, Künstlerbücher und andere rare Ephemera. Für die Lesezone werden Materialien aus dieser Sammlung, sonst nur gegen Anfrage im Studienraum einsehbar, sowie das Lesezimmer II vom Künstlerhaus Stuttgart einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Display der Lesezone wurde von Heimo Zobernig gestaltet.

Werke von Fareed Armaly, Robert Barry, Pauline Boudry/Brigitta Kuster/Renate Lorenz, Gottfried Bechtold, Kaucyila Brooke, Alice Creischer/Andreas Siekmann, Maria Eichhorn, Andrea Fraser, Dan Graham, Hans Haacke, Mary Kelly, John Knight, Julius Koller, Jarosław Kozłowski, Richard Kriesche, Hans Küng/Dorit Margreiter/Florian Pumhösl/Mathias Poledna, David Lamelas, Dorit Margreiter, Sergey Maslov&Elena Vorobyeva/Viktor Vorobyev, Henrik Olesen, Adrian Piper, Martha Rosler, Allan Sekula, Goran Trbuljak, Tucumán Arde (Archiv Graciela Carnevale), Mierle Laderman Ukeles und Heimo Zobernig sowie zahlreiche weitere KünstlerInnen in der Lesezone mit internationalen Zeitschriften und Katalogen der 1960er und 1970er Jahre.

Künstlerische Leitung, Geschäftsführung: Sabine Breitwieser KuratorInnen der Ausstellung: Sabine Breitwieser, Cosima Rainer

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...UND SO HAT KONZEPT NOCH NIE PFERD BEDEUTET.
Künstlerische Leitung: Sabine Breitwieser
KuratorInnen: Sabine Breitwieser, Cosima Rainer

mit Fareed Armaly, Robert Barry, Gottfried Bechtold, Pauline Boudry / Brigitta Kuster / Renate Lorenz, Kaucyila Brooke, Alice Creischer / Andreas Siekmann, Maria Eichhorn, Andrea Fraser, Dan Graham, Hans Haacke, Mary Kelly, John Knight, Julius Koller, Jaroslaw Kozlowski, Richard Kriesche, Hans Küng / Dorit Margreiter / Florian Pumhösl / Mathias Poledna, Sergey Maslov, David Lamelas, Sergey Maslov / Elena Vorobyeva & Viktor Vorobyev, Henrik Olesen, Adrian Piper, Martha Rosler, Allan Sekula, Andreas Siekmann, Goran Trbuljak, Tucuman Arde (Archiv Graciela Carnevale), Mierle Laderman Ukeles, Heimo Zobernig