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Kaum ein Künstler wurde für seine Porträts so gefeiert wie Tizian. Der venezianische Renaissance-Maler (geb. um 1488, gest. 1576) war in ganz Europa gefragt: Kaiser, Fürsten, Adlige und reiche Auftraggeber saßen ihm Modell. Die „Dame in Weiß“ ist eines seiner anmutigsten, aber auch rätselhaftesten Bildnisse. Dieses Meisterwerk wird jetzt erstmals nach der Restaurierung in einer Ausstellung in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister vorgestellt.

Umrahmt wird Tizians „Dame in Weiß“ dabei von weiteren hochkarätigen Beispielen aus der Geschichte der Porträtmalerei. Den sinnlichen Reiz der Farbe Weiß in der Mode der Zeit vermitteln kostbare Leihgaben aus dem Bayerischen Nationalmuseum München sowie dem Grünen Gewölbe und der Rüstkammer der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. „Wir freuen uns, dieses bedeutende Werk endlich wieder den Besuchern präsentieren zu können,“ so der Direktor des Kupferstich-Kabinetts und der Gemäldegalerie Alte Meister, Prof. Dr. Bernhard Maaz. „Mit Tizian – Die Dame in Weiß führen wir die renommierten Reihe Das restaurierte Meisterwerk weiter fort.“ Die Ausstellung ist bereits die sechste dieser Art.

Die „Dame in Weiß“ gibt viele Rätsel auf. Generationen von Kunsthistorikern haben versucht ihr einen Namen zu geben. Lavinia, die Tochter des Künstlers, wurde in ihr vermutet, Tizians uneheliches Kind Emilia, eine Geliebte oder auch eine Kurtisane. „Keine dieser Identifizierungen trifft wohl zu. Das Gemälde feiert vielmehr die weibliche Schönheit an sich,“ so der Kurator der Ausstellung, Dr. Andreas Henning. „Die Ausstellung präsentiert Tizians Dame in Weiß im Kontext der venezianischen Porträtmalerei. Dabei wird die Frage nach den subtilen, nicht immer zweifelsfrei bestimmbaren Unterschieden zwischen Porträt oder Idealbildnis thematisiert,“ fügt der Kurator an. So sind neben weiteren Werken von Tizian eine ganze Reihe an Gemälden bedeutender Künstler aus Venedig und Oberitalien des 16. Jahrhunderts zu sehen, u.a. von Veronese, Tintoretto, Alessandro Varotari und Leandro Bassano. Von Giovanni Battista Moroni stammt die „Dame in rotem Kleid“, die einen Flohpelz in der Hand hält: Solch ein Flohpelz, der schon im Mittelalter der Hygiene diente und Ungeziefer vom menschlichen Körper abhalten sollte, konnte in der Renaissance auch ein topmodisches Accessoire sein, denn die „Dame in rotem Kleid“ trägt eine kostbare Fassung mit vergoldetem Marderkopf. Eigens werden für die Ausstellung auch Bilder aus dem Depot der Gemäldegalerie Alte Meister ans Tageslicht geholt, darunter ein Kinderporträt, das aus der Schule von Paolo Veronese stammt.

Das Gewand der „Dame in Weiß“ wurde oft als Brautkleid interpretiert. Tatsächlich wurde die Farbe Weiß vielfach zur Trauung getragen. Die Ausstellung belegt dies anschaulich mit einem Herrengewand, das der sächsische Herzog Johann Georg I. 1604 anlässlich seiner Vermählung mit Sibylla Elisabeth von Württemberg trug. Doch war Weiß nicht ausschließlich Hochzeiten vorbehalten, sondern konnte auch bei anderen festlichen Anlässen getragen werden. Dies zeigt ein Paar weißer gestrickter Seidenstrümpfe. Ein Schuh aus weißem Leder dient als Beispiel für die Mode, wie sie von jungen Leuten in Europa am Ende des 16. Jahrhunderts geschätzt wurde. Eine Rarität stellt der Fähnchenfächer aus dem Bayerischen Nationalmuseum München dar. Von diesem repräsentativen Typus sind europaweit nur ganz wenige Exemplare erhalten. Tizians „Dame in Weiß“ hält einen solchen Fähnchenfächer in der Hand. Schon in der Antike waren sie ein alltäglicher Gebrauchsgegenstand, doch erst in der Renaissance sollten sie zum modischen Accessoire aufsteigen. Lange Zeit vermuteten Forscher, dass Fächer wie dieser ausschließlich bei Hochzeiten getragen wurden. Inzwischen weiß man, dass sie vielmehr Teil der exklusiven Garderobe venezianischer Damen waren.

Die Ausstellung stellt die komplexen Arbeitsschritte vor, die für die Restaurierung notwendig waren. So enthüllt sie Schicht für Schicht die Geheimnisse des Gemäldes. Fast beiläufig erschließt sich dabei dem Besucher die Maltechnik des Künstlers. Diplom-Restaurator Günter Ohlhoff restaurierte Tizians Werk von 2006 bis 2007 in der Werkstatt der Gemäldegalerie Alte Meister und Galerie Neue Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, unterstützt vom Naturwissenschaftlichen Labor der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Die Restaurierung war notwendig geworden, da alte Firnisschichten die ursprüngliche Farbigkeit überlagert hatten. „Eingelagerte Verschmutzungen, verbräunte Harzüberzüge, und die Übermalung des Hintergrundes minderten erheblich den Eindruck für den Betrachter“, so der Restaurator. „Die Figur des Mädchens stand vor einer fast monochromen dunkelbraunen Fläche, einer Übermalung des Bildhintergrundes, die vermutlich einer Restaurierung des 19. Jahrhunderts zuzuordnen ist. Der vom Maler gebaute Bildraum, das Spiel von Licht und Schatten, waren damit verloren gegangen.“ Sehr zurückhaltend und mit feinem Gespür für die malerischen Nuancen im Bild wurden die Fehlstellen dann im Gemälde geschlossen, so dass dem Betrachter heute wieder die herausragende Qualität des Werks unverstellt vor Augen steht.

S. E. Michele Valensise, Botschafter der Italienischen Republik in der Bundesrepublik Deutschland, hat sein Kommen zur Eröffnung der Ausstellung zugesagt.

Es erscheint ein Katalog im Sandstein-Verlag, Dresden, hrsg. v. Andreas Henning und Günter Ohlhoff, „Tizian- Die Dame in Weiß“, 104 Seiten

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Tizian
Die Dame in Weiß. Das restaurierte Meisterwerk VI.
Ort: Gemäldegalerie Alte Meister