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Spätestens seit dem Erfolg seiner «Museumsbilder» Anfang der neunziger Jahre, zählt der 1954 in Deutschland geborene Thomas Struth zu den weltweit wichtigsten und einflussreichsten Fotokünstlern. Struths Werk entwickelt sich mit langem Atem in thematischen Serien und bewegt sich zwischen Dokument und Interpretation, zwischen sozialer Studie und psychologischer Deutung. Die nachdenkliche Behutsamkeit, die seine Methode auszeichnet, verbindet Struths Oeuvre nicht nur mit der Geschichte der klassischen Fotografie sondern – durch sein ständiges Befragen der eigenen Techniken der Repräsentation – ebenso mit der zeitgenössischen Kunst.

Menschenleere Strassen, Besucher vor berühmten Kunstwerken in berühmten Museen, Porträts von Individuen und von Familien sowie Landschaften, Urwälder und Blumen. In diese vier Gruppen von Motiven lässt sich Struths fotografisches Werk der letzten dreissig Jahre grob gliedern.

STRASSEN- UND MUSEUMSBILDER Den Anfang machten in den späten 1970erJahren die Strassenbilder: Zuerst streng zentralsymmetrisch aufgebaute, später freier komponierte schwarzweisse Aufnahmen menschenleerer europäischer Strassen. Auf sie folgten Strassenszenen aus asiatischen Metropolen, bei denen auch das Gewimmel der Passanten als bestimmendes Bildelement dazu kam. Berühmt wurde Struth dann mit den Museumsbildern, welche die Anwesenheit und das Verhalten von Besuchern, wenn sie in Museen mit weltberühmten Kunstwerken konfrontiert werden, zum Thema haben. Letztlich interessierte Struth aber ebenso die Frage nach dem Sinngehalt, den Jahrhunderte alte Bilder heute noch zu transportieren vermögen: «Die Museen waren fast immer brechend voll, und das veranlasste mich, mir die Frage zu stellen, was die Menschen, wenn sie vor diesen historischen Gemälden stehen, eigentlich suchen. Für mich ist das Museum ein Ort, der mir erlaubt, meine Instrumente, meine Wahrnehmung zu schärfen. Welcher Nutzen lässt sich aus Bildern der Vergangenheit ziehen, inwieweit können sie zu interessanten oder produktiven Ideen für die Zukunft anregen?»

FAMILIENPORTRÄTS Eine weitere zentrale Werkgruppe bilden Familienporträts aus aller Welt. Struths Beschäftigung mit der auf den ersten Blick altmodischen Gattung des Familienporträts wurde dadurch ausgelöst, dass der Künstler sich selbst verstehen wollte: «… dass ich versuchte, mich selbst zu analysieren und zu verstehen, meine eigene Familie, den Platz der Familie innerhalb meiner westlichen Kultur, dass ich darüber nachdachte, warum wir sind, wer wir sind».

BILDER AUS DEM PARADIES UND NEUE ARBEITEN Schliesslich wird in der in Zürich von Tobia Bezzola kuratierten Ausstellung neben der vierten zentralen Werkgruppe, den Bildern von Landschaften, Urwäldern und Blumen, eine Reihe neuer, zum teil sehr grossformatiger Werke gezeigt: Diese bilden den Auftakt zu einem neuen thematischen Strang in Struths Werk. Das Interesse des Künstlers gilt hier den komplexen visuellen Strukturen, welche komplexe technische Anlagen produzieren. Diese jüngsten Werke dürfen als Weiterführung von Struths Interesse an einer «Geschichte des menschlichen Ehrgeizes» betrachtet werden, die in den kollektiven Leistungen einer Kultur sichtbar gemacht wird, sei es in der Form einer mittelalterlichen Kathedrale, der Struktur einer Stadt oder der Konstruktion eines Raumschiffs.

THOMAS STRUTH 1954: Geboren in Geldern (Niederrhein), lebt in Düsseldorf und Berlin. 1973–1980: Studiert an der Kunstakademie Düsseldorf. 1978: Erhält New York Stipendium der Kunstakademie Düsseldorf. 1980–1982: Zivildienst. 1990: Werner Mantz Prijs, Werner Manz Stichting. 1993–1996: Professur an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe. 1997: Spectrum – Internationaler Preis für Fotografie, Stiftung Niedersachsen. 2007: Heirat mit Tara Bray Smith.

Eine Ausstellung des Kunsthaus Zürich in Zusammenarbeit mit K20, Kunstsammlung Nordrhein Westfalen, Düsseldorf.